Straftaten gegen Betriebsverfassungsorgane und ihre Mitglieder
Kommentar zu § 119 BetrVG
Welche Konsequenzen gibt es bei Behinderung, Benachteiligung oder Begünstigung des Betriebsrats?
Wer die Wahl oder die Arbeit eines Betriebsrats oder der Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) behindert oder ein Betriebsratsmitglied (bzw. JAV-Mitglied) benachteiligt oder begünstigt, begeht eine Straftat, die mit bis zu einem Jahr Gefängnis oder einer Geldstrafe bestraft werden kann. Gleiches gilt auch für andere Gremien des Betriebsverfassungsgesetzes, beispielsweise für den Gesamtbetriebsrat oder den Konzernbetriebsrat.
Allerdings kommt es nur zur Strafverfolgung, wenn der Betroffene, also z. B. der Betriebsrat selbst oder eine im Betrieb vertretende Gewerkschaft einen Strafantrag stellt.
Straftaten wegen der Behinderung des Betriebsrats
Wer die Wahl oder die Arbeit des Betriebsrats behindert, begeht eine Straftat und kann mit einer Haftstrafe bis zu einem Jahr oder einer Geldstrafe bestraft werden.
Aber auch alle anderen Gremien des Betriebsverfassungsgesetzes fallen unter den Schutz dieser Vorschrift.
Also z. B. auch:
- der Wahlvorstand,
- der Gesamtbetriebsrat und Konzernbetriebsrat,
- die Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) und
- der Wirtschaftsausschuss.
Nach dieser Vorschrift sind strafbar:
- die Behinderung bzw. Beeinflussung der Wahlen des Betriebsrats oder der JAV,
- die Behinderung der Arbeit aller Gremien des Betriebsverfassungsgesetzes, also nicht nur die Arbeit des Betriebsrats, sondern auch die des Gesamtbetriebsrats, des Konzernbetriebsrats, der JAV, der Gesamt-JAV und der Konzern-JAV, der Einigungsstelle, der tariflichen Schlichtungsstelle, der betrieblichen Beschwerdestelle und des Wirtschaftsausschusses,
- die Benachteiligung oder Begünstigung von Mitgliedern der vorgenannten Gremien.
Was stellt eine Behinderung der Betriebsratswahl dar?
Eine Beeinträchtigung der Betriebsratswahl, aber auch der JAV-Wahl, wäre z. B.
- das Zustandekommen einer Wahlversammlung zu verhindern,
- Arbeitnehmer daran zu hindern, zur Wahl oder zu einer Betriebsversammlung zu gehen,
- Wahlunterlagen nachträglich zu manipulieren,
- Wahlbewerbern finanzielle Vorteile im Gegenzug für die Kandidatur anzubieten.
Wann liegt eine Behinderung der Betriebsratsarbeit vor?
Beispiele für eine Beeinträchtigung der Betriebsratsarbeit können sein:
- Betriebsratsmitglieder daran zu hindern, zur Betriebsratssitzung zu gehen,
- unberechtigte Hausverbote gegen Betriebsratsmitglieder auszusprechen,
- Abschaltung des Telefons des Betriebsrats
- Kosten der Betriebsratsarbeit betriebsöffentlich bekannt zu machen.
Kann der Arbeitgeber durch Nichtstun die Betriebsratsarbeit behindern?
Auch das Unterlassen einer Handlung kann den Betriebsrat bei seiner Arbeit stören. Das setzt aber voraus, dass eine Verpflichtung zum Handeln besteht. Beispiele für eine Behinderung des Betriebsrats durch Unterlassung können sein:
- die Informationen zur Erstellung der Wählerliste werden nicht herausgegeben oder
- beharrliches Weigern, überhaupt mit dem Betriebsrat zu arbeiten.
Wann wird ein Betriebsratsmitglied benachteiligt oder begünstigt?
Eine strafbare Benachteiligung kann z. B. vorliegen, wenn
- der Arbeitgeber erzwingt, dass Betriebsratssitzungen immer außerhalb der Arbeitszeit und unbezahlt stattfinden müssen oder
- wahlberechtigte Arbeitnehmer durch Androhung von Nachteilen dazu gebracht werden sollen, nur bestimmte Betriebsratskandidaten zu wählen.
Eine strafbare Begünstigung liegt z. B. vor, wenn
- einem Arbeitnehmer eine besser bezahlte Arbeit für den Fall versprochen wird, dass er das Betriebsratsamt annimmt oder
- sich der Arbeitgeber das Wohlwollen des Betriebsrats dadurch erkaufen will, dass er den Mitgliedern zusätzliche Gelder bezahlt, Geschenke gewährt usw.
Das Verfahren der Strafverfolgung bei Behinderung, Benachteiligung oder Begünstigung des Betriebsrats
Der Staatsanwalt wird nicht von sich aus tätig. Vielmehr muss die Strafverfolgung durch einen entsprechenden Antrag, den Strafantrag, in Gang gesetzt werden.
Einen entsprechenden Antrag können stellen:
- der Betriebsrat, Gesamt- oder Konzernbetriebsrat,
- die Jugend- und Auszubildendenvertretung,
- der Wahlvorstand,
- der Unternehmer oder
- die im Betrieb vertretende Gewerkschaft.
Dass auch die Gewerkschaft das Recht hat, bei der Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Strafverfolgung zu stellen, ist bei diesem heiklen Thema natürlich besonders wichtig! Dies dürfte z. B. besonders bei einer Behinderung oder Beeinflussung einer Betriebsratswahl im Rahmen einer Neugründung eines Betriebsrats der Fall sein.
Selbstverständlich wird der Betriebsrat (oder die anderen Gremien) ein derartiges Verfahren nur mit rechtlicher Beratung und Unterstützung von einem Fachanwalt durchführen (hinsichtlich der Kosten: § 40 BetrVG).
§ 119 - Straftaten gegen Betriebsverfassungsorgane und ihre Mitglieder
Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
- eine Wahl des Betriebsrats, der Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Bordvertretung, des Seebetriebsrats oder der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 oder 5 bezeichneten Vertretungen der Arbeitnehmer behindert oder durch Zufügung oder Androhung von Nachteilen oder durch Gewährung oder Versprechen von Vorteilen beeinflusst,
- die Tätigkeit des Betriebsrats, des Gesamtbetriebsrats, des Konzernbetriebsrats, der Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Gesamt-Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Konzern-Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Bordvertretung, des Seebetriebsrats, der in § 3 Abs. 1 bezeichneten Vertretungen der Arbeitnehmer, der Einigungsstelle, der in § 76 Abs. 8 bezeichneten tariflichen Schlichtungsstelle, der in § 86 bezeichneten betrieblichen Beschwerdestelle oder des Wirtschaftsausschusses behindert oder stört, oder
- ein Mitglied oder ein Ersatzmitglied des Betriebsrats, des Gesamtbetriebsrats, des Konzernbetriebsrats, der Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Gesamt-Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Konzern-Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Bordvertretung, des Seebetriebsrats, der in § 3 Abs. 1 bezeichneten Vertretungen der Arbeitnehmer, der Einigungsstelle, der in § 76 Abs. 8 bezeichneten Schlichtungsstelle, der in § 86 bezeichneten betrieblichen Beschwerdestelle oder des Wirtschaftsausschusses um seiner Tätigkeit willen oder eine Auskunftsperson nach § 80 Absatz 2 Satz 4 um ihrer Tätigkeit willen benachteiligt oder begünstigt.
Die Tat wird nur auf Antrag des Betriebsrats, des Gesamtbetriebsrats, des Konzernbetriebsrats, der Bordvertretung, des Seebetriebsrats, einer der in § 3 Abs. 1 bezeichneten Vertretungen der Arbeitnehmer, des Wahlvorstands, des Unternehmers oder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft verfolgt.