Verletzung von Geheimnissen

Kommentar zu § 120 BetrVG

Welche Geheimnisse darf der Betriebsrat nicht verraten und welche Strafen drohen den Betriebsratsmitgliedern, wenn sie es doch tun?

Wer als Betriebsratsmitglied, Mitglied eines anderen Gremiums aus dem BetrVG oder als Vertreter einer Gewerkschaft Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse (siehe auch § 79 BetrVG) anderen verrät oder auf andere Weise bekannt macht, kann mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder einer Geldstrafe bestraft werden (Absatz 1).

Betriebsratsmitglieder dürfen außerdem „Arbeitnehmergeheimnisse“ (schützenswerte personenbezogene Daten und Informationen über Arbeitnehmer) nicht „offenbaren“ (Absatz 2). Die Vorschriften zur Geheimhaltung, z. B. in den § 81, § 82, § 99 oder § 102 BetrVG (und andere), sind also unbedingt zu beachten.

Wie hoch eine Strafe, die ein Betriebsratsmitglied für den Verrat von Geheimnissen bekommen kann, letztendlich ausfällt, hängt auch von den Motiven des Verrats ab: Will sich das Mitglied durch den Verrat bereichern und verrät z. B. das Geheimnis gegen Geld oder will es andere, beispielsweise seinen Arbeitgeber, schädigen, kann die Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahre betragen (Absatz 3).

Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse

Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des Arbeitgebers dürfen von Betriebsratsmitgliedern nicht „offenbart“ und nicht „verwertet“ werden (siehe § 79 BetrVG).

Gleiches gilt auch für…

Wer gegen die Geheimhaltungspflicht verstößt, kann mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder einer Geldstrafe bestraft werden!

Allerdings ist das Risiko, dass der Betriebsrat ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis des Arbeitgebers verrät, in der betrieblichen Praxis nicht sehr hoch, da dem Betriebsrat durch den Arbeitgeber eher selten tatsächliche Geheimnisse im Sinne des § 79 BetrVG anvertraut werden (oder diese zum Zeitpunkt, in dem der Betriebsrat sie erfährt, nicht mehr geheim sind).

Zu bedenken ist auch, dass der Arbeitgeber nicht irgendeine beliebige Information, die er geheim halten möchte, zum Geheimnis erklären kann. Es muss sich schon um ein echtes Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis handeln. Dabei stellt sich die Frage: Was ist überhaupt ein Geschäftsgeheimnis? Das Geschäftsgeheimnisgesetz regelt mittlerweile, was unter einem solchen Geheimnis zu verstehen ist, § 2 Nr. 1 GeschGehG. Danach ist ein Geschäftsgeheimnis eine Information

a) die nicht allgemein bekannt oder ohne Weiteres zugänglich ist und daher von wirtschaftlichem Wert für den Arbeitgeber ist,

b) die durch angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen ihres rechtmäßigen Inhabers geschützt ist und

c) bei der ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung besteht.

Personenbezogene Geheimnisse von Mitarbeitern

Auch der Verrat von personenbezogenen Geheimnissen der Arbeitnehmer (durch den im § 120 Abs. 1 BetrVG genannten Personenkreis) kann mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft werden. Das gilt sowohl für die persönlichen Informationen der Arbeitnehmer, die nach den Bestimmungen des BetrVG vom Betriebsrat vertraulich zu behandeln sind, als auch für alle anderen persönlichen Informationen von und über Arbeitnehmer, die z. B. einem Betriebsratsmitglied im Rahmen von Gesprächen bekannt werden.

Während der Betriebsratsarbeit kann das Betriebsratsmitglied in unterschiedlichen Situationen persönliche oder vertrauliche Informationen über Arbeitnehmer erfahren. Insbesondere sind hierbei zu beachten:

  • § 81- 85 BetrVG, z. B. Personalgespräche, Beschwerden von Arbeitnehmern
  • § 99 BetrVG, personelle Einzelmaßnahmen: Versetzung, Einstellung sowie Ein- und Umgruppierung von Arbeitnehmern
  • § 102 BetrVG, Anhörung bei Kündigungen

Sicher wird man im Einzelfall darüber streiten können, was genau zu diesen schützenswerten persönlichen und vertraulichen Informationen von Arbeitnehmern gehört, es sollte aber selbstverständlich sein, dass die Arbeitnehmer darauf vertrauen können, dass persönliche Informationen durch den Betriebsrat ohnehin diskret behandelt werden (auch ohne Strafandrohung).

Auch nach dem Ausscheiden eines Arbeitnehmers und sogar nach dessen Tod besteht die Geheimhaltungspflicht des Betriebsrats und des einzelnen Betriebsratsmitglieds weiter.

Wann kommt es zur Strafverfolgung?

Verrät der Betriebsrat oder ein Betriebsratsmitglied ein Geheimnis, wird der Staatsanwalt nicht von sich aus tätig. Vielmehr kommt es nur zur Strafverfolgung, wenn der Geschädigte einen Strafantrag stellt.

Geht es also um einen Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen durch den Betriebsrat im Sinne des § 79 BetrVG – also um einen Fall, der in § 120 Abs. 1 BetrVG beschrieben wird, kann nur der Arbeitgeber den Antrag auf Strafverfolgung gegen den Betriebsrat stellen.

Verrät der Betriebsrat schützenswerte persönliche Informationen über Arbeitnehmer im Sinne des § 120 Abs. 2 BetrVG, ist nur der geschädigte Arbeitnehmer (bzw. nach seinem Tod dessen Angehörige) antragsberechtigt und kann den Strafantrag stellen.

§ 120 - Verletzung von Geheimnissen

Wer unbefugt ein fremdes Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis offenbart, das ihm in seiner Eigenschaft als

  1. Mitglied oder Ersatzmitglied des Betriebsrats oder einer der in § 79 Abs. 2 bezeichneten Stellen,
  2. Vertreter einer Gewerkschaft oder Arbeitgebervereinigung,
  3. Sachverständiger, der vom Betriebsrat nach § 80 Abs. 3 hinzugezogen oder von der Einigungsstelle nach § 109 Satz 3 angehört worden ist,
    1. Berater, der vom Betriebsrat nach § 111 Satz 2 hinzugezogen worden ist,
    2. Auskunftsperson, die dem Betriebsrat nach § 80 Absatz 2 Satz 4 zur Verfügung gestellt worden ist, oder
  4. Arbeitnehmer, der vom Betriebsrat nach § 107 Abs. 3 Satz 3 oder vom Wirtschaftsausschuss nach § 108 Abs. 2 Satz 2 hinzugezogen worden ist,

bekannt geworden und das vom Arbeitgeber ausdrücklich als geheimhaltungsbedürftig bezeichnet worden ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

Werden die Arbeitnehmer durch Änderungen der Arbeitsplätze, des Arbeitsablaufs oder der Arbeitsumgebung, die den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit offensichtlich widersprechen, in besonderer Weise belastet, so kann der Betriebsrat angemessene Maßnahmen zur Abwendung, Milderung oder zum Ausgleich der Belastung verlangen. Kommt eine Einigung nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

Ebenso wird bestraft, wer unbefugt ein fremdes Geheimnis eines Arbeitnehmers, namentlich ein zu dessen persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis, offenbart, das ihm in seiner Eigenschaft als Mitglied oder Ersatzmitglied des Betriebsrats oder einer der in § 79 Abs. 2 bezeichneten Stellen bekannt geworden ist und über das nach den Vorschriften dieses Gesetzes Stillschweigen zu bewahren ist.

Handelt der Täter gegen Entgelt oder in der Absicht, sich oder einen anderen zu bereichern oder einen anderen zu schädigen, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe. Ebenso wird bestraft, wer unbefugt ein fremdes Geheimnis, namentlich ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, zu dessen Geheimhaltung er nach den Absätzen 1 oder 2 verpflichtet ist, verwertet.

Die Absätze 1 bis 3 sind auch anzuwenden, wenn der Täter das fremde Geheimnis nach dem Tode des Betroffenen unbefugt offenbart oder verwertet.

Die Tat wird nur auf Antrag des Verletzten verfolgt. Stirbt der Verletzte, so geht das Antragsrecht nach § 77 Abs. 2 des Strafgesetzbuches auf die Angehörigen über, wenn das Geheimnis zum persönlichen Lebensbereich des Verletzten gehört; in anderen Fällen geht es auf die Erben über. Offenbart der Täter das Geheimnis nach dem Tode des Betroffenen, so gilt Satz 2 sinngemäß.

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