Gründung eines Betriebrats

Kündigungsschutz und Kosten der Betriebsratswahl

Inhaltsverzeichnis

I.
Analyse der Ausgangssituation
II.
Voraussetzungen für die Gründung eines Betriebsrats
1.
Weiterer Verlauf der Gründung eines Betriebsrats
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Der Kündigungsschutz bei der Gründung eines Betriebsrats

Wir müssen drei Beteiligte bei einer Betriebsratsgründung unterscheiden:

  1. Die Initiatoren, die zur Betriebsversammlung (Wahlversammlung) zur Wahl eines Wahlvorstands laden bzw. sonstige Vorbereitungshandlungen erledigen.
  2. Die Personen, die für den Wahlvorstand kandidieren und dann ggf. auch gewählt werden.
  3. Die Kandidaten für den Betriebsrat und diejenigen, die dann ggf. auch als Mitglieder des Betriebsrats gewählt werden.

Daneben müssen wir noch zwischen dem einstufigen Kündigungsschutz und dem Vollschutz unterscheiden:

Einstufiger Kündigungsschutz

Vollschutz

= Eine ordentliche Kündigung ist

ausgeschlossen. Es ist nur eine fristlose Kündigung gem. § 626 BGB möglich

= Eine ordentliche Kündigung ist

ausgeschlossen. Es ist nur eine fristlose Kündigung gem. § 626 BGB möglich

+

Kündigung nur mit vorheriger

Zustimmung des Arbeitsgerichts.

Der Kündigungsschutz der Initiatoren der Betriebsratswahl

Nach § 15 Abs. 3a KSchG ist die ordentliche Kündigung von der Einladung zur Betriebs- bzw. Wahlversammlung bis zur Feststellung des Wahlergebnisses unzulässig. Zulässig ist nur eine fristlose Kündigung, die aber auf Ausnahmefälle und schwerwiegende Verstöße beschränkt ist (einstufiger Kündigungsschutz). Eine vorherige Zustimmung des Arbeitsgerichts zur Kündigung ist aber nicht erforderlich. Der besondere Kündigungsschutz gilt nur für die ersten drei in der Einladung aufgeführten Arbeitnehmer. Der Kündigungsschutz ist damit auf die betriebsverfassungsrechtlich erforderliche Mindestzahl begrenzt. Diese Beschränkung soll einem Missbrauch der Regelung verhindern. Der Schutz beginnt mit der ordnungsgemäßen, die wesentlichen Formalien beachtenden Einladung zur Betriebsversammlung. Müssen mehrere Aushänge gemacht werden, gilt nach Sinn und Zweck der Regelung des § 15 Abs. 3a KSchG der Kündigungsschutz mit der ersten Einladungshandlung, also mit dem Erstaushang. Es ist aber darauf zu achten, dass die Einladung zur Wahlversammlung wirksam erfolgt. Eine fehlerhafte Einladung kann dazu führen, dass die Initiatoren keinen besonderen Kündigungsschutz erlangen.

Zu einer ordnungsgemäßen Einladung gehört:

  • der Mindestinhalt (Angabe Ort/Zeitpunkt/Zweck/Einladende);
  • die richtige Bekanntmachung (alle Beschäftigten müssen von der Einladung Kenntnis erlangen können);
  • die Einladungsfrist (eine Woche, ggf. besser zwei Wochen).

Dazu sei auf die Ausführungen oben verwiesen.

Der Kündigungsschutz endet mit der Feststellung des Wahlergebnisses. Findet keine Betriebsratswahl statt, bzw. kann zunächst kein Wahlvorstand wirksam bestellt werden, endet der einstufige Kündigungsschutz der Wahlbewerber drei Monate nach Bekanntmachung der Einladung.

Unter besonderen Voraussetzungen können Initiatoren der Betriebsratswahl bereits vor der Einladung zur Betriebsversammlung einen besonderen Kündigungsschutz erwerben und zwar vor verhaltensbedingten- und personenbedingten ordentlichen Kündigungen. Gem. § 15 Abs. 3b KSchG gilt der Kündigungsschutz bereits für die Arbeitnehmer, die Vorbereitungshandlungen zur Errichtung eines Betriebsrats unternehmen. Damit sollen auch die Vorfeld-Initiatoren, d.h. die Arbeitnehmer, die sich vor der Veröffentlichung des Einladungsschreibens zu einer Wahlversammlung für die Gründung eines Betriebsrats einsetzen, vor Behinderungsmaßnahmen durch den Arbeitgeber geschützt werden.

Der Kündigungsschutz des § 15 Abs. 3b KSchG hat jedoch zwei Voraussetzungen, die beide vorliegen müssen:

  • Zum einen muss der Arbeitnehmer eine Vorbereitungshandlung für die Errichtung eines Betriebsrats unternommen haben. Als „Vorbereitungshandlungen“ gilt jedes für Dritte erkennbare Verhalten, das zur Vorbereitung einer Betriebsratswahl geeignet ist (BT-Drs. 19/28899, 24.). Darunter fallen zum Beispiel Gespräche mit anderen Arbeitnehmern, um die Unterstützung für eine Betriebsratsgründung zu ermitteln, das Für und Wider einer Betriebsratsgründung zu besprechen oder um Schritte zu planen, die für die Planung und Durchführung der Betriebsratswahl relevant sein können. Darunter fällt auch die Kontaktaufnahme zu einer Gewerkschaft, um Informationen zur Betriebsratswahl zu erhalten (BT-Drs. 19/28899, 24.).
  • Zum anderen muss der Arbeitnehmer eine Erklärung mit dem Inhalt abgeben, dass er die Absicht hat, einen Betriebsrat zu errichten. Diese Absichtserklärung soll folgende Angaben enthalten: Name, Geburtsdatum und Adresse des Arbeitnehmers, die möglichst konkrete Bezeichnung des Unternehmens und dessen Betrieb, in dem der Arbeitnehmer die Betriebsratsgründung anstrebt sowie die Erklärung der Absicht hierzu. Die Erklärung muss schriftlich erfolgen und die Unterschrift des Arbeitnehmers unter der AbsichtserkIärung muss von einem Notar beglaubigt werden BT-Drs. 19/28899, 25.).

Für den Kündigungsschutz nach § 15 Abs. 3b KSchG ist irrelevant, in welcher Reihenfolge die beiden Voraussetzungen erfüllt werden. Der Kündigungsschutz beginnt allerdings erst mit der Beglaubigung der Unterschrift unter der Absichtserklärung. Er endet mit dem Zeitpunkt der Einladung zur Betriebs- oder Wahlversammlung nach § 17 III, § 17 a Nr. 3 S. 2 BetrVG, spätestens jedoch drei Monate nach dem Zeitpunkt der Beglaubigung.

Kündigungsschutz der Wahlvorstandsmitglieder

Auch die Mitglieder des Wahlvorstands können gem. § 15 Abs. 3 Satz 1 KSchG nur fristlos gekündigt werden. Außerdem bedarf die Kündigung der Wahlvorstandsmitglieder der vorherigen Zustimmung des Arbeitsgerichts. Nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses haben die Wahlvorstandsmitglieder dann gem. § 15 Abs. 3 Satz 2 KSchG einen nachwirkenden einstufigen Kündigungsschutz von einem halben Jahr.

Voraussetzung ist aber, dass die Wahl der Wahlvorstandsmitglieder wirksam gewesen ist. Unverzichtbare Mindestanforderung einer solchen Wahl ist, dass sie in einer Wahlversammlung erfolgt (oder durch das Arbeitsgericht bestellt) und dass das erforderliche Quorum (mehr als die Hälfte der Stimmen der anwesenden Beschäftigten) erreicht ist. Werden diese Anforderungen nicht erfüllt, liegt keine rechtsgültige Wahl vor.

Kandidieren Beschäftigte lediglich für den Wahlvorstand und werden sie nicht gewählt, haben sie nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts keinen besonderen Kündigungsschutz.

Insbesondere dann, wenn die Wahl des Betriebsrats torpediert wird, indem sich z.B. die Mehrheit der Beschäftigte gegen die Wahl eines Betriebsrats ausspricht und dann die Wahl eines Wahlvorstands dadurch verhindert, dass sie den Kandidaten die erforderlichen Stimmen verwehrt, ist besondere Vorsicht geboten. Dann muss der Wahlvorstand über das Arbeitsgericht bestellt werden. Das dauert dann leider eine gewisse Zeit. Die erfolglosen Kandidaten stehen in diesem Fall ohne besonderen Kündigungsschutz da.

Auch deshalb ist es sinnvoll, wenn die Initiatoren der Betriebsratswahl auch für den Wahlvorstand kandidieren. Selbst wenn auf der Wahlversammlung kein Wahlvorstand gewählt wird, haben die Initiatoren den besonderen Kündigungsschutz in ihrer Funktion als Initiatoren. Damit sind sie bis zur Bestellung durch das Arbeitsgericht vor einer ordentlichen Kündigung des Arbeitgebers geschützt. Andere Kandidaten des Wahlvorstands hätten hingegen keinen besonderen Schutz.

Kündigungsschutz der Wahlbewerber

Bei Wahlbewerbern beginnt der Kündigungsschutz, wenn die Vorschlagsliste die mindestens erforderliche Anzahl von Stützunterschriften oder die Unterschriften von zwei Gewerkschaftsbeauftragten aufweist und zu diesem Zeitpunkt bereits ein Wahlvorstand existiert. Die Einreichung der Vorschlagsliste ist keine Voraussetzung für die Entstehung des Kündigungsschutzes. Die Bewerber für das Amt des Betriebsrats haben den Vollschutz für die gesamte Zeit ihrer Kandidatur. D.h. ihnen kann nur außerordentlich gekündigt werden und vorab muss auch noch das Arbeitsgericht einer Kündigung zugestimmt haben. Mit Bekanntgabe des Wahlergebnisses endet zunächst dieser Vollschutz. Danach werden sie entweder in den Betriebsrat gewählt und haben dann als Betriebsratsmitglieder weiterhin Vollschutz oder sie werden Ersatzmitglieder und haben den einstufigen Kündigungsschutz für die Dauer eines halben Jahres (§ 15 Abs. 3 Satz 2 KSchG). Rücken die Ersatzmitglieder dann für ein verhindertes Betriebsratsmitglied (Urlaub, Krankheit, Schulungsmaßnahme etc.) vorübergehend nach, haben sie im Anschluss einen einstufigen Kündigungsschutz für die Dauer eines Jahres (§ 15 Abs. 1 Satz 2 KSchG).

Kosten der Betriebsratswahl

Der Arbeitgeber hat gem. § 20 Abs. 3 Satz 1 BetrVG alle Kosten für die Vorbereitung und Durchführung der Betriebsratswahl zu tragen. Dazu zählen die Kosten für die Beschaffung von Wählerlisten, Stimmzetteln, Wahlurnen, Wahlkabinen, Aushängen, Briefwahlunterlagen, Formularen, Schreibmaterialien, Vordrucken usw. Darüber hinaus muss er Portokosten für die schriftliche Stimmabgabe übernehmen. Außerdem ist er verpflichtet, einschlägige Gesetzestexte sowie Kommentierungen der Wahlvorschriften zur Verfügung zu stellen.

Der Wahlvorstand hat immer als Gremium über Anschaffungen zu entscheiden und muss daher zuvor ordnungsgemäße Beschlüsse über die entsprechenden Ausgaben fassen.

Es ist Recht und Pflicht des Arbeitgebers, dafür zu sorgen, dass der notwendige Sachaufwand zur Verfügung steht. Erst wenn er dieser Aufgabe nicht nachkommt, ist der Wahlvorstand berechtigt, die erforderlichen Gegenstände zu besorgen und kann vom Arbeitgeber Erstattung der Kosten verlangen

Neben den Kosten für Sachmittel können aber noch Reisekosten, Schulungskosten, Kosten für die Versäumnis von Arbeitszeit und sogar eventuell entstehende Rechtsanwaltskosten hinzukommen.

Praxistipp:

Da im vereinfachten Wahlverfahren nach der Bestellung des Wahlvorstandes in der ersten Wahlversammlung keine Zeit mehr für eine Schulung des Wahlvorstands bleibt, sollte geprüft werden, ob der Arbeitgeber ggf. so einsichtig ist, die Initiatoren der Betriebsratswahl oder einen zu bildenden Steuerungskreis schulen zu lassen. Das sollte eigentlich auch im Interesse eines vernünftigen Arbeitgebers liegen, da so Kosten für eine Anfechtung und ggf. neue Durchführung der Betriebsratswahl vermieden werden können. Erzwungen werden kann das jedoch leider nicht.

Der Arbeitgeber ist dazu verpflichtet, die Wahlvorstandsmitglieder für die Zeit der Erledigung ihrer Aufgaben von der Arbeit freizustellen. Die Mitglieder des Wahlvorstands sind bei Verlassen ihres Arbeitsplatzes dazu verpflichtet, sich ab- und zurückzumelden. Einer Genehmigung des Arbeitgebers zum Verlassen des Arbeitsplatzes bedarf es nicht. Hinsichtlich des Zeitaufwandes zur Durchführung eines ordnungsgemäßen Wahlverfahrens hat der Wahlvorstand einen eigenen Beurteilungsspielraum. Müssen Zeiten aufgewendet werden, die aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit der Wahlvorstandsmitglieder liegen, so ist ihnen für diese Zeit Freizeitausgleich zu gewähren. Ist das nicht möglich, ist die Zeit zu vergüten.

Die Kosten der Wahlwerbung der Bewerber hat der Arbeitgeber jedoch nicht zu tragen. Das gilt z.B. auch für die Kosten, die für Lichtbilder der Kandidaten aufgewendet werden, die den Vorschlagslisten hinzugefügt werden sollen.

Umstritten ist, ob das Sammeln von Stützunterschriften und die Vorstellung als Wahlkandidat während der Arbeitszeit erfolgen darf. Nach der dazu vorliegenden Rechtsprechung ist denjenigen, die sich um ein Ehrenamt bewerben, zuzumuten, in den Arbeitspausen bzw. zu Beginn oder Ende der Arbeitszeit die erforderlichen Unterschriften zu sammeln und damit ihren eigenen Einsatz zu dokumentieren. Auch wenn dazu andere Auffassungen vertreten werden, empfehlen wir den Bewerbern für das Amt des Betriebsrats, die Wahlwerbung in die Zeit vor und nach Arbeitsbeginn bzw. in die Pausen zu legen.

  • 20 Abs. 3 Satz 1WO bestimmt, dass Arbeitszeit, die Beschäftigte für die Ausübung des Wahlrechts aufwenden, zu vergüten ist bzw. nicht zur Minderung des Arbeitsentgelts führen darf. Damit ist auf alle Fälle die Zeit für die Teilnahme an der ersten Wahlversammlung und der Stimmabgabe auf der zweiten Wahlversammlung abgedeckt. Dem einzelnen Arbeitnehmer darf durch die Teilnahme an der Wahl keine Einbuße an seinem Entgelt entstehen.

Nach der Rechtsprechung und dem überwiegenden Teil der Literatur, gehört zur Ausübung des Wahlrechts aber nicht die Arbeitszeit, die ein Arbeitnehmer versäumt, weil er bei der öffentlichen Auszählung der Stimmen zugegen sein will; er hat für diese Zeit keinen Anspruch auf Arbeitsvergütung.

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