Der Schulungsanspruch der Jugend- und Auszubildendenvertretung

Der Schulungsanspruch von Mitgliedern der JAV

Haben Mitglieder der Jugend- und Auszubildendenvertretung einen Anspruch auf Besuch von Schulungsveranstaltungen?

Auch die Mitglieder der Jugend- und Auszubildendenvertretung müssen über die notwendigen Kenntnisse verfügen, um die ihnen zustehenden Aufgaben wahrzunehmen. Deshalb haben Mitglieder der Jugend- und Auszubildendenvertretung, genauso wie Betriebsratsmitglieder, einen Anspruch auf Teilnahme an erforderlichen Schulungsveranstaltungen.

Der Gesetzgeber hat insoweit in § 65 Abs. 1 BetrVG geregelt, dass § 37 Abs. 6 BetrVG für die Schulungsteilnahme der JAV entsprechend gilt.

Haben auch Ersatzmitglieder der Jugend- und Auszubildendenvertretung Anspruch auf Besuch von Schulungsveranstaltungen?

Ein Anspruch von Ersatzmitgliedern der Jugend- und Auszubildendenvertretung auf Teilnahme an Schulungsveranstaltungen kommt in Betracht, wenn diese entweder endgültig nachrücken oder häufig und für längere Zeit das „richtige“ Mitglied wegen vorübergehender Verhinderung vertreten müssen (Christoffer: Die Erforderlichkeit von Schulungs- und Bildungsveranstaltungen für Jugend- und Auszubildendenvertreter, NZA-RR 2009, 574).

Für die Frage, was häufige Vertretung eines ordentlichen Betriebsratsmitglieds bedeutet, kann auf die entsprechende Rechtsprechung zum Schulungsanspruch von Ersatzmitgliedern des Betriebsrats zurückgegriffen werden (siehe Richardi BetrVG/Annuß BetrVG § 65 Rn. 45).

Zunächst ist dafür eine auf Tatsachen gegründete Prognose anzustellen, dass mit einem häufigen Nachrücken zu rechnen sein wird. Dabei kann der Vergangenheit eine gewisse Indizwirkung zukommen.

Eine genauere bzw. einheitliche Bestimmung des erforderlichen Maßes der Häufigkeit lässt sich der Rechtsprechung nicht entnehmen. Bei einer durchschnittlichen Heranziehungsquote des Ersatzmitglieds von über 40 % kann eine häufige Heranziehung bejaht werden (siehe z.B. LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 26.04.2016 - 1 TaBV 63/15).

In einer anderen Entscheidung war Begriff der Häufigkeit erfüllt, wenn die Prognose die Teilnahme an jeder dritten bis vierten Sitzung ergibt (ArbG Mannheim, Beschluss vom 19.01.2000 - 8 BV 18/99).

Wer muss den Beschluss über die Teilnahme von Mitgliedern der Jugend- und Auszubildendenvertretung an einer Schulung fassen?

Die Teilnahme eines Mitglieds der JAV an einer Schulungsveranstaltung bedarf eines wirksamen Beschlusses. Den Beschluss über die Teilnahme von Mitgliedern der JAV an Schulungen gem. § 37 Abs. 6 BetrVG i.V.m. § 65 Abs. 1 BetrVG fasst der Betriebsrat und nicht die JAV (LAG Niedersachsen 31.01.2019 - 10 TaBVGa 6/19).

Die gesamte JAV hat jedoch ein Stimmrecht bei der Beschlussfassung über die Schulungsteilnahme (Fitting/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier/Schelz BetrVG § 65 Rn. 17).

Praxistipp:

Hat die JAV beim Betriebsrat einen Beschluss über die Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung beantragt, führt die fehlende Teilnahme der JAV an der Beschlussfassung über die Schulungsteilnahme nicht zur Unwirksamkeit des Beschlusses, da mit der Beantragung durch die JAV deren Einverständnis unterstellt werden kann. (BAG, Beschluss vom 06.05.1975 - 1 ABR 135/73).

Muster: Antrag zur Tagesordnung der Betriebsratssitzung – JAV

Muster: Ladung zur Betriebsratssitzung – JAV

Muster: Beschluss des Betriebsrats zur Teilnahme von JAV-Mitgliedern an einer Schulung gem. § 37 Abs. 6 BetrVG i.V.m. § 65 Abs. 1 BetrVG

Muster: Mitteilung an Arbeitgeber

Wann muss die Information des Arbeitgebers über die geplante Schulungsteilnahme erfolgen?

Nachdem der Betriebsrat den Beschluss über die Schulungsteilnahme gefasst hat, muss er den Arbeitgeber rechtzeitig über die geplante Seminarteilnahme unterrichten, § 37 Abs. 6 Satz 4 BetrVG. Sinn und Zweck der Unterrichtungspflicht ist es, den Arbeitgeber in die Lage zu versetzen, die Voraussetzungen der Erforderlichkeit der Schulungsmaßnahme und damit seine Kostentragungspflicht selbst zu prüfen.

Der Betriebsrat ist verpflichtet, den Arbeitgeber darüber zu informieren,

  • welches JAV-Mitglied an der Schulungsmaßnahme teilnimmt,
  • Thema der Schulung inklusive Themen- und Kostenplan,
  • Ort und Zeit.
  • Rechtzeitig ist die Unterrichtung, wenn der Arbeitgeber die Möglichkeit hat, zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Gewährung einer bezahlten Freistellung vorliegen oder ob die betrieblichen Notwendigkeiten ausreichend berücksichtigt wurden. Eine Frist für die Unterrichtung des Arbeitgebers enthält das Gesetz nicht.

aas-Praxistipp

Die Unterrichtung des Arbeitgebers muss so rechtzeitig erfolgen, dass der Betriebsrat noch die Möglichkeit hat, auf Einwände des Arbeitgebers zu reagieren.

Zudem muss unbedingt auch der Ausbilder über die Abwesenheit informiert werden. Der Anspruch auf Freistellung besteht zudem nur gegenüber dem Ausbildungsbetrieb. Die Berufsschulpflicht bleibt davon unberührt. Deshalb sollten unbedingt auch die zuständigen Berufsschullehrer über die voraussichtliche Abwesenheit in Kenntnis gesetzt werden. Im eigenen Interesse sollte auch darauf geachtet werden, dass die Veranstaltung nicht während einer Phase des Blockunterrichts stattfindet oder dann, wenn Auszubildende unbedingt am Ausbildungsort sein müssen.

Wer trägt die Kosten einer Schulungsveranstaltung der JAV?

Für die Kostentragung gilt Gleiches wie bei Betriebsratsmitgliedern. Das heißt, dass der Arbeitgeber nach § 40 Abs. 1 BetrVG die Kosten zu tragen hat, die anlässlich der Teilnahme eines JAV-Mitglieds an einer erforderlichen Schulungsveranstaltung nach § 37 Abs. 6 BetrVG entstanden sind. Zu den vom Arbeitgeber zu tragenden Kosten gehören neben den eigentlichen Seminargebühren die notwendigen Reise-, Übernachtungs- und Verpflegungskosten (BAG, vom 14.01.2015 - 7 ABR 95/12).

Voraussetzung für den Kostenerstattungsanspruch ist jedoch, dass der Jugend- und Auszubildendenvertreter mit Zustimmung des Betriebsrats die Schulung besucht hat (BAG, Beschluss vom 10.05.1974 - 1 ABR 57/73).

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