Betriebsratsvergütung: Änderung des BetrVG steht kurz bevor

Blog – Betriebsratsvergütung

Das Gesetzesvorhaben zur Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes (BT-Drucksache 20/9469) für eine ,,faire, nachvollziehbare und rechtssichere‘‘ Betriebsratsvergütung nimmt weiter Fahrt auf: Am 22.04.2024 hat sich eine Vielzahl von Sachverständigen im Rahmen einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales für die Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes ausgesprochen.

Hintergrund

Die geplante Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes ist eine Reaktion auf die aktuellen Unsicherheiten bei der Vergütung von Betriebsräten: Nachdem der Bundesgerichtshof in einem aufsehenerregenden Urteil vom 10.01.2023, Az. 6 StR 133/22 entschieden hat, dass bei der Zahlung eines überhöhten Arbeitsentgelts an Betriebsräte eine Strafbarkeit wegen Untreue (§ 266 Abs. 1 StGB) in Betracht komme, entschlossen sich einige Unternehmen zu einer Kürzung der Betriebsratsvergütung – und das teilweise um mehrere Hundert Euro. Gegen die Gehaltskürzung klagten die betroffenen Betriebsräte überwiegend erfolgreich in der ersten Instanz. Vor Kurzem wurde erstmals in der zweiten Instanz einem von einer Gehaltskürzung betroffenem Betriebsratsmitglied Recht gegeben (LAG Niedersachsen v. 08.02.2024, Az. 6 Sa 559/23). Auch nach diesen Einzelfallentscheidungen bleibt eine praktische Unsicherheit bei der Vergütung von Betriebsräten. Diese Unklarheiten sollen nun durch eine Konkretisierung der §§ 37, 78 BetrVG behoben werden.

Die aktuelle Gesetzeslage und die geplanten Änderungen

Betriebsräte führen ihr Amt nach § 37 Abs. 1 BetrVG unentgeltlich als Ehrenamt. Eine Bezahlung für die Tätigkeit als Betriebsratsmitglied ist ausdrücklich ausgeschlossen, um die Unabhängigkeit der Betriebsratsarbeit zu gewährleisten. Nach § 37 Abs. 2 BetrVG sind Betriebsräte während der Betriebsratstätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts von ihrer beruflichen Tätigkeit zu befreien. Dabei darf ihr Arbeitsentgelt nach § 37 Abs. 4 BetrVG nicht geringer bemessen werden als das Arbeitsentgelt, das vergleichbaren Arbeitnehmern mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung gewährt wird. Diese Vorschrift ist insbesondere für freigestellte Betriebsratsmitglieder von Bedeutung, da sie ihre bisherige Beschäftigung nicht mehr ausüben und es deshalb für die Entwicklung der Vergütung auf eine hypothetische Betrachtung ankommt.

Genaue Vorgaben für die Vergütung von Betriebsratsmitgliedern macht § 37 Abs. 4 BetrVG nicht. Auch aus § 78 S. 2 BetrVG ergibt sich lediglich, dass Betriebsräte wegen ihrer Tätigkeit nicht in ihrer beruflichen Entwicklung benachteiligt oder begünstigt werden dürfen. Durch eine Präzisierung der § 37 Abs. 4 und § 78 S. 2 BetrVG soll nun eine Klarstellung für die Praxis erfolgen:

Dem § 37 Abs. 4 BetrVG sollen die folgenden Sätze angefügt werden:

„Zur Bestimmung der vergleichbaren Arbeitnehmer nach Satz 1 ist auf den Zeitpunkt der Übernahme des Betriebsratsamtes abzustellen, soweit nicht ein sachlicher Grund für eine spätere Neubestimmung vorliegt. Arbeitgeber und Betriebsrat können in einer Betriebsvereinbarung ein Verfahren zur Festlegung vergleichbarer Arbeitnehmer regeln. Die Konkretisierung der Vergleichbarkeit in einer solchen Betriebsvereinbarung kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden; Gleiches gilt für die Festlegung der Vergleichspersonen, soweit sie einvernehmlich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat erfolgt und in Textform dokumentiert ist.“

Durch diese Konkretisierung soll zum einen der Zeitpunkt bestimmt werden, zu dem die Vergleichsgruppe festgelegt werden soll. Zugleich soll ein Anreiz dafür geschaffen werden, die Vergleichbarkeit von Arbeitnehmern bereits im Vorhinein durch eine Betriebsvereinbarung festzulegen.

Dem § 78 BetrVG wird folgender 3. Satz angefügt:

„Eine Begünstigung oder Benachteiligung liegt im Hinblick auf das gezahlte Arbeitsentgelt nicht vor, wenn das Mitglied einer in Satz 1 genannten Vertretung in seiner Person die für die Gewährung des Arbeitsentgelts erforderlichen betrieblichen Anforderungen und Kriterien erfüllt und die Festlegung nicht ermessensfehlerhaft erfolgt.“

Diese Novellierung soll den Vertragsparteien klare Kriterien (z.B. Kenntnisse, Fähigkeiten und Qualifikationen) an die Hand geben, um den ,,fiktiven Beförderungsanspruch‘‘ eines Betriebsratsmitglieds aus § 78 S. 2 BetrVG zu erfüllen.

Reaktion der Experten

Insgesamt bewerten die Sachverständigen die geplanten Änderungen größtenteils als positiv und empfehlen die Verabschiedung des Gesetzes. Das Gesetz entspreche der aktuellen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und sorge für Rechtssicherheit in der Praxis. Zugleich werde das Strafbarkeitsrisiko minimiert, da die Neufassung der §§ 37, 78 BetrVG den Betriebsparteien (begrenzte) Spielräume bei der Festlegung der Vergleichsgruppen einräume. Schließlich stärke der Gesetzesentwurf die Betriebsautonomie, indem die Betriebsvereinbarung als transparenter Weg für die Festlegung der Vergleichsgruppen hervorgehoben werde. Überwiegend wird hingegen kritisiert, dass die Betriebsvereinbarung nicht als erzwingbar ausgestaltet sei (Ausschussdrucksache 20(11)494).

Wie geht es weiter?

Die Gesetzesvorlage befindet sich aktuell noch im federführenden Ausschuss für Arbeit und Soziales. Im Anschluss wird dem Bundestag der Gesetzesentwurf vorgelegt, der dann in der zweiten und dritten Lesung darüber beraten wird. Sodann folgt die Abstimmung über den Gesetzesentwurf im Bundestag. In der Zwischenzeit kann es noch zu Änderungsanträgen kommen.

08. Mai 2024

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