Derzeit haben ein Teil der Berufspendler dank der dauernden Bahnstreiks noch mehr Belastungen als ohnehin schon. Aber auch unabhängig von diesem Stress: Laut einer Studie der Techniker Krankenkasse (TK) kostet Pendeln grundsätzlich Zeit und Nerven – bis hin zu Schäden an der Gesundheit. Auch an den vermeintlich Gesünderen geht das Pendeln nicht spurlos vorüber.
Bei Pendlern leidet eher die Psyche
Laut TK-Report haben Pendler vor allem psychische Leiden. Zwar sind sie insgesamt seltener krankgeschrieben. Wenn sie jedoch ausfallen, dann steckt häufiger eine psychische Diagnose dahinter als bei Nicht-Pendlern. Die Fehltage wegen Depressionen und anderen psychischen Erkrankungen liegen bei Pendlern demnach fast 11 Prozent höher. Experten gehen davon aus, dass die höheren psychisch bedingten Fehlzeiten durch das Pendeln selbst entstehen. Denn: Pendler seien überdurchschnittlich häufig in Berufen tätig, die sonst eher durch geringere psychische Belastungen gekennzeichnet seien. Dem Report nach sind das Berufe, die höhere Qualifikationen und Bildungsabschlüsse abverlangen.
Auch der Körper streikt bisweilen
Nicht nur die Bahn streikt, sondern bei Pendlern auch immer mal wieder der Körper. Pendeln führt nicht nur zu psychischen Belastungen, sondern auch zu einer ganzen Reihe physischer Probleme. Zahlreiche Untersuchungen belegen laut TK inzwischen, dass Pendler häufiger unter Rücken- und Kopfschmerzen, Müdigkeit, Schlafstörungen, Magen-Darm-Beschwerden und anderen Beschwerden leiden. Zudem gibt es Hinweise auf ein erhöhtes Herzinfarkt- und Adipositas-Risiko.
Aktuelle Studie bestätigt gesundheitsschädigende Auswirkungen
Die gesundheitlichen Folgen des Pendelns bestätigt eine aktuelle Metastudie, in der das Institut für Betriebliche Gesundheitsberatung (IFBG) für den TK-Report 79 Studien zur Arbeitsmobilität ausgewertet hat. Danach nehmen die psychischen und physischen Beschwerden zu, je größer die Entfernung und je länger die Fahrzeit ist. Und nicht nur die Zahl der Fehltage steigt dann an: Auch die Unzufriedenheit über die eigene Work-Life-Balance und Lebensqualität wächst mit jedem gefahrenen Kilometer.
Ab 45 Minuten Fahrtzeit beginnt der Stress
Pendeln sei deswegen so anstrengend, weil nicht nur die Fahrten an sich stressig seien, sondern auch, weil die sozialen Folgen stressten, so die Experten. Besonders betroffen sind ihrer Meinung nach familienorientierte Menschen und solche mit sozialen Netzwerken, denen wegen langer Fahrzeiten schlicht die Möglichkeiten fehlen, die ihnen wichtigen Beziehungen zu pflegen." Kritisch wird es laut Studie, wenn der einfache Arbeitsweg mehr als 45 Minuten beträgt. Dies kann sogar soweit gehen, dass insbesondere bei weiblichen Pendlern die Beziehungen häufiger kriseln und Partnerschaften öfter zu Bruch gehen als bei Arbeitnehmerinnen mit einem kurzen Arbeitsweg.
Bus- und Bahnpendeln ist schlimm – Autopendeln ist schlimmer
Laut TK-Report sind es lange Autofahrten, die den Berufspendlern am meisten psychisch zusetzen. Was nicht heißen soll, dass der Kampf um den Sitzplatz im Bus oder das Erwischen des Anzugschlusszugs nicht auch an die Nerven geht. Bloß, dass Autofahren eben noch stressiger ist als die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Straßenverkehr ist nach der TK-Stressstudie von 2016 eine der Hauptstressursachen von Erwerbstätigen und ein genauso großer Stressfaktor wie die ständige Erreichbarkeit.
Was raten Experten?
Zunächst einmal betonen sie, dass Menschen, die der Fahrzeit einen Sinn geben können, generell weniger Beschwerden haben. Das kann Zeitunglesen, Stricken oder die Unterhaltung mit einem Kollegen sein. Für Autofahrer seien Fahrgemeinschaften eine gute Idee. Allerdings sollte beim Fahren abgewechselt werden, denn für den Fahrer einer Fahrgemeinschaft sei der Stress größer als für Alleinfahrer. Ansonsten sollte jeder regelmäßig überprüfen, ob sich die Situation nicht doch verändern lässt, etwa durch einen Umzug, flexiblere Arbeitszeit, die Fahrten außerhalb der "Rush Hour" erlauben, oder durch einen Tag Home-Office in der Woche. Vielen Unternehmen ist oft nicht klar, dass sie mit intelligenten Schichtplänen, guter Arbeitsorganisation und Digitalisierung großen Einfluss darauf haben, wie sehr Pendeln belastet. Auch auf eine gesunde Ernährung zu achten wird empfohlen und, sich in der verbleibenden Freizeit ausreichend zu bewegen, um das lange Sitzen im Auto auszugleichen und um Stresshormone abzubauen. Stress führt oft zu weiterem ungesundem Verhalten: Einige Studien zeigen, dass Pendler mehr Fastfood essen, mehr Fernsehen und am Computer spielen und insbesondere Männer gerne einen über den Durst trinken.
Weitere Tipps für Berufspendler
Utz Niklas Walter vom Institut für Betriebliche Gesundheitsberatung sagt: "Den Belastungen können Berufspendler am besten durch eine Stärkung ihrer Ressourcen begegnen":
- Ausreichend Bewegung, Entspannung und Schlaf sind hier ganz entscheidend.
- Auch der soziale Aspekt ist wichtig. Wenn schon zusätzlich zur Arbeit einige Stunden auf der Straße oder im Zug verbracht werden, dann ist es umso wichtiger, zu Hause möglichst viel Zeit für sich und die Familie zu haben. Eine klare Trennung von Arbeit und Privatleben ist bei Pendlern besonders essenziell.
- Auf der Wegstrecke nach Hause sollte der Schalter umgelegt werden. Hier bieten sich Rituale wie das Hören von Podcasts oder ein Anruf bei Freunden an.
Quelle: https://www.tk.de/techniker/magazin/life-balance/balance-im-job/pendeln-kostet-zeit-und-nerven-2048874