"KI-Anwendungen werden in der Arbeitswelt vor keinem Bereich halt machen"

Interview mit Prof. Dr. Wedde - Vortragsredner beim Kongress "Datenschutz, KI & Digitalisierung für Betriebsräte"

Herr Prof. Dr. Peter Wedde ist Professor für Arbeitsrecht und Recht der Informationsgesellschaft an der Frankfurt University of Applied Science. Er ist Autor zahlreicher Fachpublikationen zu den Themen Arbeitsrecht, Datenschutz und Technologie. Mit seiner langjährigen Erfahrung und seinem umfangreichen Wissen ist Professor Wedde auch ein gefragter Experte auf dem Gebiet der Auswirkungen von Künstlicher Intelligenz (KI) auf die Arbeitswelt.

aas: Herr Professor Wedde, Sie werden bei unserem Kongress für Datenschutz den Abschlussvortrag „Künstliche Intelligenz (KI) kollektivrechtlich regeln“ für Betriebsräte halten. Könnten Sie uns zunächst einen kurzen Einblick geben, warum dieses Thema für Betriebsräte relevant ist und welche Herausforderungen sich in diesem Zusammenhang ergeben?

Prof. Dr. Wedde: Über Möglichkeiten, die sich mit dem Einsatz von „Künstlicher Intelligenz“ - kurz KI - verbinden, wird unter Fachleuten schon seit Jahrzehnten diskutiert. Mit Anwendungen wie dem viel beachteten ChatGPT kann diese Technik plötzlich sehr einfach von allen genutzt und eingesetzt werden. Dabei ist dies nur die „Spitze des Eisbergs“, unter der sich vielfältige andere Anwendungen verbinden. In der Arbeitswelt gibtes schon jetzt ein Spektrum von KI-Anwendungen, etwa Personalmanagement, in der Vertriebssteuerung, in der Entwicklung oder in der Produktion. Für Betriebsräte ist hier vieles Neuland und deswegen müssen sie sich intensiv mit den Möglichkeiten dieser neuen Technik auseinandersetzen, aber auch mit den Risiken, die sich hiermit für Beschäftigte verbinden können.

aas: KI kann in verschiedenen Bereichen eingesetzt werden, angefangen bei der Automatisierung von Aufgaben bis hin zur Entscheidungsunterstützung. Inwiefern sollten Betriebsräte sich mit den Auswirkungen von KI auf die Arbeitsbedingungen und -sicherheit der Beschäftigten auseinandersetzen?

Prof. Dr. Wedde: KI-Anwendungen werden in der Arbeitswelt vor keinem Bereich halt machen. Sie werden genauso selbstverständlich werden wie die Nutzung des Internets oder der Einsatz von Smartphones. Das kann zu Chancen und Vorteilen, aber auch zu Risiken führen. Betriebsräte müssen sich im Rahmen ihrer gesetzlichen Möglichkeiten damit befassen, wie die Vorteile der Technik in Betrieben genutzt werden können. Hierzu kann beispielsweise die gezielte Entlastung von langweiligen Routineaufgaben ebenso gehören wie die Erkennung und Vermeidung von Überlastungen. Aber auch notwendiger und zielführender Aus- und Weiterbildung kommt bezogen auf KI-Anwendungen eine große Bedeutung zu.

aas: Gibt es bereits Best Practices oder Beispiele, bei denen Betriebsräte erfolgreich den Einsatz von KI in Unternehmen begleitet haben? Welche Erkenntnisse können wir daraus ziehen?

Prof. Dr. Wedde: Erste Regelungen zum Thema KI-Einsatz beschränken sich vielfach noch darauf, Rahmenbedingungen festzulegen. Hierzu gehört die Vermeidung von Rationalisierungseffekten ebenso wie die zeitige Einbindung betroffener Beschäftigter, um die Akzeptanz neuer technischer Anwendungen zu erhöhen. Teilweise sind hierfür betriebliche Arbeitsgruppen gegründet worden, die die Einbeziehung des Wissens von Beschäftigten sicherstellen sollen. Dies gilt für die Beteiligung von Betriebsräten in entsprechenden Planungsstäben, die mit dem Ziel erfolgen, notwendige Mitwirkungsschritte rechtzeitig umzusetzen und insbesondere notwendige Regelungen per Betriebsvereinbarung sicherzustellen.

Betriebsräte müssen das Thema „KI“ ganz weit oben auf die Liste ihrer eigenen Weiterbildungsmaßnahmen setzen.

aas: Welche Art von Wissen und Kompetenzen sollten Betriebsräte entwickeln, um effektiv mit den Auswirkungen von KI umzugehen und den Dialog zwischen Arbeitgebern, Beschäftigten und Technologieexperten zu erleichtern?

Prof. Dr. Wedde: Betriebsräte müssen das Thema „KI“ ganz weit oben auf die Liste ihrer eigenen Weiterbildungsmaßnahmen setzen. Das bedeutet nicht, dass alle Gremienmitglieder zu IT-Spezialisten qualifiziert werden müssen. Es gilt vielmehr, die innovativen Möglichkeiten, die sich mit KIAnwendungen verbinden, erkennen und einordnen zu können, um auf dieser Wissensbasis einerseits Chancen für Betriebe und Beschäftigte im Rahmen ihrer kollektivrechtlichen Möglichkeiten zu fördern und andererseits Risiken durch die Wahrnehmung ihrer gesetzlichen Mitbestimmungstatbestände auszuschließen oder zu begrenzen. Dabei müssen sie nicht erst auf neue gesetzliche Möglichkeiten warten sondern finden insbesondere im Katalog der sozialen Mitbestimmung schon heute Ansatzpunkte für die Durchsetzung eigener Vorstellungen.

aas: Vielen Dank, Herr Professor Wedde, für Ihre Zeit und Ihre Einblicke zu diesem wichtigen Thema. Wir freuen uns auf einen spannenden Vortrag!

Interview Wedde 1

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