Teilzeitkrank – geht das überhaupt?

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Um das hohe Niveau an Fehltagen wegen Krankheit zu reduzieren, diskutiert der Expertenrat der Bundesregierung über die Einführung einer "teilweisen Krankschreibung". Doch was heißt das eigentlich genau? Arbeiten trotz Krankheit? Minusstunden? Und: Wer entscheidet darüber, ob man gesund, teilzeitkrank oder vollständig krank bzw. arbeitsunfähig ist? 

Was steckt hinter dem Modell „Teilzeitkrank“?

Eine Teilzeit-Krankschreibung ermöglicht es dem Arbeitnehmer, trotz gesundheitlicher Einschränkungen teilweise zu arbeiten. Den Grad der Arbeitsfähigkeit legen die Ärzte fest, z.B. arbeitet der Betroffene dann statt 8 immerhin 3 oder 4 Stunden, oder mehr mobil und weniger im Büro. Auf diese Art und Weise können Beschäftigte ihre Arbeitszeit reduzieren und dennoch beruflich aktiv bleiben. In Teilen von Skandinavien wird dieses Modell bereits praktiziert oder zumindest diskutiert. 

Vorteile und Risiken: Teilweise Krankschreibungauf dem Prüfstand

Diese Maßnahme bietet die Chance für mehr Flexibilität. Das heißt: Arbeitnehmende können ihre Arbeitsbelastung an ihren entsprechenden Gesundheitszustand anpassen (lassen). Auch gesundheitsfördernde Aspekte kommen zum Tragen, denn Teilzeitarbeit kann den Wiedereinstieg erleichtern und das Risiko von Langzeiterkrankungen verringern. Das Unternehmen sollte in diesem Zusammenhang von geringeren Ausfallzeiten und einer konstanten Arbeitsleistung profitieren. 

Doch es gibt auch Vorbehalte: Arbeitnehmende könnten unter Druck geraten, trotz Krankheit zu arbeiten und so die vollständige Genesung zu riskieren. Es gäbe bereits genug Arbeitnehmende, die krank zur Arbeit gehen, weil sie sich aufgrund des Stresses im Unternehmen nicht trauen, sich auszukurieren, so die Experten.  

Teilweise arbeitsunfähig – was sagt das Arbeitsrecht dazu?

Eine Teilarbeitsunfähigkeit ist gesetzlich (bisher zumindest) nicht geregelt. Auch nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) gibt es eine solche Alternative nicht (z.B. BAG v. 9.4.2014 – 10 AZR 637/13). Danach ist es arbeitsrechtlich nicht von Bedeutung, ob der Arbeitnehmende seine arbeitsvertragliche Verpflichtung ganz oder nur teilweise nicht erbringt. In beiden Fällen ist der Arbeitnehmer arbeitsunfähig. Eine durch Krankheit bedingte Arbeitsunfähigkeit wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitspflicht noch teilweise erfüllen kann.  

Das BAG sprach in einer früheren Entscheidung (25.10.1973 – 5 AZR 141/73) einem Arbeitnehmer, der krankheitsbedingt in Übereinkunft mit dem Arbeitgeber nur halbtags arbeitete, weshalb der Arbeitgeber ihm nur das halbe Gehalt zahlte, das volle Gehalt zu. Die Richter sahen in dem Angebot zur teilweisen Arbeitsleistung keinen Abänderungsvertrag zu einem Teilzeitarbeitsverhältnis. Der Arbeitnehmer erhält dann in entsprechendem Verhältnis zum Teil Entgelt und zum Teil die Entgeltfortzahlung gem. § 3 Abs. 1 EFZG. (Quelle: Münchener Anwaltshandbuch Arbeitsrecht, § 28 Rn. 19-21) 

Teilweise Krankschreibung braucht klare Regeln und Schutz

Diese Reformidee der Expertenkommission birgt Vor- und Nachteile. Derzeit fehlen noch klare Regelungen und Schutzmechanismen, um zu gewährleisten, dass betroffene Arbeitnehmende trotz Krankheit arbeiten und so ihre vollständige Genesung riskieren. Möglich ist derzeit lediglich ein Abänderungsvertrag zu einem Teilzeitarbeitsverhältnis. 

Übrigens: Ein ähnliches Modell gibt es bereits, nämlich eine zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer einverständlich vereinbarte Wiedereingliederung, das sogenannte Hamburger Modell) nach § 74 Sozialgesetzbuch (SGB) V.  

10. April 2025

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