ArbG Köln v. 08.08.2024 – 6 BV 25/24
Betriebsratsvorsitzende versucht Überstunden vorzutäuschen
Die Betriebsratsvorsitzende ist seit 2002 als Juristin bei dem Arbeitgeber tätig und seit 2015 Vorsitzende des Betriebsrats. Seit 2022 ist sie zur Ausübung ihres Betriebsratsamtes vollständig von der Arbeitsleistung freigestellt. Seit Anfang 2023 kam es zwischen den Beteiligten zu Konflikten. Unter anderem wies der Arbeitgeber die Vorsitzende im Mai 2023 an, ihm jeweils am Ende eines Monats sämtliche Betriebsratstätigkeiten, die aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit entstanden sind, unter Darlegung der betriebsbedingten Gründe, anzugeben, damit dieser überprüfen kann, ob Betriebsratsarbeit außerhalb der Arbeitszeit gemäß § 37 Abs. 3 BetrVG ausgeglichen werden muss. Der Arbeitgeber behauptete nun, diese seitdem von der Vorsitzenden vorgelegten Aufzeichnungen bildeten nicht alle in der elektronischen Zeiterfassung aufgezeichneten Arbeitszeitüberschreitungen ab. Es handelte sich dabei um insgesamt 628 Minuten an 94 Tagen, die die Vorsitzende nicht in ihrer Aufzeichnung vorlegte. Der Arbeitgeber behauptete, die Betriebsratsvorsitzende habe zumindest versucht darüber zu täuschen, dass diese Überstunden angefallen sind, obwohl sie selbst sie nicht als Betriebsratstätigkeit außerhalb der Arbeitszeit angegeben hatte. Die Vorsitzende begründete die Abweichungen, unter anderem damit, dass diese Zeiten von der Zeiterfassung automatisch erfasst wurden. Der Arbeitgeber beabsichtigte, die Betriebsratsvorsitzende außerordentlich zu kündigen. Der Betriebsrat verweigerte aber die Zustimmung.
Arbeitsgericht ersetzt die Zustimmung des Betriebsrats zur Kündigung
Das Arbeitsgericht gab dem Arbeitgeber recht und ersetzte die Zustimmung des Betriebsrats zur Kündigung gemäß § 103 Abs. 2 BetrVG. In dem Verhalten der Vorsitzenden sah es einen wichtigen Grund für die fristlose Kündigung. Die Vorsitzende habe den Arbeitgeber dadurch zu täuschen versucht, dass sie in 94 Fällen insgesamt 628 Minuten in ihren monatlichen Übersichten nicht dokumentierte, obwohl diese in der elektronischen Zeiterfassung aufgezeichnet waren. Sie habe so die Möglichkeit von Freizeitausleich aufgrund der Plus-Salden im Arbeitszeitkonto herbeigeführt. Sie habe dabei auch gewusst, dass der Arbeitgeber zur Prüfung eines Ausgleichs nach § 37 Abs. 3 BetrVG ihre eigenen monatlichen Aufzeichnungen zugrunde legt und nicht die der Zeiterfassung. Laut Arbeitsgericht komme es nicht darauf an, dass der Arbeitgeber die Differenz hätte erkennen können, denn der Arbeitnehmer selbst sei verpflichtet, die Arbeitszeiten korrekt zu dokumentieren. In der Verhältnismäßigkeit der Kündigung berücksichtigte das Arbeitsgericht zugunsten der Vorsitzenden deren lange Betriebszugehörigkeit, wertete aber zu ihren Lasten, dass sie nicht an einem Personalgespräch teilnahm und entgegen der Anweisung des Arbeitgebers mehrmals als Betriebsratsvorsitzende im Homeoffice arbeitete.
Gegen die Entscheidung kann Beschwerde beim Landesarbeitsgericht eingelegt werden.