Nicht jede Kritik oder jeder Konflikt ist gleich Mobbing

Blog – Mobbing

Im Berufsalltag wird schnell der Vorwurf des Mobbings erhoben. Doch: Die rechtlichen Anforderungen sind hier ziemlich hoch. Nicht jede Benachteiligung, Kritik, Anweisung oder Meinungsverschiedenheit erfüllt gleich den Tatbestand des Mobbings. Doch wo genau die Unterschiede sind und welche Rechtsfolgen echtes Mobbing haben kann, erfahren Sie hier.

Definition von Mobbing

Die höchste Instanz im Arbeitsrecht – das Bundesarbeitsgericht (BAG) – hat sich schon das ein oder andere Mal in der Situation befunden, zu entscheiden, ob es in einem Fall um Mobbing ging oder nicht. Kein Wunder, dass es inzwischen auch eine Definition der Richter aus Erfurt gibt: Danach ist Mobbing das systematische Anfeinden, Schikanieren und Diskriminieren von Arbeitnehmern am Arbeitsplatz (BAG v. 15.1.1997 - 7 ABR 14/96). An der für die Verletzungshandlung erforderlichen Systematik kann es fehlen, wenn zwischen den einzelnen Teilakten lange zeitliche Zwischenräume liegen (BAG v. 16.5.2007 - 8 AZR 709/06). Mobbingfälle sind gekennzeichnet von „unerwünschten Verhaltensweisen, die bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird“ (BAG v. 25.10.2007 - 8 AZR 593/06). Ob die Würde im Einzelfall tatsächlich verletzt ist, lässt sich nur aufgrund einer umfassenden Güter- und Interessenabwägung unter sorgsamer Würdigung aller Umstände beurteilen (LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 10.6.2020 – 3 Sa 219/19).

Mobbing kann alle Mitarbeiter treffen und zwischen allen Hierarchieebenen stattfinden. Die schädlichen Handlungen können viele unterschiedliche Gesichter haben. Daher seien an dieser Stelle nur einige genannt: die Verbreitung falscher Tatsachen, die Anweisung überflüssiger Arbeitsaufgaben, die Androhung von Gewalt, permanente Kritik und Ausgrenzung. Der Gemobbte erlebt Schikanen, Diskriminierungen und Demütigungen immer und immer wieder, über Wochen, Monate oder gar Jahre. Darunter leidet sein Arbeits- und Leistungsverhalten, sein privates Verhalten und vor allem seine Gesundheit bis hin zu schweren psychischen Beeinträchtigungen, die letztendlich zur Arbeitsunfähigkeit und zur Eigenkündigung führen können.

Unterschied zum Konflikt

Nach beispielsweise dem Duden ist ein Konflikt eine schwierige Situation, die durch das Aufeinanderprallen widerstreitender Auffassungen, Interessen etc. entsteht, die zum Zerwürfnis führen kann. Es geht um Interessenkämpfe bei unterschiedlichen Zielen, Wettbewerb oder der Dominanz eines Vorgesetzten oder Kollegen. Sowohl beim Konflikt als auch beim Mobbing erfolgt ein Angriff – beim Konflikt auf die Position bzw. den Standpunkt, der hinsichtlich eines bestimmten Problems vertreten wird, beim Mobbing richtet sich der Angriff gegen die Integrität einer Person.

Rechtsfolgen des Mobbings

Will der Betroffene gegen den oder die Peiniger vorgehen, so ist er darlegungs- und beweispflichtig. Dies gilt sowohl für betriebsinterne Schritte, z.B. die Beschwerde nach §§ 84, 85 BetrVG als auch für das Fordern von Schadensersatz bzw. Schmerzensgeld vor Gericht. Das ist in der Praxis oft gar nicht so einfach. Experten empfehlen daher das Führen eines Mobbing-Tagebuchs und die Benennung von Zeugen. Der Betroffene muss in jedem Fall allumfassend und sehr konkret vortragen. Neben der ausführlichen Darstellung der einzelnen Mobbinghandlungen müssen auch deren (gesundheitlichen) Folgen zuordnungsbar dargelegt werden. Der zu ersetzende Schaden muss nachweisbar auf die Handlungen zurückzuführen sein. Zudem muss dargestellt werden, weshalb eine Geldzahlung notwendig ist, da dafür eine gewisse Intensität vorliegt muss, die (wohl) nur im Ausnahmefall besteht. Allgemeine Konflikte im Arbeitsleben bleiben außer Betracht; insbesondere begründet es keinen Anspruch auf Schadensersatz, wenn der Vorgesetzte in der Personalführung „schlecht“ leistet oder sein Direktionsrecht ausübt (LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 10.6.2020 – 3 Sa 219/19).

Handlungsmöglichkeiten des Betriebsrats

Grundsätzlich ergibt sich die Handlungspflicht des Betriebsrats aus § 80 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG. Danach muss er vom Arbeitgeber verlangen, dass er Missstände, die Mobbinghandlungen Vorschub leisten können, unverzüglich beseitigt. Doch es gibt noch speziellere Vorschriften. Die Interessenvertretung hat nach § 75 Abs. 1 BetrVG für das Unterbleiben der „Mobbing-Zustände“ zu sorgen. Dasselbe gilt übrigens für den Arbeitgeber. Der Betriebsrat kann nach § 104 Satz 1 BetrVG vom Arbeitgeber sogar die Entlassung oder Versetzung eines Arbeitnehmers verlangen, der durch Mobbinghandlungen den Betriebsfrieden wiederholt und ernstlich gestört hat. Kommt der Arbeitgeber dem nicht nach, kann der Betriebsrat das Arbeitsgericht anrufen.

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