Betriebsänderungen

Kommentar zu § 111 BetrVG

Von einer Betriebsänderung spricht man, wenn durch Veränderungen im Betrieb oder des Betriebes selbst

„wesentliche Nachteile“ für die ganze Belegschaft oder
mindestens für einen „erheblichen Teil“ der Belegschaft entstehen können.

Der § 111 BetrVG enthält eine Auflistung von Anlässen, die auf jeden Fall als Betriebsänderung anzusehen sind. Diese Aufzählung ist jedoch nicht abschließend. Auch andere Maßnahmen des Arbeitgebers können eine Betriebsänderung darstellen (z. B. eine allgemeine Rationalisierung im Betrieb).

Steht eine Betriebsänderung bevor, muss der Arbeitgeber den Betriebsrat rechtzeitig und umfassend informieren (siehe auch § 80 Abs. 2 BetrVG). Der Betriebsrat ist berechtigt, einen Sachverständigen beratend hinzuzuziehen. In Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern kann der Betriebsrat dies direkt und ohne vorherige Übereinkunft mit dem Arbeitgeber vornehmen. In Unternehmen bis zu 300 Arbeitnehmern muss der Betriebsrat bei der Inanspruchnahme eines Sachverständigen die Regeln des § 80 Abs. 3 BetrVG beachten.

Definition einer Betriebsänderung

Damit der Betriebsrat mit dem Arbeitgeber über einen Interessenausgleich und Sozialplan (siehe § 112 und 112a BetrVG) verhandeln kann, muss eine Betriebsänderung bevorstehen. Dieser Punkt muss also zunächst geklärt werden.

Dabei ist zu bedenken, dass der Arbeitgeber nicht unbedingt selbst darüber informiert, dass eine Betriebsänderung vorliegt. Vielmehr können sich auch ganz „normale“ Informationen im Sinne der §§ 90 oder 106 BetrVG als Betriebsänderung herausstellen, weil beispielsweise die Änderung der Arbeitsabläufe Nachteile für Arbeitnehmer haben kann.

Darum kommt es ganz entscheidend darauf an, dass der Betriebsrat alle Informationen des Arbeitgebers kritisch hinterfragt und so ggf. selbst erkennt, dass eine Betriebsänderung vorliegen könnte.

Dafür müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein:

Informationsanspruch des Betriebsrats

Die Information des Betriebsrats über geplante Betriebsänderungen muss genauso erfolgen, wie dies bei allen anderen Informationsansprüchen des Betriebsrats (siehe auch § 80 Abs. 2 BetrVG) der Fall sein sollte:

  • rechtzeitig – also zu Planungsbeginn
  • umfassend
  • unter Vorlage von Unterlagen

Im Fall von Betriebsänderungen ist besonders wichtig, dass die Information an den Betriebsrat tatsächlich ganz zu Beginn der Planungen erfolgt und nicht erst kurz vor Beginn der Umsetzung! Nur so ist es bei bevorstehenden Verhandlungen über einen Interessenausgleich und Sozialplan (siehe § 112 BetrVG) möglich, Einfluss auf das weitere Geschehen zu nehmen.

Der Betriebsrat sollte deshalb nicht warten, bis der Arbeitgeber von sich aus auf die Idee kommt, ihn zu informieren, sondern bei zu erkennenden Anzeichen konkret nachfragen.

Da größere Veränderungen/Rationalisierungsmaßnahmen im Normalfall nicht „aus heiterem Himmel“ kommen, sondern sich in der wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens ankündigen, muss der Wirtschaftsausschuss (siehe § 106 BetrVG) diese laufend im Auge haben. Außerdem muss der Betriebsrat seine Informationsansprüche z. B. aus dem § 80 Abs. 2, § 90 und § 92 BetrVG immer aktiv einfordern, und auch hier den Arbeitgeber bei erkennbaren Anzeichen auf Veränderungen im Betrieb konkret ansprechen.

Sachverständige hinzuziehen

Schon aus dem § 80 Abs. 3 BetrVG steht dem Betriebsrat ein externer Sachverständiger zu, wenn dies aus der Thematik heraus erforderlich ist.

Auch bei dem schwierigen Thema einer bevorstehenden Betriebsänderung hat der Betriebsrat das Recht, einen externen Sachverständigen als Berater hinzuzuziehen.

Von diesem Recht sollte der Betriebsrat Gebrauch machen, da sowohl die Frage, welche Auswirkungen eine Betriebsänderung auf die Arbeitnehmer haben kann, als auch die Frage, wie und welche Maßnahmen mit dem Arbeitgeber vereinbart werden müssten, um Nachteile zu vermeiden, Expertenwissen erforderlich macht.

Will der Betriebsrat von seinem Recht Gebrauch machen und einen Sachverständigen hinzuziehen, muss er einen entsprechenden Beschluss in einer Betriebsratssitzung fassen. In Unternehmen (nicht nur Betrieb!) mit bis zu 300 Arbeitnehmern muss er das in § 80 Abs. 3 BetrVG genannte Verfahren beachten.

In Unternehmen mit über 300 Arbeitnehmern kann der Betriebsrat bei einer bevorstehenden Betriebsänderung ohne nähere Vereinbarung mit dem Arbeitgeber einen Sachverständigen sofort hinzuziehen.

§ 111 - Betriebsänderungen

In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Unternehmer den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten. Der Betriebsrat kann in Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern zu seiner Unterstützung einen Berater hinzuziehen; § 80 Abs. 4 gilt entsprechend; im Übrigen bleibt § 80 Abs. 3 unberührt. Als Betriebsänderungen im Sinne des Satzes 1 gelten

  1. Einschränkung und Stillegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
  2. Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
  3. Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben,
  4. grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen,
  5. Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren.

Haben Sie Fragen zu unseren Seminaren und Kongressen oder rund um aas? Rufen Sie uns an
0209 165 85 - 0
oder nutzen Sie unser Kontaktformular

Zum Kontaktformular
MA JT Kontakt 400

für BR, JAV und SBV

Mit dem aas-Newsletter informieren wir Sie regelmäßig über interessante Neuigkeiten. Dabei erfahren Sie mehr über aktuelle Gerichtsentscheidungen, wichtige gesetzliche Änderungen und interessante aas-Seminarangebote.

Bitte bestätigen Sie den Hinweis zum Datenschutz

* Pflichtfelder