#MeToo – Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz

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Seit Bekanntwerden der sexuellen Übergriffe von Filmproduzenten in Hollywood ist die #MeToo-Debatte auch in Deutschland ein aktuelles, gesellschaftliches Thema. Jeder elfte Beschäftigte erlebte in den letzten drei Jahren sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz, so eine Studie der Antidiskriminierungsstelle des Bundes aus dem Jahr 2019. Frauen sind dabei mehrheitlich betroffen. Doch auch Männer, Trans- und Homosexuelle erlebten im Arbeitsverhältnis sexuelle Belästigung. Betroffene Personen empfinden häufig Scham und Angst. Sie sind verunsichert, wie sie sich verhalten sollen. Krankschreibungen sowie Eigenkündigungen scheinen oft der letzte Ausweg zu sein. Daher sind beim Thema #MeToo der Arbeitgeber und der Betriebsrat gefordert. Sie müssen sexuelle Belästigung erkennen und die betroffenen Arbeitnehmer unterstützen.

Was ist sexuelle Belästigung?

Sexuelle Belästigung beginnt nicht erst bei unangemessenen körperlichen Berührungen und Übergriffen. Sie setzt nicht die Anwendung physischer Gewalt voraus. Aufdringliche WhatsApp-Nachrichten, anstößige Witze und Kommentare sowie anzügliche Blicke überschreiten eine Grenze, welche ein Handeln des Arbeitgebers und des Betriebsrats erforderlich machen. Dies ergibt sich aus § 3 Abs. 4 AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz), der eine sexuelle Belästigung als ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten definiert, welches bezweckt oder bewirkt, die Würde der betreffenden Person zu verletzen. Im Arbeitsverhältnis verbietet das AGG also jede Form der sexuellen Belästigung, unabhängig vom Schweregrad und einer möglichen Strafbarkeit.

Schutzpflicht des Arbeitgebers und Pflichten des Betriebsrats

Die Vorschrift des § 12 AGG verpflichtet Arbeitgeber, Arbeitnehmer vor sexueller Belästigung zu schützen. Zur Schutzpflicht des Arbeitgebers gehört neben der Prävention (§ 12 Abs. 2 AGG) ebenfalls die angemessene Reaktion auf bereits erfolgte sexuelle Belästigungen (§ 12 Abs. 3 AGG). Damit ist der Arbeitgeber zum Handeln aufgefordert: Er muss die belästigende Person zum Beispiel kündigen oder versetzen. Ergreift er keine oder unzureichende Schutzmaßnahmen, dürfen Betroffene die Arbeitsleistung bei voller Lohnzahlung verweigern (§ 14 AGG). Unter Umständen steht ihnen zudem ein Anspruch auf Schadensersatz (§ 15 Abs. 1 AGG) und/oder Entschädigung (§15 Abs. 2 AGG) zu.

Außerdem muss der Arbeitgeber eine Beschwerdestelle einrichten, bei der sich Beschäftigte im Falle einer sexuellen Belästigung beschweren können (§ 13 AGG). Als eine solche Beschwerdestelle kann auch der Betriebsrat agieren. Nach §§ 84, 85 BetrVG können sich betroffene Arbeitnehmer direkt an den Betriebsrat wenden. Der Betriebsrat ist gemäß § 75 BetrVG verpflichtet, Arbeitnehmer vor sexueller Belästigung zu schützen. Er kann beim Arbeitgeber auf Abhilfe hinwirken, indem er zum Beispiel nach § 104 BetrVG die Versetzung oder Entlassung des belästigenden Arbeitnehmers verlangt.

Aktuelle Entscheidungen der Arbeitsgerichte

Ob die Reaktion des Arbeitgebers im Einzelfall verhältnismäßig ist, beschäftigt häufig die Arbeitsgerichte. In einem vom LAG Hamm kürzlich entschiedenen Fall (LAG Hamm vom 23.02.2022 – 10 Sa 492/21) warfen drei Mitarbeiterinnen ihrem Vorgesetzen vor, sie mehrfach sexuell belästigt zu haben, woraufhin ihm ohne vorherige Abmahnung gekündigt wurde. Das Gericht entschied, dass die Kündigung ohne vorherige Abmahnung unwirksam war. Es gebe keinen „Automatismus“, dass jede sexuelle Belästigung eine fristlose Kündigung ohne Abmahnung nach sich ziehen könnte, so die Richter.

In einem vom BAG entschiedenen Fall (BAG, Urt. v. 20.5.2021 – 2 AZR 596/20) wurde einem Arbeitnehmer von einem anderen Beschäftigten während der Arbeitszeit und vor den Augen der anderen Mitarbeiter die Arbeits- und Unterhose heruntergezogen. Nach Auffassung der Richter kann hierin ein sexueller Übergriff nach § 3 Abs. 4 AGG liegen. Zudem wird das Recht des Einzelnen auf Selbstbestimmung, wem gegenüber und in welcher Situation man sich unbekleidet zeigen möchte, verletzt. Die Pflichtverletzung kann aufgrund ihrer Schwere unter Umständen eine fristlose Kündigung rechtfertigen.

Welche weiteren Konsequenzen im Falle von sexueller Belästigung drohen und welche Handlungsoptionen der Betriebsrat hat, erfahren Sie in unserem Spezialseminar ,,#MeToo – Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz‘‘.

07. September 2022

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