Der neue Koalitionsvertrag: Geplante Änderungen im Arbeitsrecht

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Seit Ende letzten Jahres hat sich die neue Regierung auf einen Koalitionsvertrag geeinigt. Auch für das Arbeitsrecht sind einige Neuerungen vorgesehen. Ziel ist die Gestaltung einer modernen Arbeitswelt, die berufliche Chancen ermöglicht sowie Sicherheit und Flexibilität in Einklang bringt. Von der Fortentwicklung der Mitbestimmung über die Erhöhung des Mindestlohns bis hin zu Flexibilisierungen bei der Arbeitszeit: Wir haben die wichtigsten Ziele für Sie zusammengefasst.

Weiterentwicklung der Mitbestimmung

Betriebsräte sollen künftig selbstbestimmt entscheiden, ob sie analog oder digital arbeiten. Im Rahmen der verfassungsrechtlich gebotenen Maßstäbe sind sogar Online-Betriebsratswahlen in einem Pilotprojekt geplant. (Siehe hierzu auch unser Blog-Beitrag vom 19. Januar 2022 https://www.aas-seminare.de/service/aas-aktuell/betriebsratswahl/online-wahlen-zulaessig.html Gewerkschaften sollen auch digital den Betrieb betreten dürfen.

Die Behinderung der Betriebsratsarbeit wird künftig als Offizialdelikt eingestuft und soll dementsprechend von Amts wegen als Straftat verfolgt werden.

Eine Angleichung des kirchlichen Arbeitsrechts an das staatliche Arbeitsrecht wird geprüft.

Die Unternehmensmitbestimmung soll weiterentwickelt werden, sodass es nicht mehr zur vollständigen Mitbestimmungsvermeidung beim Zuwachs von SE-Gesellschaften kommen kann (Einfriereffekt).

Arbeits- und Gesundheitsschutz

Der hohe Arbeits- und Gesundheitsschutz in der sich wandelnden Arbeitswelt wird erhalten und den neuen Herausforderungen angepasst. Insbesondere der psychischen Gesundheit soll sich intensiv gewidmet und ein Mobbing-Report erarbeitet werden. Vor allem kleine und mittlere Unternehmen werden bei der Prävention und Umsetzung des Arbeitsschutzes unterstützt. Das betriebliche Eingliederungsmanagement wird gestärkt.

Arbeitszeit

Um auf die Veränderungen in der Arbeitswelt zu reagieren, sollen flexible Arbeitszeitmodelle ermöglicht werden. Am Grundsatz des 8-Stunden-Tages im Arbeitszeitgesetz wird zwar festgehalten, es soll jedoch eine begrenzte Möglichkeit zur Abweichung von den derzeit bestehenden Regelungen des Arbeitszeitgesetzes hinsichtlich der Tageshöchstarbeitszeit geschaffen werden.

Eine Verschärfung der (europarechtlich geforderten) Arbeitszeitdokumentation wird geprüft.

Homeoffice und Mobile Arbeit

Homeoffice wird als eine Möglichkeit der Mobilen Arbeit rechtlich von den gesetzlichen Vorgaben für Telearbeit und dem Geltungsbereich der Arbeitsstättenverordnung abgegrenzt. Stattdessen werden zur gesunden Gestaltung des Homeoffice sachgerechte und flexible Lösungen erarbeitet.

Beschäftigte in geeigneten Tätigkeiten erhalten einen Erörterungsanspruch über mobiles Arbeiten und Homeoffice. D.h. Arbeitgeber können dem Wunsch der Beschäftigten nur dann widersprechen, wenn betriebliche Belange entgegenstehen. Eine Ablehnung darf nicht sachfremd oder willkürlich sein. Für abweichende tarifvertragliche und betriebliche Regelungen muss jedoch Raum bleiben. Mobile Arbeit soll EU-weit unproblematisch möglich sein.

Befristungen

Befristete Arbeitsverhältnisse sind weiterhin zulässig. Bei den sachgrundlosen Befristungen wird es allerding vermutlich zu Beschränkungen kommen. Um Kettenbefristungen zu vermeiden, wird die Höchstdauer bei einem Arbeitgebenden auf sechs Jahre begrenzt. Ausnahmen sind nur sehr selten möglich.

Weiterbildung

Bildungs- und Arbeitsmarktpolitik sollen besser aufeinander abgestimmt werden, zahlreiche Fördermöglichkeiten sind vorgesehen.

Geplant ist auch ein an das Kurzarbeitergeld angelehntes Qualifizierungsgeld. Voraussetzung dafür sind Betriebsvereinbarungen.

Neu ist darüber hinaus das Vorhaben, das Beschäftigte finanziell unterstützt, um einen Berufsabschluss nachzuholen oder sich beruflich neu zu orientieren. Voraussetzung dafür ist eine Vereinbarung zwischen Arbeitgebenden und Beschäftigten.

Der Zugang zu Bildungs- und Beratungsangeboten sowie Förderinstrumenten soll übersichtlicher werden.

Mindestlohn und Mini-/Midi-Jobs

Seit dem 1. Januar 2022 ist der gesetzliche Mindestlohn auf EUR 9,82 brutto pro Arbeitsstunde gestiegen. Ab Juli 2022 wird dieser weiter auf EUR 10,45 brutto pro Arbeitsstunde steigen. Darüber hinaus hat die neu gewählte Regierung angekündigt, dass es in Zukunft eine weitere Erhöhung auf EUR 12,00 geben wird. Im Niedriglohnsektor steht die Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro pro Stunde vor der Tür.

Künftig orientiert sich die Mini-Job-Grenze an einer Wochenarbeitszeit von 10 Stunden zu Mindestlohnbedingungen. Sie wird dementsprechend mit Anhebung des Mindestlohns auf 520 Euro erhöht.

Ferner soll die Midi-Job-Grenze auf EUR 1.600 steigen.

Arbeitnehmerüberlassung

Das bestehende Recht soll mit Blick auf „gute und faire Arbeitsbedingungen“ überprüft und verbessert werden.

Link zum Koalitionsvertrag

https://www.bundesregierung.de/resource/blob/974430/1990812/04221173eef9a6720059cc353d759a2b/2021-12-10-koav2021-data.pdf?download=1

11. Februar 2022

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