Förderung der Berufsbildung

Kommentar zu § 96 BetrVG

Betriebsrat und Arbeitgeber sollen gemeinsam und in Zusammenarbeit mit externen Stellen, die für die Berufsbildung zuständig sind, die berufliche Bildung im Betrieb fördern. Aus diesem Grund muss der Arbeitgeber den Betriebsrat bereits bei der Planung umfassend informieren (siehe auch § 92 BetrVG).

Es sollte selbstverständlich sein, dass der Arbeitgeber im Zuge der Personalplanung auch den zukünftigen Qualifizierungsbedarf berücksichtigt. Gibt es keinen Plan, kann der Betriebsrat vom Arbeitgeber verlangen, dass der Berufsbildungsbedarf ermittelt wird. Der Betriebsrat kann auch eigene Vorschläge zur Qualifizierung im Betrieb unterbreiten.

Auch in Bezug auf den Bildungsbedarf der einzelnen Mitarbeiter sollen Arbeitgeber und Betriebsrat alles Erdenkliche unternehmen, um die Bildung der Arbeitnehmer im Betrieb möglich zu machen. Diese Aufgabe bezieht sich sowohl auf interne als auch auf externe Fortbildungsmaßnahmen.

Es soll dabei auch darauf geachtet werden, dass ältere Arbeitnehmer, Teilzeitbeschäftigte oder Arbeitnehmer mit Familienpflichten von Bildungsmaßnahmen nicht ausgeschlossen werden.

Gemeinsame Aufgabe für Betriebsrat und Arbeitgeber

Wichtig ist zunächst einmal, den Begriff „Berufsbildung“ im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes näher zu betrachten. Gemeint sind hierbei nicht nur klassische

  • Ausbildungen,
  • weiterführende Abendlehrgänge oder
  • Studien,

sondern auch die Vermittlung von Wissen zur Ausübung einer beruflichen Tätigkeit, wie es im beruflichen Alltag häufig anzutreffen ist, z. B.

  • Sicherheitsunterweisungen,
  • Traineeprogramme,
  • Vorgesetztenschulungen,
  • das Anlernen an neuen Maschinen oder eines neuen Herstellungsverfahrens,
  • Vermittlung von Kenntnisse für eine neue Software,
  • Sprachkurse.

Auch der Einsatz von E-Learning gehört dazu. Hierbei sollen Arbeitnehmer am PC an ihrem Arbeitsplatz selbstständig softwaregesteuerte Lernmodule in Anspruch nehmen, um für die Tätigkeit notwendiges Wissen zu erlangen. Selbstverständlich kommt beim Thema E-Learning auch immer noch die Mitbestimmung des Betriebsrats im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG hinzu.

Grundsätzlich sollen Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam das Thema berufliche Aus- und Weiterbildung fördern. Dabei sollen sie mit den für die Ausbildung zuständigen Stellen zusammenarbeiten. Dies können zum Beispiel sein

  • die Handwerks-, Industrie- und Handelskammern
  • die Agentur für Arbeit
  • Hochschulen.

Im Zuge der Personalplanung ist es zumindest in größeren Betrieben üblich, dass der Arbeitgeber auch den Bildungsbedarf der Arbeitnehmer ermittelt, schließlich ist die Arbeitswelt einem ständigen technologischen Wandel unterworfen. Allein die immer weiter fortschreitende Digitalisierung praktisch aller Arbeitsbereiche macht es notwendig, die Arbeitnehmer fachlich auf dem Laufenden zu halten.

Hat der Arbeitgeber im Zuge seiner Personalplanung einen Berufsbildungsplan erstellt, muss er diesen dem Betriebsrat nicht nur rechtzeitig unter Vorlage von Unterlagen zur Verfügung stellen (siehe auch § 92 BetrVG und § 80 BetrVG), er hat ihn auch mit dem Betriebsrat zu beraten. Dabei kann (und sollte) der Betriebsrat auch eigene Vorschläge erarbeiten und mit dem Arbeitgeber beraten.

Wenn der Arbeitgeber keinen Plan über den Berufsbildungsbedarfs seiner Mitarbeiter erstellt hat, ist der Betriebsrat berechtigt, vom Arbeitgeber zu verlangen, dass ein derartiger Bedarfsplan erstellt wird.

Nach § 96 Absatz 1 hat der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat Fragen der Berufsbildung zu beraten. Kommt im Rahmen der Beratung nach Absatz 1 eine Einigung über Maßnahmen der Berufsbildung nicht zustande, können der Arbeitgeber oder der Betriebsrat nach dem neuen § 96 Abs. 1a die Einigungsstelle um Vermittlung anrufen. Die Einigungsstelle übernimmt in diesem Fall eine moderierende Funktion zwischen den Parteien und versucht, auf eine Einigung hinzuwirken. Ein Einigungszwang besteht allerdings nicht, insbesondere kann die Einigungsstelle nicht durch Spruch entscheiden.

Die Berufsbildung für Arbeitnehmer ermöglichen

Es geht aber nicht nur um die betrieblich notwendigen, vom Arbeitgeber in die Wege geleiteten Bildungsmaßnahmen; auch wenn ein Arbeitnehmer selbst einem Wunsch zur Weiterbildung nachgehen will, muss ihm dies möglich gemacht werden. Gemeint sind zum Beispiel

  • Abendstudien,
  • Umschulungsmaßnahmen,
  • Sprachkurse,

die der Arbeitnehmer aus Eigeninitiative heraus in Anspruch nehmen will.

Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer die Teilnahme zu ermöglichen, es sei denn, betriebliche Notwendigkeiten stehen dem entgegen. Diese Formulierung legt die Hürde für den Arbeitgeber sehr hoch, um den Wunsch eines Arbeitnehmers auf Bildung ablehnen zu können.

Vielmehr haben Arbeitgeber und Betriebsrat dahingehend zu wirken, dass eventuelle Hinderungsgründe, die dem Arbeitnehmer die Teilnahme an Bildungsmaßnahmen unmöglich machen könnten, abgebaut werden.

Egal welche Form von Qualifizierung gemeint ist: Immer haben Arbeitgeber und Betriebsrat darüber zu wachen, dass auch

  • ältere Arbeitnehmer,
  • Teilzeitkräfte und
  • Arbeitnehmer mit Familienverpflichtungen

die Möglichkeit der Weiterbildung haben.

§ 96 - Förderung der Berufsbildung

Arbeitgeber und Betriebsrat haben im Rahmen der betrieblichen Personalplanung und in Zusammenarbeit mit den für die Berufsbildung und den für die Förderung der Berufsbildung zuständigen Stellen die Berufsbildung der Arbeitnehmer zu fördern. Der Arbeitgeber hat auf Verlangen des Betriebsrats den Berufsbildungsbedarf zu ermitteln und mit ihm Fragen der Berufsbildung der Arbeitnehmer des Betriebs zu beraten. Hierzu kann der Betriebsrat Vorschläge machen.

Kommt im Rahmen der Beratung nach Absatz 1 eine Einigung über Maßnahmen der Berufsbildung nicht zustande, können der Arbeitgeber oder der Betriebsrat die Einigungsstelle um Vermittlung anrufen. Die Einigungsstelle hat eine Einigung der Parteien zu versuchen.

Arbeitgeber und Betriebsrat haben darauf zu achten, dass unter Berücksichtigung der betrieblichen Notwendigkeiten den Arbeitnehmern die Teilnahme an betrieblichen oder außerbetrieblichen Maßnahmen der Berufsbildung ermöglicht wird. Sie haben dabei auch die Belange älterer Arbeitnehmer, Teilzeitbeschäftigter und von Arbeitnehmern mit Familienpflichten zu berücksichtigen.

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