Mitbestimmungsrecht bei der Kürzung der Vergütung des Betriebsratsvorsitzenden?

Blog – Vergütung BR

In dem hier vorgestellten Fall jedenfalls nicht. Dies entschied das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg v. 26.05.2023 – 2 BV 3/22. Doch nicht nur mit diesem Sachverhalt mussten sich die Stuttgarter Richter beschäftigen. Hier wartet noch eine weitere spannende Frage auf eine Beantwortung.

Das war passiert:

Es war einmal ein Schlosser, der viele Jahre treu für seine Arbeitgeberin arbeitete. Im Jahr 1994 wurde er außerdem in den Betriebsrat gewählt. Hier hatte er so viel zu tun, dass er sich 1998 freistellen ließ. Schließlich wurde er 2002 Vorsitzender des Gremiums.
Bis zu seiner Freistellung war der Schlosser mit entsprechender Vergütung nach dem bestehenden Haustarifvertrag eingruppiert. Ab dem Jahr 2006 wurde er dann als außertariflicher Angestellter geführt und bezahlt. Im März 2011 überließ ihm die Arbeitgeberin auch noch einen Dienstwagen mit privater Nutzungsmöglichkeit.
Für den Betriebsratsvorsitzenden hätte es gerne so weiter gehen können. Doch im Juni 2022 kürzte die Arbeitgeberin seine Vergütung und auch mit Dienstwagen zur privaten Nutzung war Schluss. Denn: Die Vergütung des Betriebsratsvorsitzenden müsse nach Auffassung der Arbeitgeberin anders ermittelt werden, nämlich auf Grundlage der Vergütungsentwicklung derjenigen Arbeitnehmer, die mit dem Betriebsratsvorsitzenden vor dessen Amtsantritt als Betriebsrat vergleichbar gewesen und gemäß den Regelungen des Haustarifvertrags eingruppiert seien. Die Kürzung geschah ohne Beteiligung des Betriebsrats, dem das natürlich nicht verborgen blieb. Seiner Meinung nach handele es sich bei der Maßnahme um eine Umgruppierung im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes, die ohne seine Mitwirkung nicht rechtswirksam sei. Vor dem Arbeitsgericht verlangte der Betriebsrat daher die Verpflichtung der Arbeitgeberin, die Zustimmung des Gremiums zur Umgruppierung des Betriebsratsvorsitzenden einzuholen und im Falle der Verweigerung der Zustimmung durch den Betriebsrat das gerichtliche Zustimmungsersetzungsverfahren einzuleiten.

So entschied das Gericht:

Sowohl die erste als auch die zweite Instanz wies den Antrag des Betriebsrats zurück. Nach Ansicht der Richter steht ihm kein Mitbestimmungsrecht zu und die Arbeitgeberin hatte ihn zu Recht nicht beteiligt. Denn: Der Betriebsratsvorsitzende übe aufgrund der Freistellung überhaupt keine Tätigkeiten aus, die in Anwendung einer einschlägigen kollektiven Vergütungsordnung im Sinne einer Eingruppierung bzw. Umgruppierung bewertet werden könnten. Die Ermittlung des Vergleichsentgelts und die hierauf erfolgte Vergütungskürzung beruhten vielmehr auf einer bloßen Durchschnittsberechnung der von anderen Arbeitnehmern bezogenen Vergütung.
Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Das Landesarbeitsgericht hat die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.

Praxishinweis

Da in diesem Verfahren nur darüber zu befinden war, ob dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht zusteht, mussten die Richter die Frage, ob die Arbeitgeberin berechtigt war, die Vergütung des Betriebsratsvorsitzenden zu kürzen, an dieser Stelle nicht entscheiden. Der Betriebsratsvorsitzende zog mit einer eigenen Klage vor Gericht und wendete sich gegen die von der Arbeitgeberin vorgenommene Vergütungskürzung und den Entzug des Dienstwagens mit Privatnutzungsmöglichkeit. Das Arbeitsgericht entschied nicht im Sinne unseres Vorsitzenden, der daraufhin Berufung beim Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg eingelegt hat. Dort liegt nun derzeit die Akte. Wir sind gespannt auf die Entscheidung und werden Sie informieren.

 

Quelle: Pressemitteilung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 26.05.2023

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