Die Werte der Arbeit haben sich verändert und verändern sich rasant weiter. Die Erwartungen der Mitarbeiter an die Unternehmen und umgekehrt sind andere als bisher. Elf Werte der neuen Arbeitswelt sollen zeigen, wie Führung und Zusammenarbeit in neuen Unternehmens- und Organisationsformen aussehen können und welche Kommunikation und Kultur dafür benötigt werden.
Werte sind etwas, wonach Menschen streben und woran sie sich orientieren. Sie spiegeln Einstellungen wider und stecken persönliche Ziele ab. Im Folgenden werden elf Werte vorgestellt, die der Organisationsexperte Sven Franke beschrieben und mit der Unfall- und Krankenversicherung im Expertendialog der Initiative Gesundheit und Arbeit (iga) diskutiert hat.
1. Nachhaltigkeit
Nachhaltigkeit wird als erster Wert genannt und zeigt damit seine Bedeutung. Nachhaltigkeit als Wert meint nicht nur Umweltschutz. Ökologische, ökonomische und soziale Aspekte gehen Hand in Hand. Das ist auch für viele New-Work-Unternehmen zentral. Und doch ist echte Nachhaltigkeit oft noch Nebensache. Dabei lohnt sich nachhaltiges Arbeiten und kann zum Wettbewerbsvorteil werden: Kosteneinsparung durch Ökoeffizienz, höhere Arbeitszufriedenheit, Motivation der Belegschaft und Förderung von Innovation sind ebenso möglich wie ein stärkerer Schutz der Beschäftigten vor negativen Belastungen.
2. Sicherheit
Sicherheit als zweiter Wert der Arbeit ist grundlegend im Sinne von Gefahrenabwehr. Darüber hinaus aber auch im Sinne von Gewissheit. Sicherheit im Job ist für manche sogar wichtiger als Selbstbestimmung. Sie erwächst aus Vertrauen und respektvoller Kommunikation auf allen Ebenen des Unternehmens. Auch die Einbindung des Teams und jeder einzelnen Person bei wichtigen Entscheidungen fördert Sicherheit. Die Delegation von schweren, aber lösbaren Aufgaben erweitert Kompetenzen und hilft, ein sicheres Gefühl aufzubauen. Die positiven Folgen sind: motivierte, mit dem Unternehmen verbundene und leistungsfähige Beschäftigte.
3. Gleichberechtigung
Gleichberechtigung – oft erwarten Beschäftigte unter diesem Wert etwas anderes, als in Unternehmen gelebt wird. Gleichberechtigung heißt nicht, dass alle Menschen gleich sind oder gleichbehandelt werden wollen. Gleichberechtigung kommt von Gerechtigkeit und bedeutet Chancengleichheit unabhängig von individuellen Merkmalen wie zum Beispiel Geschlecht, Ethnie oder Religion. Im Arbeitskontext von New Work ist sie gleichbedeutend mit Kommunikation auf Augenhöhe – und damit eines der maßgeblichen Elemente der neuen Arbeitswelt. Gleichberechtigung führt zu echtem Meinungsaustausch – und eröffnet damit die Chance zur bestmöglichen Lösung einer Aufgabe.
4. Vertrauen
Je flexibler Strukturen sind und je komplexer die Situation bei der Arbeit, desto mehr Handlungsspielraum, Autonomie und Vertrauen bedarf es. Wer in der neuen Arbeitswelt weiter versucht, über Macht zu führen, ist fehl am Platz. Der Führungsstil des Anweisens und Kontrollierens wird einer neuen, veränderten Arbeitswelt nicht mehr gerecht. „Gute Führungskräfte sind wie Eltern“. Sie wollen, dass ihre Kinder sicher und gesund aufwachsen und sich entwickeln. Sie gestalten die Rahmenbedingungen und geben Raum, sich auszuprobieren, Fehler zu machen und zu wachsen und ihren Weg zu gehen.
5. Offenheit
Ein offener Umgang miteinander zeugt von Wertschätzung und fördert den Austausch. Dabei muss Offenheit in zwei Richtungen gedacht werden: Im Idealfall trifft Ehrlichkeit auf Aufgeschlossenheit. Das ermöglicht einen konstruktiven Umgang mit Fehlern – was für eine betriebliche Lernkultur wichtig ist. Offenheit ist ein Merkmal leistungsfähiger Teams. Aber nicht von Anfang an. Zuvor muss sich ein Team finden und seine Regeln und Rollen definieren. Das braucht Zeit – Ressourcen, die von Anfang an mit eingeplant werden müssen.
6. Sinn
New Work stellt die grundlegende Frage nach dem Sinn der Arbeit. Sinnvolle Arbeit – ein Argument, das für etwa die Hälfte der Beschäftigten entscheidender ist als die Höhe des Einkommens. Wer Sinn in seiner Arbeit sieht, steckt Rückschläge besser weg, ist motivierter, zufriedener und weniger häufig krank. Führungskräfte können dafür Sorge tragen, dass Beschäftigte die Bedeutung ihrer Arbeit für sich und andere entdecken. So tragen sie zu diesen positiven Effekten bei.
7. Mut
Wer in der digitalen Arbeitswelt erfolgreich sein will, braucht Mut. Egal, ob man Führungsverantwortung hat oder nicht. Mut braucht Vertrauen zu sich selbst und zu anderen. Dabei ist der Grat zwischen Mut und Übermut schmal: Die Einschätzung einer Situation ist sehr individuell und hängt von persönlichen Einstellungen, Fähigkeiten und Erfahrungen ab. Selbstreflexion hilft dabei, die eigene Person und Position nicht zu über-, aber auch nicht zu unterschätzen.
8. Engagement
Engagement wirkt sich auf die Leistung aus: Bei mehr Engagement wird effizienter gearbeitet. Das Arbeitsklima und die soziale Unterstützung im Team sind besser. Spannend ist, dass im New-Work-Verständnis nicht mehr nur das Engagement der Beschäftigten betrachtet wird. Das Unternehmen ist genauso gefragt. Denn entscheidend ist unter anderem die Gestaltung der Arbeit. Passt diese nicht zu den gestellten Anforderungen, besteht die Gefahr von Unterforderung und mangelnder Nutzung von Ressourcen oder Überforderung und Erschöpfung.
9. Selbstentwicklung
Selbstentwicklung ist ein Prozess, den man in Stufen denken kann. Mit jeder Stufe erweitert sich der persönliche Horizont. Aber Selbstentwicklung braucht Nahrung und Möglichkeiten. Im Unternehmen sind das zum Beispiel gute Arbeitsinhalte sowie Handlungs- und Entscheidungsspielraum. Wer sich persönlich weiterentwickelt, kann mit der Zeit auch Sichtweisen und Werte besser akzeptieren, die von der eigenen Haltung abweichen. Davon profitiert das Miteinander – auch im Unternehmen.
10. Work-Life-Blending
Eine zündende Idee kann einen bereits auf dem Arbeitsweg ereilen – oder erst spät am Abend, wenn es ruhiger wird. Das dringende Telefonat mit dem Teenager oder dem pflegebedürftigen Elternteil duldet während der Arbeitszeit vielleicht keinen Aufschub. Work-Life-Balance wird von Work-Life-Blending abgelöst. Die Vermengung von Arbeiten und Leben wird in der neuen Arbeitswelt tragend. Beide Sphären durchdringen sich zunehmend gegenseitig und erfordern Flexibilität und Disziplin gleichzeitig. Abschaltzeiten und Ruhebereiche braucht es in beiden Welten.
11. Individualisierung
New Work steht für Individualisierung. Das zeigt sich heute mehr als jemals zuvor, da sich Einzelne und Gruppen in Gesellschaften stark voneinander abgrenzen wollen beziehungsweise sich in besonderer Weise miteinander identifizieren. Das gilt auch für Unternehmen. Beschäftigte sind selbstbewusste Individuen mit einem wachsenden Bedürfnis, in der Masse sichtbar zu werden. Dies kann zu Konflikten führen, wenn daraus ein permanenter Wettbewerb in Unternehmen entsteht. Daher sollte das „starke Ich“ in einem „starken Wir“ stehen. Grundlage für die Individualisierung von New Work sind gemeinsame Werte, Sinnerleben und eine verbindende Unternehmenskultur.
Quelle: Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV)