70 Jahre Betriebsverfassungsgesetz

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Seit 70 Jahren regelt das Betriebsverfassungsgesetz die Mitbestimmung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in betrieblichen Angelegenheiten, die sie unmittelbar an ihrem Arbeitsplatz betreffen. Änderungen und Anpassungen haben immer wieder stattgefunden. Doch es geht noch mehr.

Seit Bestehen des Gesetzes wurde die betriebliche Mitbestimmung immer wieder weiterentwickelt und an die Anforderungen ihrer Zeit (z.B. Digitalisierung) angepasst – zuletzt erst 2021 durch das Betriebsrätemodernisierungsgesetz. Die Reform des Betriebsverfassungsgesetzes war bitter nötig – denn die Arbeitswelt entwickelt sich rasant weiter. Aufgrund des digitalen Wandels verändern sich die Anforderungen der Beschäftigten an selbstbestimmtes Arbeiten, Flexibilität und Mobilität. Durch die Schaffung des neuen Mitbestimmungstatbestandes des § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG (,,Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird) wurde die Mitbestimmung in den Themen Homeoffice und mobiles Arbeiten erstmals geregelt. Ebenfalls wurde es Betriebsräten ermöglicht, Sitzungen mittels Video- und Telefonkonferenzen durchzuführen. Der Abschluss von Betriebsvereinbarungen ist nun unter Nutzung einer qualifizierten elektronischen Signatur möglich. Auch in Hinblick auf den Einsatz von Künstlicher Intelligenz wurden die Mitspracherechte des Betriebsrats verbessert.

Doch die Veränderungen in der Arbeitswelt bleiben nicht bei der Digitalisierung stehen. Die aktuellen energiepolitischen Herausforderungen und die Transformation zu einer klimaneutralen Wirtschaft erfordern eine wirkungsvolle betriebliche Mitbestimmung. So betonte Bundeskanzler Olaf Scholz in seiner Festrede zum 70. Jubiläum des Gesetzes: ,,Ein Blick in die Vergangenheit lehrt, das Unternehmen mit Betriebsräten besser durch Krisenzeiten kommen. Deutschland brauche deshalb gerade jetzt, in Zeiten des Umbruchs, eine starke betriebliche Mitbestimmung. [..] Die betriebliche Mitbestimmung selbst ist ein Ausdruck gelebter Demokratie.‘‘

Dafür muss das Betriebsverfassungsgesetz auch zukünftig an die gesamtgesellschaftlichen Herausforderungen angepasst und krisenfest gemacht werden. Denn nur durch eine Mitbestimmung, die auf der Höhe der Zeit ist, werden die Arbeitnehmerinteressen effektiv vertreten.

Die Zukunftsfähigkeit der Mitbestimmung soll laut Scholz u.a. dadurch gesichert werden, dass eine Behinderung der Mitbestimmung künftig ohne Strafantrag verfolgt werden kann. Damit könnte die Justiz zukünftig die Beeinflussung oder Behinderung von Betriebsratswahlen, die Störung der Tätigkeit des Betriebsrats sowie die Benachteiligung von Betriebsratsmitgliedern bereits von Amts wegen strafrechtlich verfolgen. Hierdurch sollen Betriebsratsmitglieder vor arbeitgeberseitigem Druck und Repressalien geschützt werden. Außerdem soll Gewerkschaften ein digitales Zugangsrecht zustehen, um die Arbeitnehmer auf digitalem Wege erreichen zu können, zum Beispiel über das Intranet oder per E-Mail.

Diese Gesetzesvorhaben mögen zwar ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung sein. Das ändert jedoch nichts daran, dass das Betriebsverfassungsgesetz in seiner aktuellen Fassung die betriebliche Mitbestimmung in zentralen gesellschaftlichen Themen nur lückenhaft regelt.

So fehlen im Betriebsverfassungsgesetz Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats beim betrieblichen Umwelt- und Klimaschutz. Auch beim betrieblichen Datenschutz fehlt ein Mitspracherecht des Betriebsrats. Gleiches gilt für die Entgeltgerechtigkeit.

Antworten auf diese bedeutsamen Fragen sollten im Betrieb in Zusammenarbeit mit den Betriebsräten getroffen werden. Daher wird es auch in Zukunft notwendig sein, dass Betriebsverfassungsgesetz zu modernisieren. Denn nur, wenn Betriebsräte in wesentlichen Fragestellungen mitbestimmen können, kann betriebliche Mitbestimmung tatsächlich ein ,,Ausdruck gelebter Demokratie‘‘ sein.

23. November 2022

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