Zuständigkeit und Nichtzuständigkeit einer Einigungsstelle

Blog – Einigungsstelle

Besteht zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ein Konflikt, muss dieser nicht zwingend vor den Arbeitsgerichten in einem langwierigen Verfahren ausgetragen werden. Schneller und effektiver ist in der Regel, wenn die Betriebsparteien von der in § 76 BetrVG geschaffenen Möglichkeit der Konfliktlösung Gebrauch machen und die Einigungsstelle anrufen. 

Bedeutung der Einigungsstelle 

Die Einigungsstelle ist kein Gericht und keine Behörde, sondern eine betriebsverfassungsrechtliche Institution eigener Art. Als selbstständige Schlichtungsstelle hat sie die Aufgabe, bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgebern und Betriebsräten zu vermitteln. Dabei ermöglicht sie den Betriebsparteien, in eigener Verantwortung eine Lösung für den Konflikt zu finden. Können die Parteien keinen Kompromiss schließen, entscheidet die Einigungsstelle in der Sache selbst.  

Unter welchen Voraussetzungen das Verfahren vor der Einigungsstelle eingeleitet wird, wann sie zuständig ist und welche Rechtswirkungen ihr Spruch hat, hängt davon ab, ob sie im Rahmen eines erzwingbaren oder freiwilligen Einstellungsverfahren eingesetzt wird. 

Erzwingbares Einigungsstellenverfahren 

Beim erzwingbaren Einigungsstellenverfahren wird die Einigungsstelle auf Antrag einer Betriebspartei tätig, wenn das Betriebsverfassungsgesetz ausdrücklich regelt, dass der Spruch der Einigungsstelle die fehlende Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzt. Die Einsetzung der Einigungsstelle kann in diesen Fällen einseitig von einer Partei durchgesetzt werden.  

Es handelt sich u.a. um folgende Regelungen: 

  • § 87 Abs. 2 BetrVG: Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten 
  • § 91 Satz 2 BetrVG: Änderung von Arbeitsplatz, Arbeitsablauf, Arbeitsumgebung 
  • § 94 Abs. 1, 2 BetrVG: Personalfragebögen, Beurteilungsgrundsätze 
  • § 95 Abs. 1, 2 BetrVG: Auswahlrichtlinien 
  • § 98 Abs. 4 BetrVG: Bildungsmaßnahmen 
  • § 109 BetrVG: Wirtschaftliche Angelegenheiten 
  • § 112 Abs. 4 BetrVG: Interessenausgleich/Sozialplan 
  • § 37 Abs. 6 und 7 BetrVG: Schulungs- und Bildungsveranstaltungen für Betriebsratsmitglieder  
  • § 38 Abs. 2 BetrVG: Freistellung von Betriebsratsmitgliedern 

Die Zuständigkeit der Einigungsstelle reicht nur soweit, wie ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats besteht. Die Einigungsstelle entscheidet eigenverantwortlich darüber, ob sie zuständig ist. Bestreitet eine Betriebspartei die Zuständigkeit der Einigungsstelle, entscheidet das Arbeitsgericht über das Einsetzungsverlangen. Dabei prüft das Gericht nicht abschließend, ob die Einigungsstelle zuständig ist oder nicht. Vielmehr lehnt das Arbeitsgericht eine Einsetzung nur dann ab, wenn die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist, weil ein Mitbestimmungsrecht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt in Frage kommt. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn zum Streitthema bereits eine wirksame, ungekündigte Betriebsvereinbarung besteht. 

Erlässt die Einigungsstelle einen Spruch nach § 76 Abs. 5 BetrVG, ist dieser für die Betriebspartner verbindlich. Unter Bindungswirkung ist zu verstehen, dass der Spruch der Einigungsstelle so wirkt, als hätten sich die Parteien direkt geeinigt. Sobald der Spruch Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer direkt regelt, auf einen früheren Zeitpunkt zurückwirkt oder Kündigungsfristen enthält, die länger oder kürzer als drei Monate sind, ist von einer Wirkungsweise als Betriebsvereinbarung auszugehen.  

Freiwilliges Einigungsstellenverfahren 

Das freiwillige Einigungsstellenverfahren betrifft die Fälle, in denen die Meinungsverschiedenheit der Betriebsparteien nicht der erzwingbaren Mitbestimmung unterliegt. In diesen Fällen ist die Einigungsstelle zuständig, wenn die Parteien einvernehmlich beschließen, die Einigungsstelle mit der Streitigkeit zu befassen. Beim freiwilligen Verfahren ist die Einigungsstelle offensichtlich nicht zuständig, wenn erkennbar das erforderliche Einverständnis der Betriebsparteien fehlt oder die Auseinandersetzung außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Einigungsstelle liegt. 

Der Spruch der Einigungsstelle hat nur die Bedeutung eines Vorschlags und ist für die Parteien nicht bindend. Anderes gilt nur, wenn sich beide Seiten dem Spruch im Voraus unterwerfen oder ihn nachträglich annehmen, § 76 Abs. 6 BetrVG. 

Wie die Einigungsstelle eingerichtet wird und wie das Verfahren vor der Einigungsstelle abläuft, erfahren Sie in unserem Seminar Betriebsverfassungsrecht – Teil 3: Umsetzung der Beteiligungsrechte des Betriebsrats. 

28. März 2024

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