Wie das Coronavirus die Betriebsratsarbeit trifft

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„Im Moment ist nur Abstand Ausdruck von Fürsorge“ so Angela Merkel in ihrer ernsten Fernseh-Ansprache am Mittwochabend. Am besten so viel Abstand, dass man erst gar nicht aufeinandertrifft. Und dank der fortschrittlichen Technologie in Form von Smartphones, Tablets, Skype, Zoom etc. haben wir heutzutage die Möglichkeit, gemeinsam an einem virtuellen Meetingtisch zu sitzen, auch wenn fast alle Kolleginnen und Kollegen inzwischen im Home-Office arbeiten bzw. eine Begegnung im Betriebsratszimmer vermieden werden soll. Doch sind Betriebsratssitzungen per Videokonferenz oder ähnlichem überhaupt zulässig? Kann ein Betriebsratsbeschluss auch außerhalb einer üblichen Sitzung erfolgen? Fragen, die noch nie so aktuell waren wie bisher.

Betriebsratssitzungen dürfen nicht „öffentlich“ sein

Im letzten Satz des § 30 BetrVG (Betriebsverfassungsgesetz) steht: Die Sitzungen des Betriebsrats sind nicht öffentlich. Eine Videokonferenz wäre mit diesem Prinzip nicht vereinbar. Denn es kann durch den eingeschränkten Fokus der Web-Kameras nicht verhindert werden, dass sich vielleicht doch noch andere Personen in dem Raum befinden, in dem das Betriebsratsmitglied am Bildschirm sitzt. Das Betriebsverfassungsgesetz und die herrschende Ansicht unter den Juristen sind hier ganz klar. Ausnahmen gelten lediglich für europäische Betriebsräte, die auf Seeschiffen fahren (Seebetriebsräte).Keine Ausnahmen bei der Beschlussfähigkeit

Eine weitere Herausforderung wartet in diesen Tagen auf den Betriebsrat, wenn es um seine Beschlussfähigkeit geht. Nach § 33 Abs 2 BetrVG ist er dies nämlich nur, wenn mindestens die Hälfte der Betriebsratsmitglieder an der Beschlussfassung teilnimmt. Was sehr schwierig werden kann, da viele Kollegen aus vielerlei Gründen nicht vor Ort sind (Home-Office, Quarantäne, krank, Kinderbetreuung). Im Falle einer „echten“ Verhinderung, kann ein Ersatzmitglied geladen werden, aber da herrscht im Zweifel derzeit ebenfalls Mangel. Eine Beschlussfassung im Umlaufverfahren wäre natürlich möglich, ist aber nach dem Gesetz nicht zulässig. Dies wäre ein Widerspruch zu § 33 Abs 1 BetrVG, der ausdrücklich die (persönliche und körperliche) Anwesenheit der Betriebsratsmitglieder verlangt, die an der Beschlussfassung teilnehmen. (Übrigens auch ein weiterer Aspekt, der gegen die Zulässigkeit von Videokonferenzen etc. spricht). Daher ist entsprechend eine fernmündliche, schriftliche, oder auf sonstigen elektronischen Wegen erfolgte Beschlussfassung rechtlich nicht haltbar.

Und jetzt?

Echt bitter, besonders in diesen Tagen, wo die Arbeit der Betriebsräte wichtiger ist denn je. Die Rechtslage gibt wenig Raum, einmal ein Auge zuzudrücken, damit der Betriebsrat funktionsfähig bleibt und gerade in solchen Situationen hinsichtlich personeller Maßnahmen auch kurzfristig zusammenkommen kann. Er könnte mit dem Arbeitgeber vereinbaren, dass seine in der Corona-Zeit gefassten Beschlüsse von diesem nicht gerichtlich angefochten werden und so eben doch Beschlüsse per Videokonferenz fassen. Aber möchte man sich darauf wirklich verlassen? Sprechen Sie trotzdem mit dem Arbeitgeber, ob alternative Wege der Beschlussfassung vereinbart werden können. Wer weiß, auf was für gute Ideen Sie gemeinsam kommen.

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