Arbeitnehmer
Kommentar zu § 5 BetrVG
Arbeitnehmer im Sinne des BetrVG
Wer im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes als Arbeitnehmer anzusehen ist, wird in § 5 BetrVG beschrieben. Diese Frage ist deshalb von Bedeutung, weil sich aus der Zahl der Arbeitnehmer ergibt, wie groß der zu wählende Betriebsrat sein muss und wer wahlberechtigt ist.
Da der Betriebsrat für die Arbeitnehmer des Betriebs zuständig ist, ist natürlich auch hier die Frage wichtig, wer als Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes gilt.
Vereinfacht gesagt, zählen alle Personen zu dem Kreis der Arbeitnehmer, die bei dem Arbeitgeber abhängig beschäftigt sind, in die Betriebsorganisation eingegliedert sind, dem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegen und mit anderen Beschäftigten mit den Arbeitsmitteln des Arbeitgebers am Betriebszweck mitarbeiten.
Allerdings gehören bestimmte Personen ausdrücklich nicht zu den Arbeitnehmern, z. B.
- der Ehegatte / die Ehegattin des Inhabers,
- in häuslicher Gemeinschaft mit dem Inhaber lebende Verwandte ersten Grades
- und andere (mehr dazu hier „Kein Arbeitnehmer ist“).
Ebenso zählen leitende Angestellte nicht zum Kreis der Arbeitnehmer im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes.
Wer als leitender Angestellter gilt, siehe hier (leitende Angestellte).
Der Arbeitnehmerbegriff
Der Begriff des „Arbeitnehmers“ im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes unterscheidet sich von der üblichen Definition des Arbeitnehmers – er reicht weiter.
Um als Arbeitnehmer im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes an der Bildung von Betriebsräten teilnehmen zu können, kommt es auf das Vertragsverhältnis nicht an. Darum zählen eben nicht nur Personen mit, die einen Arbeitsvertrag mit dem Arbeitgeber haben.
Vielmehr zählen auch Personen mit, die in den Betrieb eingegliedert sind, dort ihre Arbeitsanweisungen erhalten und mit den vom Arbeitgeber gestellten Arbeitsmitteln tätig werden.
Auf den Umfang der Tätigkeit kommt es nicht an. Auch kurzfristige Aushilfen sind Arbeitnehmer.
Arbeitnehmer im Sinne des BetrVG sind z. B.:
- Auszubildende und Praktikanten
- Aushilfen
- Minderbeschäftigte (Mini-Job)
- Teilzeitbeschäftigte
- Leiharbeitnehmer (siehe unten)
- Beschäftigte in Elternzeit
- In Heimarbeit Beschäftigte (die überwiegend für den Betrieb arbeiten) usw.
Bestehen Meinungsverschiedenheiten darüber, ob jemand als Arbeitnehmer anzusehen ist, kann ein arbeitsgerichtliches Beschlussverfahren durchgeführt werden.
Leiharbeitnehmer
Leiharbeitnehmer sind zumindest teilweise als Arbeitnehmer anzusehen. Der Betriebsrat ist z. B. für diese beschäftigten Personen zuständig – die im Betrieb bestehenden Betriebsvereinbarungen (siehe § 77 BetrVG) gelten auch für sie.
Beispiele:
- Bei der Einstellung (Eingliederung) in den Betrieb, muss der Betriebsrat beteiligt werden (§ 99 BetrVG)
- Die Mitbestimmung bzw. die Vereinbarungen bei Dienstplänen, der Arbeitszeitregelungen (§ 87 BetrVG) usw. gelten auch für Leiharbeitnehmer
- Leiharbeitnehmer können die Sozialeinrichtungen nutzen und an Betriebsversammlungen teilnehmen (siehe auch § 14 AÜG).
- Leiharbeitnehmer spielen bei der Größe des zu wählenden Betriebsrats eine Rolle und sie können teilweise mitwählen (Näheres siehe § 14 AÜG, § 7 BetrVG und § 9 BetrVG)
Sonderfall: Beamte, Soldaten und Beschäftigte des öffentlichen Dienstes
Auch sie können unter das BetrVG und damit unter die Zuständigkeit des Betriebsrats fallen, wenn sie zur Beschäftigung in einem privatwirtschaftlichen Unternehmen tätig sind (z. B. „abgeordnet“ sind). Dieser eher seltene Fall kommt vor, wenn öffentliche Dienstleistungsunternehmen privatisieret werden (Bahnbetriebe, Flugsicherung oder andere).
Praktisch bedeutet das, dass Angehörige dieses Personenkreises mit allen Rechten an der Betriebsratswahl teilnehmen, also das aktive und passive Wahlrecht haben, sofern sie leitende Angestellte im Sinne § 5 Abs. 3 BetrVG sind.
Es gibt aber auch im Betrieb Tätige, die nicht als Arbeitnehmer gelten. Mehr dazu hier!
Kein Arbeitnehmer ist…
Nicht jeder, der in einem Betrieb eine Tätigkeit ausübt, gilt als Arbeitnehmer im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes. Weder können diese Personen an der Betriebsratswahl teilnehmen, noch ist ein gewählter Betriebsrat für sie zuständig.
Zu diesen Personen gehören:
- Ist der Besitzer eines Betriebs eine „juristische Person“ (z. B. eine Stiftung), wird der Betrieb nach außen hin z. B. von einem Vorstand oder von Geschäftsführern vertreten, gelten diese nicht als Arbeitnehmer im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes.
- Das Gleiche gilt für Betriebe, die natürlichen Personen (oder Gruppen) gehören, z. B. Handelsgesellschaften. Die Personen, die für die Vertretung des Betriebs nach außen berufen werden, sind ebenfalls keine Arbeitnehmer im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes.
- Beschäftigte, die aus karitativen oder religiösen Gründen arbeiten – also nicht in erster Linie, um Geld zu verdienen. Dazu zählen z. B. Mönche und Ordensschwestern, wenn sie innerhalb ihrer Organisation tätig sind.
- Beschäftigte, die vor allem deshalb tätig werden, um von einer Krankheit geheilt zu werden (z. B. Arbeitstherapie für psychisch Kranke) oder wenn die Beschäftigung der Wiedereingliederung oder Erziehung dienen soll (z. B. Ausbildung und Arbeit für Strafgefangene).
- Der Ehegatte/die Ehegattin des Arbeitgebers (auch im Fall eingetragener gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften); außerdem enge Verwandte und Verschwägerte ersten Grades – aber nur, wenn sie im Haushalt des Arbeitgebers wohnen.
Auch Menschen, die auf Grund eines Werkvertrags im Betrieb tätig werden, gelten nicht als Arbeitnehmer im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes.
Gerade die Beschäftigung auf Werksvertragsebene hat in vielen Betrieben in letzter Zeit stark zugenommen. Entscheidend für die Frage „Arbeitnehmer, ja oder nein“ – und damit die Frage, ob der Betriebsrat zuständig ist, bzw. diese Personen das aktive und passive Wahlrecht haben – ist die tatsächliche Situation im Betrieb.
Oft kann zwischen Leiharbeit (Beschäftigte sind u. a. im Betrieb eingegliedert und erhalten Weisungen usw.) und Werkvertrag (Beschäftigte erhalten keine Weisungen und sind nicht im Betrieb eingegliedert usw.) auf den ersten Blick kaum unterschieden werden.
Der Betriebsrat sollte zur Klärung dieser Fragen von seinem Recht Gebrauch machen und sich die Verträge vorlegen lassen, die zur Beschäftigung dieser Personen führen (siehe § 80 Abs. 2 BetrVG). Außerdem hat der Betriebsrat ein Informations- und Beratungsrecht über fremdbeschäftigte Personen aus § 92 BetrVG.
Leitende Angestellte
Leitende Angestellte gehören nicht zu den Arbeitnehmern im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes. Der Betriebsrat ist für sie nicht zuständig und sie sind auch nicht wahlberechtigt bzw. wählbar.
Aber:
Nicht jeder, der eine Leitungsaufgabe im Betrieb hat, ist leitender Angestellter. Auch Beschäftigte mit Führungsaufgaben gelten als Arbeitnehmer im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes.
Unter leitende Angestellte im Sinne des § 5 BetrVG meint man Beschäftigte, die auf Grund ihrer Aufgaben und Tätigkeiten dem Arbeitgeberlager näher stehen, als den Arbeitnehmern. In der betrieblichen Praxis sind dies nur ganz wenige Personen.
Als leitende Angestellte gelten:
- Einstellungs- und Entlassungsbefugnis
Wer ohne Rücksprache mit einer „höheren Instanz“ im Betrieb eigenständig Einstellungen und Entlassungen vornehmen kann, also auch Arbeitsstellen eigenverantwortlich schaffen und abbauen kann (z. B. der Personalchef – aber nicht der Personalreferent). - Prokura, Generalvollmacht
Nicht jeder Prokurist ist auch gleich leitender Angestellter. Leitender Angestellter ist, wer „Generalvollmacht und Prokura“ und somit echte Vollmachten zur Unternehmensleitung inne hat. - Unternehmeraufgaben
Leitender Angestellter ist, wer quasi als Unternehmer tätig wird. Seine Aufgaben liegen darin, den Fortbestand und die Entwicklung des Betriebs zu betreiben und zwar weitgehend frei von Weisungen und unter dem Einsatz spezieller unternehmerischer Kenntnisse.
In größeren Unternehmen, in denen naturgemäß die Zahl der leitenden Angestellten höher ist, können diese eine eigene Interessenvertretung wählen (siehe Sprecherausschussgesetz).
Natürlich ist es häufig strittig, wer leitender Angestellter ist oder nicht. Insbesondere bei der Aufstellung der Wählerliste für die Betriebsratswahl spielt diese Frage eine Rolle.
Im Streitfall sollte diese Frage in einem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren geklärt werden. Möglicherweise muss dann auf die im § 5 Abs. 4 BetrVG aufgeführten Klarstellungen zurückgegriffen werden, die „im Zweifel“ gelten (aber durchaus in Fachkreisen umstritten sind, da die Regelungen oft neue Zweifel aufkommen lassen).
Demnach ist im Zweifel leitender Angestellter, wer:
- bei früheren Wahlen (z. B. den Betriebsratswahlen) oder durch frühere gerichtlicher Entscheidung den leitenden Angestellten zugeordnet wurde
- einer Leitungsebene angehört, auf der in dem Unternehmen überwiegend leitende Angestellte vertreten sind – oder
- so viel verdient, wie leitende Angestellte in dem Betrieb üblicherweise verdienen; bzw. mindestens das Dreifache der Bezugsgröße nach § 18 SGB IV.
Fragen zu diesem Kommentar
§ 5 - Arbeitnehmer
Arbeitnehmer (Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer) im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, unabhängig davon, ob sie im Betrieb, im Außendienst oder mit Telearbeit beschäftigt werden. Als Arbeitnehmer gelten auch die in Heimarbeit Beschäftigten, die in der Hauptsache für den Betrieb arbeiten. Als Arbeitnehmer gelten ferner Beamte (Beamtinnen und Beamte), Soldaten (Soldatinnen und Soldaten) sowie Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, die in Betrieben privatrechtlich organisierter Unternehmen tätig sind.
Als Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes gelten nicht
1. in Betrieben einer juristischen Person die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist;
2. die Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft oder die Mitglieder einer anderen Personengesamtheit, soweit sie durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit oder zur Geschäftsführung berufen sind, in deren Betrieben;
3. Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient, sondern vorwiegend durch Beweggründe karitativer oder religiöser Art bestimmt ist;
4. Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient und die vorwiegend zu ihrer Heilung, Wiedereingewöhnung, sittlichen Besserung oder Erziehung beschäftigt werden;
5. der Ehegatte, der Lebenspartner, Verwandte und Verschwägerte ersten Grades, die in häuslicher Gemeinschaft mit dem Arbeitgeber leben.
Dieses Gesetz findet, soweit in ihm nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, keine Anwendung auf leitende Angestellte. Leitender Angestellter ist, wer nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder im Betrieb
1. zur selbständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt ist oder
2. Generalvollmacht oder Prokura hat und die Prokura auch im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutend ist oder
3. regelmäßig sonstige Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebs von Bedeutung sind und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt, wenn er dabei entweder die Entscheidungen im Wesentlichen frei von Weisungen trifft oder sie maßgeblich beeinflusst; dies kann auch bei Vorgaben insbesondere aufgrund von Rechtsvorschriften, Plänen oder Richtlinien sowie bei Zusammenarbeit mit anderen leitenden Angestellten gegeben sein.
Für die in Absatz 1 Satz 3 genannten Beamten und Soldaten gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.
Leitender Angestellter nach Absatz 3 Nr. 3 ist im Zweifel, wer
1. aus Anlass der letzten Wahl des Betriebsrats, des Sprecherausschusses oder von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer oder durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung den leitenden Angestellten zugeordnet worden ist oder
2. einer Leitungsebene angehört, auf der in dem Unternehmen überwiegend leitende Angestellte vertreten sind, oder
3. ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das für leitende Angestellte in dem Unternehmen üblich ist, oder,
4. falls auch bei der Anwendung der Nummer 3 noch Zweifel bleiben, ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das das Dreifache der Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch überschreitet.