Mein Kind ist krank! Und jetzt? – 5 Fragen und Antworten für Arbeitnehmer

Blog – KW 38

Nicht jedes Elternpaar kann sich erlauben, dass Mama oder Papa rund um die Uhr bei ihrem Kind sind und nur einer von ihnen arbeiten geht. Die Realität sieht anders aus: Rund 70 % der Kinder leben in Familien, in denen beide Elternteile erwerbstätig sind. Doch was, wenn das Kind mal krank wird, vielleicht sogar ein paar Tage länger? Wie lässt sich hier Arbeit und Familie unter einen Hut bekommen?

Dürfen Eltern „frei machen“, wenn das Kind krank ist?

Ja! Arbeitnehmende Eltern dürfen auch spontan von der Arbeit fortbleiben, wenn das Kind krank wird und es keine andere Möglichkeit für eine anderweitige Versorgung gibt. Nach § 616 BGB ist das eine sogenannte „vorübergehende Arbeitsverhinderung“. Allerdings nicht beide Eltern gleichzeitig! Arbeiten beide in zeitlich gleichem Umfang, können sie grundsätzlich frei darüber entscheiden, wer die Betreuung des Kindes übernimmt und damit von der Arbeit fernbleibt.

Nach § 45 Abs. 3 SGB V kann ein Arbeitnehmer sich außerdem von der Arbeit wegen des kranken Kindes freistellen lassen. Hierfür ist allerdings erforderlich, dass das Kind das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet und der Arzt bescheinigt hat, dass eine Betreuung notwendig ist.

Wie lange darf das „Frei“ dauern?

Nach § 616 BGB besagt, dass der Arbeitnehmer von der Arbeit nur „für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“ fernbleiben darf. Was das genau heißt, ist im Gesetz nicht definiert – jedoch helfen uns hier Gesetzeskommentierungen und Rechtsprechungen weiter. So hat beispielsweise das Bundesarbeitsgericht 5 Tage als zulässig anerkannt (v. 5.8.2014 - 9 AZR 878/12).
Macht der Beschäftigte im Rahmen seiner gesetzlichen Krankenversicherung von seinem Recht auf Freistellung Gebrauch, so kann er maximal 10 Arbeitstage pro Kalenderjahr „frei machen“ (§ 45 Abs. 2 und 5 SGB V). Bei mehreren Kindern sind es bis zu 25 Arbeitstage pro Elternteil. Ist der Arbeitnehmer alleinerziehend, kann er bei einem Kind längstens 20 Arbeitstage, bei mehreren Kindern maximal 50 Arbeitstage frei machen.

Kann der Arbeitgeber kündigen, wenn das Elternteil nicht zu Arbeit kommt?

Grundsätzlich ja. Erscheint ein Arbeitnehmer ohne Grund nicht zur Arbeit, verletzt er seine Hauptleistungspflicht. Liegen die Voraussetzungen des § 45 Abs. 3 SGB V (Krankengeld bei Erkrankung eines Kindes) vor, ist eine Kündigung jedoch unberechtigt. Denn die Arbeitspflicht entfällt, wenn die kind- und betreuungsbezogenen Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 SGB V vorliegen.

Wird das Gehalt weitergezahlt?

Wie Juristen so gerne sagen: „Es kommt darauf an“. Grundsätzlich gilt zwar der Grundsatz „ohne Lohn keine Arbeit“. Aber schließlich gilt hier § 616 BGB. Danach verliert der Beschäftigte seinen Anspruch auf die Vergütung nicht, wenn er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Arbeit verhindert wird.

Macht der Arbeitnehmer im Rahmen seiner Krankenversicherung von seinem Recht auf Freistellung Gebrauch, so entfällt die Vergütung durch den Arbeitgeber. Stattdessen tritt ein Kinderkrankengeld an die Stelle der Vergütung. Das setzt aber voraus, dass das erkrankte Kind bei den gesetzlich versicherten Eltern mitversichert ist, mit ihnen in einem Haushalt lebt, das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder behindert und auf Hilfe angewiesen ist.
Die Höhe des Krankengeldes beträgt 70 % des regelmäßigen Einkommens, darf jedoch nicht mehr als 90 % des Nettoarbeitsentgelts betragen (§ 45 Abs. 2 SGBV).

Was kann der Betriebsrat tun?

Der Betriebsrat muss überwachen, dass sich der Arbeitgeber an Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen hält. Daraus entsteht allerdings kein Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber die zutreffende arbeitsrechtliche Vorschrift durchführt. Vor allem bei individuellen Leistungsansprüchen des Arbeitnehmers kann der Betriebsrat kein arbeitsgerichtliches Verfahren durchführen. Er kann und sollte den Arbeitnehmer jedoch beraten.

Stellt der Betriebsrat Rechtsverstöße des Arbeitgebers fest, hat er diesen darauf hinzuweisen und eine Lösung zu finden (BAG 28.5.2002- 1 ABR 32/01). Sofern keine Regelungssperre besteht, kann der Betriebsrat mit dem Arbeitgeber auch über eine Betriebsvereinbarung zum Thema verhandeln.

19. September 2023

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