
Eine außerordentliche Kündigung (§ 626 BGB) beendet ein Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist. Anders gesagt: mit sofortiger Wirkung. Nicht umsonst wird diese Kündigungsarbeit auch „fristlose“ Kündigung genannt. Denn hier hat der Arbeitnehmer etwas so Gravierendes gemacht, dass dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses keinen Tag länger zugemutet werden kann. Was aber verbirgt sich dann hinter dem Konstrukt der außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist? Ist das nicht ein Widerspruch?
Das sagt die Rechtsprechung
In der Tat hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass der Arbeitgeber, wenn er das Recht hat, das Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung außerordentlich zu kündigen, dies auch unter Gewährung einer Auslauffrist tun kann (14.12.2023 - 2 AZR 55/23). Die Gewährung einer solchen Auslauffrist erfolgt in der Regel aus Rücksichtnahme auf die Belange des Arbeitnehmers (darum auch „soziale Auslauffrist“). Der Arbeitgeber kann sich für die Auslauffrist jedoch auch im eigenen Interesse entscheiden, zum Beispiel damit der eingearbeitete Arbeitnehmer noch letzte Abwicklungs- und Übergabearbeiten durchführen kann.
Kündigen trotz Unkündbarkeit?
Eine Besonderheit gilt bei der außerordentlichen Kündigung von Arbeitnehmern, die kraft einer tarif- oder einzelvertraglichen Regelung unkündbar sind, insbesondere wegen ihres Alters oder der Betriebszugehörigkeit. In diesem Fall ist eine ordentliche Kündigung ausgeschlossen – nicht aber eine außerordentliche. Wenn also die Voraussetzungen des § 626 BGB (wichtiger Grund, Unzumutbarkeit der weiteren Zusammenarbeit) vorliegen, kann eine fristlose Kündigung ausgesprochen werden. Der Arbeitgeber muss jedoch eine Frist gewähren, damit sich der Arbeitnehmer auf die Folgen der Kündigung einstellen kann. Diese Auslauffrist orientiert sich in der Regel an den gesetzlichen oder tariflichen Kündigungsfristen, die gelten würde, wenn die ordentliche Kündigung nicht ausgeschlossen gewesen wäre. Diese Auslauffrist liegt nicht im Ermessen des Arbeitgebers.
Was ist mit der Unzumutbarkeit?
Schaut man sich den § 626 BGB an, könnten einem Zweifel an dieser Kündigungsform kommen. Denn: Die Vorschrift setzt ja gerade voraus, dass eine Zusammenarbeit nicht mehr zumutbar und daher sofort beendbar ist. Wenn der Arbeitgeber jedoch eine Auslauffrist gewährt, dauert die Zusammenarbeit trotz Unzumutbarkeit an. Ein Widerspruch? Scheinbar schon. Daher wird die außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist auch oft als Sonderkonstruktion bezeichnet. Diese ist grundsätzlich dann anerkannt, wenn zwar das Kriterium der Unzumutbarkeit vorliegt, aber eine zeitweise Fortsetzung der Zusammenarbeit dennoch möglich ist - etwa bei Betriebsstilllegungen (Arbeitsplatz fällt weg) oder dauerhafter Arbeitsunfähigkeit. Hier wird die Frist gesetzt, um dem Arbeitnehmer sozial gerecht zu werden. Die Unzumutbarkeit bezieht sich dann auf die grundsätzliche Zusammenarbeit und nicht auf ein bestimmtes Fehlverhalten des Arbeitnehmers.