Neue Arbeitsverträge – mehr Aufklärung: Diese Änderungen gelten ab August 2022

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Am 31. Juli 2019 trat die europäische Arbeitsbedingungenrichtlinie über transparente und verlässliche Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union in Kraft. Anlass für den Erlass der Richtlinie sind die Veränderungen in der Arbeitswelt aufgrund der Digitalisierung. Die Arbeitswelt 4.0 hat zur Entstehung neuer Beschäftigungsformen geführt. Häufig stehen Arbeitnehmer bezüglich ihrer Schutzrechte in Ungewissheit. Die Richtlinie verfolgt das Ziel, neue und eindeutige Rechte für alle Arbeitnehmer zu schaffen. Arbeitsbedingungen sollen transparent gestaltet und Schutzlücken bei atypischen Arbeitsverhältnissen geschlossen werden.

Die Richtlinie im Überblick

Die Richtlinie erweitert in Art. 4 die sogenannten Nachweispflichten des Arbeitgebers, die in Deutschland zurzeit im Nachweisgesetz (NachwG) geregelt sind.

Über die Vorgaben des § 2 Abs. 1 S. 2 NachwG hinaus wird der Arbeitgeber verpflichtet, Arbeitnehmer ausführlich, frühzeitig und schriftlich über die vereinbarten Ruhezeiten, über die Dauer und die Bedingungen der Probezeit, bei Schichtarbeit über das Schichtsystem und die Modalitäten von Schichtänderungen, über die Vergütung von Überstunden, über die vom Arbeitgeber bereitgestellten Fortbildungen sowie über die Identität des Sozialversicherungsträgers, die Sozialbeiträge und ein ggf. vom Arbeitgeber gewährten Sozialversicherungsschutz zu unterrichten. Zudem müssen Leiharbeitnehmer über die Identität des entleihenden Unternehmens informiert werden.

Außerdem sieht die Arbeitsbedingungenrichtlinie vor, dass der Arbeitgeber über das bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses vom beiden Arbeitsvertragsparteien einzuhaltende Verfahren zu informierten hat. Arbeitgeber müssen zukünftig über die formellen Anforderungen und die Länge der Kündigungsfristen bzw. über die Modalitäten der Kündigungsfristen aufklären.

Bei flexiblen Arbeitsmodellen muss der Arbeitgeber Arbeitnehmern nicht nur den Grundsatz mitteilen, dass der Arbeitsplan variabel ist, sondern sie auch über die Anzahl der garantierten bezahlten Stunden, über die Vergütung für Überstunden sowie über die angemessenen Mindestankündigungsfristen vor Beginn des Arbeitsauftrags aufklären. Hält sich der Arbeitgeber nicht an die Fristen, dürfen Arbeitnehmer mit flexiblen Arbeitszeiten den Arbeitsauftrag ablehnen (Art. 10).

Neu ist ebenfalls, dass der Arbeitgeber den Beschäftigten diese Informationen in elektronischer Form zur Verfügung stellen darf (Art. 3). Außerdem müssen die Informationen nun zwischen dem ersten und spätestens dem siebten Kalendertag bereitgestellt werden (Art. 5). Damit muss der Arbeitgeber seinen Nachweispflichten früher nachkommen.

Zudem sieht die Richtlinie in Art. 9 vor, dass der Arbeitgeber Arbeitnehmern weder verbieten darf, außerhalb des mit ihm festgelegten Arbeitsplans ein Arbeitsverhältnis mit anderen Arbeitgebern aufzunehmen, noch sie benachteiligen darf, falls sie dies tun. Vertragliche Verbote von Nebentätigkeiten sind also unzulässig. Ausnahmen aus Gründen der Gesundheit und der Sicherheit, zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen, der Integrität des öffentlichen Dienstes oder zur Vermeidung von Interessenkonflikten bleiben möglich.

Zu beachten ist, dass die Richtlinie nicht nur für neu abgeschlossene Arbeitsverträge gilt. Bei bestehenden Arbeitsverhältnissen hat der Arbeitgeber auf Verlangen der Beschäftigten innerhalb von sieben Tag die grundlegenden Informationen, die übrigen Informationen innerhalb eines Monats, schriftlich mitzuteilen.

Umsetzung in Deutschland

Der deutsche Gesetzgeber muss die Richtlinie bis zum 31.07.2022 in das deutsche Recht umsetzen. Erst mit der Umsetzung in das deutsche Recht gelten die Pflichten für Arbeitgeber. Am 12. Mai 2022 hat der Bundestag erstmals über den Gesetzesentwurf der Bundesregierung beraten. Dieser sieht zahlreiche Änderungen im Nachweisgesetz vor. Aus dem Entwurf geht bisher jedoch nicht eindeutig hervor, in welchem Umfang über das sehr ausführliche deutsche Kündigungsverfahren aufzuklären ist. Ausdrücklich vorgesehen ist, dass Arbeitgeber über das Schriftformerfordernis, die Kündigungsfristen sowie die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage (§ 7 KschG) informieren müssen. Unklar ist jedoch, ob die Informationspflicht sich ebenfalls auf die Anhörung des Betriebsrats vor Ausspruch der Kündigung (§ 102 BetrVG) oder die Zustimmung des Integrationsamts vor der Kündigung schwerbehinderter Menschen (§ 168 SGB IX) bezieht. Zurzeit befindet sich der Entwurf zur weiteren Beratung im Ausschuss für Arbeit und Soziales. Über die weiteren Entwicklungen werden wir Sie informieren. (OS)

09. Juni 2022

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