
Anspruch auf Schadensersatz, wenn Zielvorgaben vom Arbeitgeber zu spät genannt werden?
Der Kläger war als Mitarbeiter mit Führungsverantwortung bei der beklagten Arbeitgeberin beschäftigt und hatte einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf eine variable Vergütung. Diese hing von der Erfüllung von Zielen (70 % Unternehmensziele und 30 % individuelle Ziele) ab. Laut einer Betriebsvereinbarung musste die Zielvorgabe bis zum 01. März des Kalenderjahres erfolgen.
Für das Jahr 2019 teilte die Arbeitgeberin dem Kläger erst am 26. September 2019 mit, dass individuelle Ziele zu 142% erreicht werden müssen. Konkrete individuelle Ziele wurden jedoch nicht festgelegt. Am 15. Oktober 2019 wurden dem Kläger die konkreten Zahlen der Unternehmensziele einschließlich deren Gewichtung und des Zielkorridors genannt.
Der Kläger verlangte darauf hin Schadensersatz in Höhe des Betrags der variablen Vergütung, die er bei voller Zielerreichung im Jahr 2019 bekommen hätte, und machte geltend, dass er die Ziele bei rechtzeitiger Mitteilung auch erreicht hätte.
Was sagt das Gericht zum Schadensersatz wegen der fehlenden Zielvorgaben vom Arbeitgeber?
Nachdem das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen hatte und das Landesarbeitsgericht dem Kläger recht gab, sprach nun auch das Bundesarbeitsgericht dem Kläger einen Anspruch auf Schadensersatz zu. Die Arbeitgeberin hatte entgegen der Betriebsvereinbarung die Ziele nicht rechtzeitig bis zum 01. März 2019 genannt, individuelle Ziele gab sie erst gar nicht vor.
Zu dem Zeitpunkt, in dem die Arbeitgeberin die Ziele vorgab, waren schon ¾ des Zieljahres vergangen, so dass die Ziele nicht mehr als Motivation und Anreiz dienen konnten. Das Gericht ging davon aus, dass der Kläger aber alle Ziele erreicht hätte, wenn er die Zielvorgaben rechtzeitig bekommen hätte, so dass der Schadensersatz in Höhe der variablen Vergütung besteht, die er bekommen hätte, wenn er alle Ziele erreicht hätte.
Besondere Umstände, die der Annahme, die Ziele wären bei rechtzeitiger Vorgabe voll erreicht worden, widersprechen, hatte die Arbeitgeberin nicht vorgetragen. Der Kläger hatte auch keine Mitwirkungspflicht, denn allein der Arbeitgeber hat die Verpflichtung Zielvorgaben zu machen.
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