Keine Jahressonderzahlung bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis

aas-Blog – Urteil der Woche –

„Eine tarifvertragliche Regelung, nach der Mitarbeiter mit dem Novemberentgelt eine Jahressonderzahlung erhalten, kann als Stichtagsregelung zu verstehen sein, sodass zuvor ausgeschiedene Arbeitnehmer nicht anspruchsberechtigt sind.“ 

Darum ging es in dem Fall: 

Der Kläger arbeitete bei der beklagten Arbeitgeberin als Messschlosser bzw. Mitarbeiter für zerstörungsfreie Prüfungen (ZFP). Auf das Arbeitsverhältnis war ein Manteltarifvertrag anwendbar, nach dem Mitarbeiter mit dem Novembergehalt eine Jahressonderzahlung in Höhe von 100% des Bruttomonatstabellenentgelts erhalten. Im Jahr des Eintritts in das Arbeitsverhältnis wird die Jahressonderzahlung zeitanteilig entsprechend für jeden vollen Beschäftigungsmonat zu 1/12 gezahlt.  

Nachdem der Kläger zum 31.08.2023 gekündigt hatte und aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist, erhielt er im November 2023 keine Jahressonderzahlung. Er klagte diese vor dem Arbeitsgericht ein und verlangte eine volle Jahressonderzahlung für 2023, zumindest aber 8/12 davon, da er der Meinung war, die Jahressonderzahlung stelle ein Entgeltbestandteil da und werde lediglich im November fällig. Die Arbeitgeberin hingegen war der Ansicht, dass das Arbeitsverhältnis im Monat November noch hätte bestehen müssen, damit der Kläger einen Anspruch auf die Jahressonderzahlung hätte.  

Das sagt das Landesarbeitsgericht:  

Nachdem das Arbeitsgericht Stralsund die Klage abgewiesen hat, gibt auch das Landesarbeitsgericht dem Kläger nicht recht. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Jahressonderzahlung für das Jahr 2023 aus dem Manteltarifvertrag.

Das Landesarbeitsgericht legte die Regelung aus dem Manteltarifvertrag aus, in dem es Wortlaut, Sinn und Zweck, den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien und den tariflichen Gesamtzusammenhang untersuchte. Es kommt zu dem Ergebnis, dass es sich hier um eine tarifvertragliche Stichtagsregelung handelt, denn die Zahlung der Sonderzuwendung setzt ein bestehendes Arbeitsverhältnis zum Stichtag 01. November eines jeden Jahres voraus. Das zeigt die Formulierung im Manteltarifvertrag „…erhalten mit dem Novemberentgelt…“.

Diese Formulierung setzt schon begrifflich voraus, dass der Mitarbeiter ein Entgelt für den Monat November erhalten muss, um auch einen Anspruch auf Jahressonderzahlung zu haben. Das Novemberentgelt bekommt ein Mitarbeiter nur, wenn er zumindest an einem Novembertag noch in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten steht. Das bestehende Arbeitsverhältnis im November ist also Bedingung für die Jahressonderzahlung, mit der die Betriebstreue belohnt werden soll.  

Das Gericht sah auch keinen Anspruch des Klägers auf 8/12 der Jahressonderzahlung, denn eine entsprechende Regelung zur Quotelung gab es im Manteltarifvertrag nicht. Der Umstand, dass die Tarifvertragsparteien einen anteiligen Anspruch für das Eintrittsjahr regelten, aber keinen entsprechenden für das Austrittsjahr, spricht laut Gericht dafür, dass es lediglich auf das Bestehen des Arbeitsverhältnisses im Monat November ankommt und es einen anteiligen Anspruch bei Ausscheiden vor November nach dem Willen der Tarifvertragsparteien nicht geben sollte.  

Bestehen des Arbeitsverhältnisses im Monat November ankommt und es einen anteiligen Anspruch bei Ausscheiden vor November nach dem Willen der Tarifvertragsparteien nicht geben sollte.  

LAG Mecklenburg-Vorpommern v. 28.01.2025 – 5 SLa 115/24 

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