Übersendung von Briefwahlunterlagen an „Abwesende“ ohne Beantragung 

Nach § 24 Abs. 2 hat der Wahlvorstand die Briefwahlunterlagen an die wahlberechtigten Arbeitnehmer zu übersenden, von denen ihm bekannt ist, dass sie langfristig abwesend sind. Diese Arbeitnehmer bekommen die Briefwahlunterlagen „von Amts wegen“, also ohne dass es einer Beantragung des Wahlberechtigten bedarf. 

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Wahlvorstand muss Briefwahlunterlagen an abwesende Beschäftigte ohne deren Antrag versenden, wenn ihre Abwesenheit bekannt ist. 
  • Zu den Abwesenden wegen des Beschäftigungsverhältnisses gehören regelmäßig Außendienstler, Monteure, Telearbeiter, Heimarbeiter, Homeoffice-Nutzer und Beschäftigte in „Kurzarbeit Null“. 
  • Beschäftigte in Elternzeit, Mutterschutz, Pflegezeit, Wehrdienst, Sonderurlaub oder länger Krankgeschriebene erhalten die Unterlagen ebenfalls automatisch. 
  • Der Wahlvorstand muss sorgfältig prüfen, ob Briefwahlunterlagen ohne Antrag versendet werden. Ein falscher Versand kann die Wahl anfechtbar machen. 
  • Der Wahlvorstand muss per Beschluss festlegen, wer unaufgefordert Briefwahlunterlagen erhält. 
  • Der Wahlvorstand muss nicht selbst ermitteln, darf aber vorhandene Informationen über An- und Abwesenheiten berücksichtigen. 
  • Ist bekannt, dass Homeoffice-Beschäftigte während des Wahlzeitraums im Betrieb arbeiten, dürfen sie keine Briefwahlunterlagen automatisch erhalten. 

Beschäftigte, die wegen der „Eigenart ihres Beschäftigungsverhältnisses“ am Wahltag voraussichtlich nicht anwesend sein werden 

Nach § 24 Abs. 2 Nr. 1 WO erhalten die Wahlberechtigten die Briefwahlunterlagen ohne Beantragung, von denen dem Wahlvorstand bekannt ist, dass sie im Zeitpunkt der Wahl nach der Eigenart ihres Beschäftigungsverhältnisses voraussichtlich nicht im Betrieb anwesend sein werden (insbesondere Außendienstler, Montagearbeiter oder Telearbeiter und Heimarbeiter).  

Hierzu gehören auch Beschäftigte, die regelmäßig ausschließlich oder überwiegend mobil oder im Homeoffice arbeiten. Das Gleiche gilt für Beschäftigte in „Kurzarbeit Null“ (BAG, Beschluss vom 23.10.2024 - 7 ABR 34/23). 

Arbeitnehmer, die nur unregelmäßig die Gelegenheit zur mobilen Arbeit nutzen, müssen, wenn Sie am Wahltag nicht im Betrieb sind, hingegen Briefwahl beantragen. (Fitting WO § 24 Rn. 10).  


Beschäftigte die während des Wahlzeitraums wegen des Ruhens des Beschäftigungsverhältnisses oder wegen Arbeitsunfähigkeit nicht anwesend sein werden 

Nach § 24 Abs. 2 Nr. 2 WO hat der Wahlvorstand von „Amts wegen“, also ohne Beantragung, die Briefwahlunterlagen auch an die Beschäftigten zu übersenden, die während des Wahlzeitraums wegen Ruhens des Arbeitsverhältnisses oder Arbeitsunfähigkeit voraussichtlich nicht im Betrieb sein werden. 

Eine Abwesenheit während des ganzen Wahlzeitraums, d.h. vom Erlass des Wahlausschreibens bis zum „Tag der Wahl“ aufgrund des Ruhens des Arbeitsverhältnisses kommt insbesondere bei Elternzeit, Mutterschutzzeiten, Pflegezeit, freiwilligem Wehrdienst, Bundesfreiwilligendienst oder unbezahltem Sonderurlaub (Sabbatical) in Betracht (BR-Drs. 666/21, 23).  

Auch Beschäftigten, deren Arbeitsunfähigkeit voraussichtlich bis zum Wahltag andauert, sind die Briefwahlunterlagen unaufgefordert zu übersenden (BR-Drs. 666/21, 23). 


Beurteilungsspielraum und Beschlussfassung des Wahlvorstands

Das unaufgeforderte Zusenden der Briefwahlunterlagen dient der Erleichterung der Abstimmungsbeteiligung für die Arbeitnehmer, die verhindert sind, ihre Stimme persönlich abzugeben. Auf der anderen Seite hat der Wahlvorstand den Vorrang der persönlichen Stimmabgabe zu beachten. Ein Verstoß des Wahlvorstands kann zur Anfechtbarkeit der Betriebsratswahl führen. 

Das bedeutet, dass der Wahlvorstand gewissenhaft prüfen muss, ob er an bestimmte Beschäftigte bzw. Beschäftigtengruppen die Briefwahlunterlagen unaufgefordert übersendet. An welche Beschäftigten ggfls. ohne Antrag die Briefwahlunterlagen übersendet werden sollen, muss der Wahlvorstand einen Beschluss fassen.

HINWEIS

Der Wahlvorstand muss gewissenhaft prüfen, ob er bestimmten Beschäftigten Briefwahlunterlagen unaufgefordert zusendet. Hat der Wahlvorstand Kenntnis davon, dass Beschäftigte voraussichtlich nicht abwesend sein werden, darf er ihnen die Briefwahlunterlagen nicht unaufgefordert zusenden.  

Aufgrund des Tatbestandsmerkmals „voraussichtlich“ in § 24 Abs. 2 WO wird man dem Wahlvorstand aber einen gewissen Beurteilungsspielraum zubilligen müssen (LAG Niedersachsen, Beschluss vom 30.08.2023 - 13 TaBV 46/22; LAG Hessen, Beschluss vom 29.06.2020 - 16 TaBV 150/19).   

Das bedeutet, dass der Wahlvorstand nicht verpflichtet ist, persönlich Nachforschungen anzustellen. Auf der anderen Seite muss der Wahlvorstand seine positiven Kenntnisse über An- und Abwesenheiten der Beschäftigten berücksichtigen (BAG, Beschluss vom 23.10.2024 - 7 ABR 34/23; a.A. LAG Niedersachsen, Beschluss vom 30.08.2023 - 13 TaBV 46/22).  

BEISPIEL

Der Wahlvorstand weiß, dass Beschäftigte, die eigentlich wegen ihrer Homeofficeregelungen normalerweise nicht im Betrieb anwesend wären, dass sie im Wahlzeitraum wegen Unabkömmlichkeit ihre Tätigkeit im Betrieb verrichten. Diesen Beschäftigten darf der Wahlvorstand die Briefwahlunterlagen nicht unaufgefordert zusenden (BAG, Beschluss vom 23.10.2024 - 7 ABR 34/23). 

Das bedeutet, dass der Wahlvorstand gewissenhaft prüfen muss, ob er an bestimmte Beschäftigte bzw. Beschäftigtengruppen die Briefwahlunterlagen unaufgefordert übersendet. An welche Beschäftigten ggfls. ohne Antrag die Briefwahlunterlagen übersendet werden sollen, muss der Wahlvorstand einen Beschluss fassen.

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