Einrichtungen und Maßnahmen der Berufsbildung

Kommentar zu § 97 BetrVG

Wenn Betriebsrat und Arbeitgeber über den Qualifizierungsbedarf (Berufsbildungsbedarf) der Arbeitnehmer beraten haben (siehe § 96 BetrVG), werden sich aus dem Qualifizierungsplan konkrete Maßnahmen ableiten lassen. Der Betriebsrat hat auch bei der Einrichtung und der Ausstattung betrieblicher Bildungseinrichtungen ein Beratungsrecht und kann zu diesen Einrichtungen eigene Vorschläge vortragen. Das gleiche gilt, wenn der Arbeitgeber plant, externe Bildungseinrichtungen zu nutzen.

Wichtig:

Wenn Veränderungen der Arbeitsplätze (neue Maschinen, Software usw.) oder der Fertigungsverfahren dazu führen, dass die dort beschäftigten Arbeitnehmer nicht mehr die erforderlichen Kenntnisse haben, die Tätigkeiten auszuführen, hat der Betriebsrat bei der Einführung von Maßnahmen zur Qualifizierung mitzubestimmen. Dabei ist es unerheblich, ob diese Veränderungen erst geplant oder bereits durchgeführt worden sind.

Kommt in dieser Frage eine Einigung nicht zu Stande, kann eine Einigungsstelle angerufen werden (siehe § 76 BetrVG).

Beratungsrecht bei der Einrichtung von Berufsbildungsmaßnahmen

Aus den Beratungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber über den Berufsbildungsbedarf (§ 96 BetrVG) lassen sich konkrete Maßnahmen ableiten, die zur Berufsbildung (Qualifizierung) der Arbeitnehmer nötig sind.

Allerdings: Ob der Arbeitgeber überhaupt Bildungsmaßnahmen im Betrieb anbieten will – oder in seinem Auftrag extern durchführen lassen will – bleibt seine Entscheidung. Allerdings verpflichten ihn in der Realität immer mehr Qualitätsnormen, Sicherheits- oder Gesundheitsvorschriften dazu, die Arbeitnehmer regelmäßig zu qualifizieren. Bei der Frage, wie geschieht Qualifizierung im Betrieb, hat der Betriebsrat mitzubestimmen (siehe auch §§ 97 Abs. 2, 98 BetrVG).

Zu den Begriffen:

Unter Bildungseinrichtungen versteht man zum Beispiel:

  • Lehrwerkstätten,
  • Bildungszentren oder
  • Schulungsräume.

Das Beratungs- und Vorschlagsrecht des Betriebsrats bezieht sich hier auf die Planung zur:

  • Schaffung einer derartigen Einrichtung oder Veränderung (Umbau, Vergrößerung, Verkleinerung)
  • Ausstattung der Einrichtung mit Sachmitteln und deren Veränderungen

Ein Beratungsrecht hat der Betriebsrat auch, wenn der Arbeitgeber konkrete betriebliche Qualifizierungsmaßnahmen plant; z.B.

  • Technikerkurs,
  • Meisterausbildung,
  • Sprachkurse,
  • Softwareschulungen,
  • Trainee-Ausbildung.

Dabei geht es immer um folgende Fragen,

  • ob und welche Bildungsmaßnahmen angeboten werden;
  • die zeitliche Lage des Angebots (innerhalb oder außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit);
  • welchen Umfang soll das Angebot haben und wem wird es unterbreitet;
  • eventueller Kostenbeteiligungen der Arbeitnehmer (siehe hierzu § 98 BetrVG).

Will der Arbeitgeber externe Bildungseinrichtungen nutzen, muss er dies zunächst ebenfalls mit dem Betriebsrat beraten. Gemeint sind z. B. Einrichtungen

  • der Arbeitsagenturen
  • der Handwerks- und Handelskammern oder
  • private Dienstleister (wie Sprachschulen usw.).

Zu beraten sind dabei die Fragen:

  • die Themen und die Dauer derartiger Maßnahmen,
  • welche Arbeitnehmer an externen Berufsbildungsmaßnahmen teilnehmen,
  • eventuelle Kostenbeteiligungen der Arbeitnehmer (siehe hierzu § 98 BetrVG).

Mitbestimmung bei sich ändernden Qualifikationsanforderungen

Die rasante technologische Entwicklung führt dazu, dass sich die Anforderungen an die Arbeitnehmer immer schneller ändern. Zum Beispiel werden laufend neue Softwareprodukte am Arbeitsplatz eingesetzt oder mechanisch gesteuerte Anlagen durch IT-gesteuerte Maschinen ersetzt oder neue Fertigungsverfahren eingeführt. Um bei derartigen Veränderungen nicht plötzlich „zum alten Eisen“ zu gehören, ist ständige Qualifizierung für alle Arbeitnehmer wichtig.

Schon aufgrund der §§ 80, 90, 92, 111 BetrVG ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Betriebsrat rechtzeitig (zu Planungsbeginn) und umfassend zu informieren.

Immer wenn Planungen erkennbar sind, die dazu führen, dass die beruflichen Kenntnisse der Arbeitnehmer nicht mehr ausreichen, um die Veränderungen bewältigen zu können, hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei notwendigen Qualifizierungsmaßnahmen.

Die Mitbestimmung des § 97 Abs. 2 BetrVG spielt in der Betriebsratsarbeit eine große Rolle, da in der betrieblichen Praxis derartig notwendige Qualifizierungsmaßnahmen vom Arbeitgeber oft nur unzureichend angeboten werden. Dabei kann es z. B. darum gehen, dass der Betriebsrat

  • sich mit den vom Arbeitgeber geplanten Maßnahmen der Qualifizierung befasst und falls erforderlich Verbessrungen fordert, z. B.
    • statt einer kurzen Einweisung an einer Maschine ein praktisches Trainingsprogramm
    • statt eines schriftlichen E-Learning-Moduls besser ein Praxisworkshop
  • der Betriebsrat ein eigenes Konzept erarbeitet und dem Arbeitgeber zu Verhandlungen vorlegt.

Da der Betriebsrat in der Frage der notwendigen Qualifizierung von Arbeitnehmern durch Veränderungen der Arbeitsplätze ein Mitbestimmungsrecht hat, kann er auch in dem Fall, dass es mit dem Arbeitgeber zu keiner Einigung kommt, die Einigungsstelle (§ 76 BetrVG) anrufen.

§ 97 - Einrichtungen und Maßnahmen der Berufsbildung

Der Arbeitgeber hat mit dem Betriebsrat über die Errichtung und Ausstattung betrieblicher Einrichtungen zur Berufsbildung, die Einführung betrieblicher Berufsbildungsmaßnahmen und die Teilnahme an außerbetrieblichen Berufsbildungsmaßnahmen zu beraten.

Hat der Arbeitgeber Maßnahmen geplant oder durchgeführt, die dazu führen, dass sich die Tätigkeit der betroffenen Arbeitnehmer ändert und ihre beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr ausreichen, so hat der Betriebsrat bei der Einführung von Maßnahmen der betrieblichen Berufsbildung mitzubestimmen. Kommt eine Einigung nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

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