Rechtfertigt ein Kirchenaustritt eine Kündigung?

Blog – Religion

In einer Gerichtsentscheidung ging es um die Frage, ob ein der katholischen Kirche zugeordnetes Krankenhaus eine Arbeitnehmerin allein deshalb als ungeeignet für eine Tätigkeit ansehen darf, weil sie vor Beginn des Arbeitsverhältnisses aus der katholischen Kirche ausgetreten ist. Immerhin beschäftigte die Arbeitgeberin auch noch andere konfessionslose Mitarbeiter. Spannende Frage – die aber im Ergebnis leider ungeklärt blieb. 

Sachverhalt 

Die Arbeitgeberin ist ein katholisches Krankenhaus in Dortmund, die unter anderen auch Mitarbeitende beschäftigt, die schon immer konfessionslos waren. 

Die Arbeitnehmerin war hier bis Mitte 2014 als Hebamme beschäftigt. Im Anschluss daran machte sie sich selbständig. Im September 2014 trat sie aus der katholischen Kirche aus. Bei einem neuerlichen Einstellungsgespräch im Frühjahr 2019 wurde ihre Zugehörigkeit zur katholischen Kirche nicht thematisiert. Den vom Krankenhaus bereits unterzeichneten Arbeitsvertrag reichte die Hebamme zusammen mit einem Personalfragebogen bei Beginn des Arbeitsverhältnisses zurück. In dem Personalfragebogen hatte sie den Austritt aus der katholischen Kirche angegeben. Nachdem Gespräche mit dem Ziel, sie wieder zu einem Eintritt in die katholische Kirche zu bewegen, erfolglos blieben, kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis. Dagegen wehrte sich die Mitarbeiterin mit einer Kündigungsschutzklage. Letztendlich mit Erfolg! 

Entscheidung 

Das Arbeitsgericht hat in der ersten Instanz der Kündigungsschutzklage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie in der zweiten Instanz hingegen abgewiesen. Das BAG hat das Verfahren über die Revision der Arbeitnehmerin erst einmal ausgesetzt und den Europäischen Gerichtshof (EuGH) um Klärung gebeten, ob ein der katholischen Kirche zugeordnetes Krankenhaus eine Arbeitnehmerin allein deshalb als ungeeignet für eine Tätigkeit ansehen darf, weil sie vor Beginn des Arbeitsverhältnisses aus der katholischen Kirche ausgetreten ist. 

Zu einer endgültigen Klärung der Frage, kam es dann leider nicht mehr. Denn: Die Arbeitgeberin hatte vor dem EuGH anerkannt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht beendet wurde. Die Hebamme konnte weiterhin in dem Krankenhaus arbeiten.  Der EuGH hat daraufhin seinen Entscheidungstermin aufgehoben. Das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht ist abgeschlossen (Bundesarbeitsgericht (BAG) vom 14.12.2023 - 2 AZR 130/21). 

Hinweis für die Praxis 

Der EuGH hatte bereits in der Vergangenheit mit ähnlichen Vorlagen zum kirchlichen Arbeitsrecht zu tun. Im „Chefarzt-Fall“ hatte ein Klinikum in katholischer Trägerschaft einem Mediziner nach Scheidung und Wiederheirat gekündigt. Das BAG musste prüfen, ob die Religion im Hinblick auf die beruflichen Tätigkeiten eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung ist. Schon in der Entscheidung hatte der EuGH zu bedenken gegeben, dass die Religion für einen Arzt keine wesentliche Anforderung der beruflichen Tätigkeit zu sein scheint, weil es auch konfessionslose Beschäftigte in ähnlichen Positionen gab. Das BAG urteilte schließlich, dass die Kündigung diskriminierend und unwirksam war, BAG, Urteil vom 20.02.2019 - 2 AZR 746/14. 

10. April 2024

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