Wer im Rahmen eines arbeitsgerichtlichen Verfahrens Schriftsätze der Gegenseite öffentlich macht, in denen personenbezogene Daten von weiteren Beschäftigten enthalten sind, riskiert die fristlose Kündigung. Das gilt auch für einen Betriebsrat, so das LAG Baden-Württemberg (v.25.03.2022 - 7 Sa 63/21). Was genau passiert ist, lesen Sie hier.
Das war passiert:
Der Arbeitnehmer ist seit 1997 bei seinem Arbeitgeber beschäftigt und seit 2014 freigestelltes Betriebsratsmitglied. Er hat zu einem früheren Zeitpunkt einen Kündigungsschutzprozess mit dem Arbeitgeber geführt. In einer E-Mail an einen größeren Personenkreis stellte er einen Download-Link zu einem Dropbox-Ordner zur Verfügung, in welchem sich Schriftsätze beider Seiten aus diesem Kündigungsschutzprozess befanden. Daraufhin kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos. Begründung: Der Arbeitnehmer habe gegen die Datenschutzgrundverordnung verstoßen, da in den Schriftsätzen personenbezogene Daten, unter anderem sensible Gesundheitsdaten von Mitarbeitern, enthalten waren. Der Arbeitnehmer hält die Kündigung für unwirksam. Denn: Es existiere keine gesetzliche Vorschrift, die ihn dazu verpflichte, Schriftsätze geheim zu halten.
Das entschied das Gericht:
Das LAG Baden-Württemberg hat entschieden, dass die fristlose Kündigung wirksam ist. In der Veröffentlichung weiter Teile der Prozessakte in der Betriebsöffentlichkeit durch den Arbeitnehmer sieht das LAG unter verschiedenen rechtlichen Gesichtspunkten einen wichtigen Grund an sich im Sinne des §§ 626 Abs. 1 BGB, 15 KSchG, 103 Abs. 1 BetrVG.
Mit der Veröffentlichung weiter Teile der Prozessakten hat der Arbeitnehmer gegen die Bestimmungen des Datenschutzrechts verstoßen, so die Richter. Die DS-GVO ist auf die veröffentlichten Prozessakten anwendbar, denn sie enthalten personenbezogene Daten gemäß Art. 4 Nr. 1 DS-GVO, d.h. Informationen über identifizierte natürliche Personen, insbesondere Angaben über die psychischen Beeinträchtigungen von zwei Beschäftigten.
Außerdem hat der Arbeitnehmer rechtswidrig die allgemeinen Persönlichkeitsrechte der betroffenen Beschäftigten verletzt, als er die Prozessakten ohne Schwärzung veröffentlicht hat und die Möglichkeit zur Weiterverbreitung eröffnet hat. Eine solches Verhalten stört in erheblichem Maße den Betriebsfrieden.
Die außerordentliche Kündigung ist daher gerechtfertigt.
aas-Praxistipp
Betriebsratsmitglieder genießen während ihrer Amtszeit den Kündigungsschutz nach § 15 Abs. 1 KSchG und nach § 103 Abs. 1 BetrVG. Ihnen kann also nur außerordentlich gekündigt werden, zudem muss der Betriebsrat ausdrücklich zustimmen.
Die Entscheidung verdeutlicht, dass Betriebsratsmitgliedern wegen erheblichen Pflichtverstößen ebenfalls fristlos gekündigt werden kann. Datenschutzerwägungen gewinnen dabei immer mehr an Bedeutung.
Quelle: Pressemitteilung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 25.03.2022 (I.H.)