In der Hochphase der Corona-Pandemie wurden nahezu ausschließlich Webinare durchgeführt, was dafür sorgte, dass man was Fortbildungen und Seminare anging, den Anschluss nicht verlor. Für den Moment eine echte Alternative. Aber dauerhaft und immer? Viele Arbeitgeber, die die Vorteile insbesondere für sich selbst erkannt haben, versuchen seitdem, ihren Betriebsrat auf Webinare zu verweisen und verweigern die Kostenübernahme für Präsenzseminare. Ob das in Ordnung ist oder nicht, hat jetzt das Landesarbeitsgericht Düsseldorf entschieden (24.11.2022 - 8 TaBV 59/21).
Und zwar gegen die Arbeitgeberin. In diesem Fall lautete die Entscheidung wie folgt:
Auch wenn ein Online-Seminar kostengünstiger ist und keine Reise-, Übernachtungs- und Verpflegungskosten anfallen: Die Interessenvertretung muss sich nicht auf ein Webinar anstelle einer Präsenzveranstaltung verweisen lassen. Bei der Prüfung der Erforderlichkeit hat sie die betriebliche Situation und die mit dem Besuch der Schulungsveranstaltung verbundenen finanziellen Belastungen der Arbeitgeberin zu berücksichtigen. Allerdings ist ihr bei der Seminarauswahl ein Beurteilungsspielraum zuzugestehen.
Nur wenn mehrere gleichzeitig angebotene Veranstaltungen nach Ansicht der Interessenvertretung innerhalb dieses Beurteilungsspielraums als qualitativ gleichwertig anzusehen sind, kommt eine Beschränkung der Kostentragungspflicht der Arbeitgeberin auf die Kosten des preiswerteren Seminars in Betracht. Es hält sich derzeit innerhalb des Beurteilungsspielraums der Interessenvertretung, wenn sie selbst ein inhaltgleiches Webinar mit einer entsprechenden Präsenzveranstaltung nicht für qualitativ vergleichbar erachtet.
Die Einschätzung der Interessenvertretung, dass der "Lerneffekt“ im Rahmen einer Präsenzveranstaltung deutlich höher ist als bei einem Webinar, ist nicht zu beanstanden. Ein Austausch und eine Diskussion über bestimmte Themen sind bei einem Webinar in weitaus schlechterem Maße möglich als bei einer Präsenzveranstaltung. In-soweit stellt sich das Webinar eher als "Frontalunterricht“ dar, was wohl auch daran liegen dürfte, dass die Hemmschwelle, sich online an Diskussionen zu beteiligen, weitaus höher ist, als bei einem Präsenzseminar.
Quelle: Pressemitteilung LAG Düsseldorf vom 24.11.2022