Bereits im August haben wir in unserem Blog auf die heiß diskutierte Thematik hingewiesen und berichtet, dass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) nach dem für Aufsehen und Unsicherheit sorgenden Urteil des BGH eine Expertenkommission eingesetzt hat, die konkrete Regelungsvorschläge für eine Anpassung des Betriebsverfassungsgesetzes entwickeln sollte (https://www.aas-seminare.de/blog/blog-2023/reform-der-betriebsratsverguetung-geplant/). Diese wurden nun vorgestellt.
Die Expertenkommission
Das BMAS hatte zum 15. Mai 2023 eine dreiköpfige Kommission „Rechtssicherheit in der Betriebsratsvergütung“ unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Rainer Schlegel, Präsident des Bundessozialgerichts, eingesetzt. Weitere Mitglieder sind Ingrid Schmidt, die frühere Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts, und Prof. Dr. Gregor Thüsing, Universität Bonn*. Diese Kommission hatte den Auftrag, dem BAMS bis Anfang Juli 2023 einen Gesetzesvorschlag vorzulegen, der Rechtssicherheit bei der Bestimmung der Vergütung von Mitgliedern des Betriebsrates schafft.
Hintergrund
Die Mitglieder des Betriebsrats führen nach § 37 Abs. 1 BetrVG ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt. Das hier angelegte Ehrenamtsprinzip sichert ihre Unabhängigkeit. Zur Wahrung ihrer inneren und äußeren Unabhängigkeit dürfen die Mitglieder des Betriebsrats nach § 78 Satz 2 BetrVG wegen ihrer Tätigkeit nicht begünstigt und nicht benachteiligt werden. Dies gilt nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Gesetzes auch für ihre berufliche Entwicklung.
Das Ehrenamtsprinzip trägt entscheidend dazu bei, dass die vom Betriebsrat vertretenen Arbeitnehmer davon ausgehen können, dass die Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber nicht durch die Gewährung oder den Entzug materieller Vorteile für die Mitglieder des Betriebsrats beeinflussbar sind. Dieses Vertrauen soll gesichert und wieder gestärkt werden.
Entgeltgarantie nach § 37 Abs. 4 BetrVG
In § 37 Abs. 4 BetrVG ist geregelt, dass das Arbeitsentgelt von Mitgliedern des Betriebsrats einschließlich eines Zeitraums von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nicht geringer bemessen werden darf als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung. Diese Vorschrift soll sicherstellen, dass Mitglieder des Betriebsrats weder in wirtschaftlicher noch in beruflicher Hinsicht gegenüber vergleichbaren Arbeitnehmern mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung Nachteile erleiden.
Neu hinzu kommen sollen nun folgende Sätze, um die Vergleichbarkeit in einer Betriebsvereinbarung zu konkretisieren und bei beruflichen Veränderungen eine Neubestimmung zu ermöglichen.
„Die Vergleichbarkeit bestimmt sich nach dem Zeitpunkt der Übernahme des Betriebsratsamtes, soweit nicht ein sachlicher Grund eine spätere Neubestimmung verlangt. Arbeitgeber und Betriebsrat können in einer Betriebsvereinbarung ein Verfahren zur Festlegung vergleichbarer Arbeitnehmer regeln. Die Konkretisierung der Vergleichbarkeit in einer solchen Betriebsvereinbarung kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden; gleiches gilt für die Festlegung der Vergleichspersonen, soweit sie einvernehmlich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat erfolgt und in Textform dokumentiert ist.“
Benachteiligungsschutz nach § 78 Satz 2 BetrVG
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Mitgliedern der in § 78 Satz 1 BetrVG genannten Arbeitnehmervertretungen eine berufliche Entwicklung zu gewährleisten, die derjenigen entspricht, die sie ohne ihre Amtstätigkeit durchlaufen hätten. Ein Betriebsratsmitglied, das nur infolge der Amtsübernahme nicht in eine Position mit höherer Vergütung aufgestiegen ist, kann daher – bei entsprechendem Nachweis – den Arbeitgeber unmittelbar auf Zahlung der höheren Vergütung in Anspruch nehmen.
Diese Vorschrift soll nun wie folgt um einen Satz 3 ergänzt werden:
„Eine Begünstigung oder Benachteiligung liegt im Hinblick auf das Entgelt nicht vor, wenn das Mitglied der in Satz 1 genannten Vertretungen in seiner Person, die für deren Gewährung erforderlichen betrieblichen Anforderungen und der Kriterien erfüllt und die Festlegung nicht ermessenfehlerhaft erfolgt.“
Das heißt, es liegt keine strafbare Begünstigung vor, wenn das Betriebsratsmitglied die Kriterien und betrieblichen Anforderungen für ein bestimmtes Entgelt erfüllt.
So geht es weiter
Nach dem Vorschlag der Kommission bringt nun das Bundesarbeitsministerium nun eine entsprechende Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes auf den Weg. Wann das soweit ist, ist derzeit nicht absehbar. Wir halten Sie auf dem Laufenden.
Quelle: BMAS
*Übrigens: Prof. Dr. Gregor Thüsing ist bereits seit vielen Jahren Gastredner bei den Kongressen der aas und ist auch auf diesen beiden Veranstaltungen mit einem Vortrag vertreten: