Arbeitsministerium plant „Betriebsrätestärkungsgesetz“

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Mit einem neuen Gesetz will das Bundesarbeitsministerium die Rolle der Betriebsräte stärken und so den neuen Herausforderungen der betrieblichen Mitbestimmung gerecht werden. Neben der Verbesserung der Mitbestimmung des Betriebsrats sind ein erweiterter Anwendungsbereich des vereinfachten Wahlverfahrens und der Schutz für diejenigen Beschäftigten, die einen Betriebsrat gründen wollen, Ziel der neuen Regelungen. Was genau geplant ist, lesen Sie hier bei uns.

Vereinfachung der Betriebsratswahl

Hintergrund für die Neuerungen in diesem Bereich ist der Rückgang der Zahl der Unternehmen mit Betriebsrat und der Zahl der Beschäftigten, deren Interessen durch Betriebsräte vertreten werden. Laut den Erhebungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) werden derzeit nur 41 % der Arbeitnehmer in Westdeutschland und 36 % in Ostdeutschland von Betriebsräten vertreten. Die Ursachen für die abnehmende Vertretung durch Betriebsräte sehen die Experten unter anderem darin, dass Arbeitnehmer in manchen Betrieben bewusst auf die Wahl von Interessenvertretern verzichten, da die Arbeitgeber mit zum Teil drastischen Mitteln die Gründung von Betriebsräten zu verhindern suchen. In kleineren Betrieben könnten zudem die Formalien des regulären Wahlverfahrens eine Hemmschwelle darstellen.

Dementsprechend sind u. a. folgende Änderungen vorgesehen:

  • Vereinfachtes Wahlverfahren nun auch für Betriebe mit bis zu 100 Beschäftigten
  • Verbesserter Kündigungsschutz für Initiatoren der Betriebsratswahl
  • Geringere Schwellen zu Aufstellung eines Wahlvorschlags
  • Keine Stützunterschriften für Wahlvorschläge in Betrieben mit bis zu 20 Beschäftigten
  • Nur noch zwei Stützunterschriften in Betrieben mit bis zu 100 Beschäftigten

Homeoffice und Mobiles Arbeiten

Nie waren Themen wie Homeoffice und mobiles Arbeiten aktueller als heute – in Zeiten von Corona. Hier sieht der Gesetzesentwurf ein eigenes Mitbestimmungsrecht für Betriebsräte vor. Dies soll in § 87 BetrVG eingeführt werden. Gegenstand sind die inhaltliche Ausgestaltung wie beispielsweise Anfang und Ende der täglichen Arbeitszeit oder auch der Ort, von dem aus mobil gearbeitet wird.

Sitzungen des Betriebsrats mittels Telefon- und Videokonferenzen

Betriebsräte erhalten weiterhin die Möglichkeit, unter ausschließlich selbst gesetzten Rahmenbedingungen und unter Wahrung des Vorrangs der Präsenzsitzung, Sitzungen mittels Video- und Telefonkonferenz durchzuführen und hier auch wirksame Beschlüsse zu fassen. Betriebsratsmitglieder, die mittels Video- und Telefonkonferenz an der Beschlussfassung teilnehmen, gelten künftig ausdrücklich als „anwesend“ im Sinne des § 33 Abs. 1 BetrVG.

Betriebsvereinbarungen

Betriebsvereinbarungen sollen künftig auch unter Nutzung einer qualifizierten elektronischen Signatur abgeschlossen werden können.

Datenschutz

Künftig haben Betriebsräte weniger Verantwortung beim Datenschutz. So wird neu geregelt, dass bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch den Betriebsrat (§79a BetrVG) der Arbeitgeber der für die Verarbeitung Verantwortliche im Sinne der datenschutzrechtlichen Vorschriften ist. Dies gilt, soweit die Verarbeitung durch den Betriebsrat zur Erfüllung der in seiner Zuständigkeit liegenden Aufgaben erfolgt.

KI (Künstliche Intelligenz)

Im Rahmen der Digitalisierung nimmt das Feld der Künstlichen Intelligenz (KI) immer mehr an Bedeutung zu. Die betriebliche Mitbestimmung und eine frühzeitige Einbindung der Betriebsräte sollen das Vertrauen und die Akzeptanz der Beschäftigten bei der Einführung und der Anwendung von KI stärken. Das Bundesministerium sieht dies als wichtige Voraussetzung für eine positive Haltung zu KI allgemein sowie für eine erfolgreiche Implementierung von KI-Anwendungen auf betrieblicher Ebene. Es ist daher beabsichtigt, die Möglichkeit, externen Sachverstand im Bereich Informations- und Kommunikationstechnik hinzuzuziehen, zu verbessern, die Gestaltungsmöglichkeiten der Betriebsräte beim Einsatz von KI zu sichern und für mehr Rechtsklarheit bei den Betriebspartnern zu sorgen. Dementsprechend wird in dem neuen Gesetz

  • festgelegt, dass die Hinzuziehung eines Sachverständigen für Informations- und Kommunikationstechnik für den Betriebsrat als erforderlich gilt (§ 80 Abs. 3 BetrVG); 
  • klargestellt, dass die Rechte des Betriebsrats bei der Planung von Arbeitsverfahren und -abläufen auch dann gelten, wenn der Einsatz von KI im Betrieb vorgesehen ist (§ 90 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG);
  • sichergestellt, dass die Rechte des Betriebsrats bei der Festlegung von Auswahlrichtlinien zur Personalauswahl auch dann Anwendung finden, wenn diese Richtlinien ausschließlich oder mit Unterstützung einer KI erstellt werden (§ 95 BetrVG).

Weiterbildung

Betriebsräte nehmen bereits heute wichtige Aufgaben wahr, wenn es um die Qualifizierung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geht (vgl. § 96 Abs. 1 BetrVG). Zur Stärkung der Rechte des Betriebsrats in diesem Bereich wird künftig das allgemeine Initiativrecht bei der Berufsbildung gestärkt. Neu eingeführt wird, dass Arbeitgeber und Betriebsrat sich über Maßnahmen der Berufsbildung zu beraten haben. Können sich beide nicht verständigen, kann jede Seite die Einigungsstelle anrufen.

Wann ein konkretes Inkrafttreten des neuen Gesetzes erfolgen wird, steht derzeit noch nicht fest. Bisher handelt es sich um einen Referentenentwurf des Bundesarbeitsministeriums, über den zur Zeit in der Bundesregierung beraten wird.

Den Gesetzesentwurf finden Sie hier

https://www.arbrb.de/media/RefEntw_Betriebsrätestärkungsgesetz_21122020.pdf

08. Januar 2021

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