Der Betriebsrat hat bei der Ausgestaltung eines Besuchskonzepts für ein Krankenhaus während der SARS-CoV-2-Pandemie mitzubestimmen. Dies hat das Landesarbeitsgericht Köln am 22.01.2021 (9 TaBV 58/20) entschieden. Was im Einzelnen geschah, lesen Sie hier:
Der Sachverhalt
Die Arbeitgeberin betreibt ein Krankenhaus und hatte im Zuge der Corona-Pandemie ein System zur Dokumentation des Zutritts und Aufenthalts betriebsfremder Personen auf dem Klinikgelände eingeführt – allerdings ohne den bei ihr gebildeten Betriebsrat zu beteiligen. Dieser war nun der Ansicht, dass durch diese Vorgehensweise sein Mitbestimmungsrecht verletzt worden sei. Eigentlich eine Sache für die Einigungsstelle, § 76 BetrVG. Doch die Arbeitgeberin war nicht bereit, die Frage, ob ein Mitbestimmungsrecht bestehe, durch eine solche klären zu lassen. Der Betriebsrat jedoch wollte eine Entscheidung und stellte beim Arbeitsgericht den Antrag auf Einsetzung einer Einigungsstelle. Das Arbeitsgericht entsprach dem Antrag. Daraufhin legte die Arbeitgeberin Beschwerde gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts beim Landesarbeitsgericht (LAG) Köln ein. Ohne Erfolg!
Die Entscheidung
Das LAG Köln entschied im Sinne des Betriebsrats. Es wies die Beschwerde der Arbeitgeberin zurück und bejahte ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG. Mit folgender Begründung:
Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bezieht sich bei betrieblichen Regelungen über den Gesundheitsschutz auf Maßnahmen des Arbeitgebers zur Verhütung von Gesundheitsschäden, die Rahmenvorschriften konkretisieren. Eine solche Rahmenvorschrift ist auch § 5 Abs. 1 Coronaschutzverordnung NRW, so die Richter. Danach muss das Krankenhaus die erforderlichen Maßnahmen treffen, um den Eintrag von Coronaviren zu erschweren. Besuche sind (nur) auf der Basis eines einrichtungsbezogenen Besuchskonzepts zulässig, das die Empfehlungen und Richtlinien des Robert-Koch-Instituts zum Hygiene- und Infektionsschutz umsetzt.
Entscheidet sich der Krankenhausträger für die Zulassung von Besuchen, trifft ihn nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts die entsprechende Verpflichtung zum Gesundheitsschutz auch gegenüber seinen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Für die Umsetzung der Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts bestehe ein Gestaltungsspielraum, der das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats eröffne.
Die Entscheidung ist rechtskräftig.
Praxistipp
Die Mitbestimmungsrechte aus § 87 BetrVG gehören zu den stärksten Beteiligungsmöglichkeiten, die der Betriebsrat hat. Sie werden auch als „Initiativrechte“ bezeichnet. Das heißt, dass der Betriebsrat von sich aus aktiv werden kann, wenn der Arbeitgeber untätig bleibt. Genauso umgekehrt: Ordnet der Arbeitgeber Maßnahmen an, die dem Gesundheitsschutz widersprechen, kann der Betriebsrat Unterlassung verlangen und diese zur Not mit Hilfe einer Unterlassungsklage durchsetzen.
Quelle: Pressemitteilung LAG Köln vom 22.01.2021