Betriebsratsvorsitzender darf nicht gleichzeitig Datenschutzbeauftragter sein

aas Seminare – aas-Blog- Urteil Der Woche KW23

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 6. Juni 2023 – 9 AZR 383/19  

Der bei der Arbeitgeberin angestellte Arbeitnehmer ist Vorsitzender des Betriebsrats und in dieser Funktion teilweise von der Arbeit freigestellt. Mit Wirkung zum 1. Juni 2015 wurde er von der Arbeitgeberin und weiteren in Deutschland ansässigen Tochtergesellschaften zum Datenschutzbeauftragten bestellt. Auf Veranlassung des Thüringer Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit widerriefen die Arbeitgeberin und die weiteren Konzernunternehmen die Bestellung des Arbeitnehmers am 1. Dezember 2017 wegen einer Inkompatibilität der Ämter mit sofortiger Wirkung. Nach Inkrafttreten der Verordnung (EU) 2016/679 vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie (RL) 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung; im Folgenden DSGVO) beriefen sie den Arbeitnehmer vorsorglich gemäß Art. 38 Abs. 3 Satz 2 DSGVO als Datenschutzbeauftragten ab. 

Die Arbeitgeberin bekam in der letzten Instanz Recht. Der Widerruf der Bestellung war aus wichtigem Grund iSv. § 4f Abs. 3 Satz 4 BDSG aF iVm. § 626 Abs. 1 BGB gerechtfertigt. Ein solcher liegt vor, wenn der zum Beauftragten für den Datenschutz bestellte Arbeitnehmer die für die Aufgabenerfüllung erforderliche Fachkunde oder Zuverlässigkeit iSv. § 4f Abs. 2 Satz 1 BDSG aF nicht (mehr) besitzt. Die Zuverlässigkeit kann in Frage stehen, wenn Interessenkonflikte drohen.  

Die Aufgaben eines Betriebsratsvorsitzenden und eines Datenschutzbeauftragten können typischerweise nicht durch dieselbe Person ohne Interessenkonflikt ausgeübt werden. Denn: Der Betriebsratsvorsitzende hat Zugang zu personenbezogenen Daten im Rahmen seiner Aufgaben und sodann die Betriebsratsbeschlüsse darüber, wie diese Daten verarbeitet werden, dem Arbeitgeber gegenüber zu vertreten. Der Datenschutzbeauftragte hingegen soll unabhängig die Einhaltung der Datenschutzbestimmungen in Gänze überwachen. Da bei einer Doppelrolle der Datenschutzbeauftragte die Entscheidungen des Betriebsrats - also seine eigenen - überwachen müsste, kann Befangenheit vorliegen. Außerdem erhält der Datenschutzbeauftragte tiefere Einblicke in personenbezogene Daten als der Arbeitgeber dem Betriebsrat gegenüber offenlegen darf. 

Den Link zur Pressemitteilung finden Sie hier.

05. Juni 2024

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