
Beschäftigungsverbote im Mutterschutzgesetz – Definition des Begriffs „Entbindung“
Zum Schutz der Gesundheit von Frau und Kind regelt das Mutterschutzgesetz in § 3 sog. vor- und nachgeburtliche Schutzfristen in Form von Beschäftigungsverboten. Eine Frau darf grundsätzlich in den letzten sechs Wochen vor und in den acht Wochen nach der Entbindung nicht beschäftigt werden.
Was unter einer ,,Entbindung‘‘ zu verstehen ist, regelte das Mutterschutzgesetz aber nicht. Aus diesem Grund wurde zur Auslegung des Begriffs der ,,Entbindung‘‘ auf die Personenstandsverordnung (PStV) zurückgegriffen, die in § 31 PStV die Begriffe Lebendgeburt, Totgeburt und Fehlgeburt definiert. Die Abgrenzung zwischen Tot- und Fehlgeburt nimmt § 31 PStV anhand des Gewichtes des Kindes vor: Wiegt das Kind mehr als 500 Gramm, liegt eine Totgeburt vor, andernfalls eine Fehlgeburt. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Mutter die 24. Schwangerschaftswoche erreicht.
Fehlgeburt gilt nun auch als Entbindung
Während für eine Totgeburt anerkannt ist, dass sie eine Entbindung im Sinne des § 3 MuSchG darstellt, welche das Beschäftigungsverbot nach § 3 MuSchG zur Folge hat, wurde dies für eine Fehlgeburt anders gesehen. Eine Fehlgeburt war nach überwiegender Auffassung keine Entbindung im Sinne des § 3 MuSchG, sodass die betroffene Frau nach einer Fehlgeburt nicht automatisch von ihrer Arbeitspflicht befreit war. Sie musste sich von einem Arzt krankschreiben lassen, um einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall zu haben.
Im Ergebnis hing die Anwendbarkeit der Mutterschutzfrist damit von der im Personenstandrecht geregelten Gewichtgrenze von 500 Gramm ab. Das erachtete der Bundestag als nicht angemessen. Frauen seien unabhängig von dem Gewicht des Kindes nach einer Fehlgeburt einer besonderen Belastungssituation ausgesetzt. Aus diesem Grund enthält das neue Mutterschutzgesetz nun erstmals eine ausdrückliche Definition des Begriffs der Entbindung. Der Begriff erfasst nun auch eine Fehlgeburt ab der 13. Schwangerschaftswoche.
Gestaffelter Mutterschutz bei Fehlgeburten
Zudem enthält die neue Fassung des Mutterschutzgesetzes gestaffelte Mutterschutzfristen. Ereignet sich eine Fehlgeburt ab der 13. Schwangerschaftswoche, gilt ein Beschäftigungsverbot von zwei Wochen. Bei einer Fehlgeburt ab der 17. Schwangerschaftswoche besteht ein Beschäftigungsverbot von sechs Wochen und bei einer Fehlgeburt ab der 20. Schwangerschaftswoche ein Beschäftigungsverbot von 8 Wochen. Der Arbeitgeber kann die betroffene Frau trotz Beschäftigungsverbot weiter beschäftigen, wenn sie sich ausdrücklich dazu bereit erklärt.
Mutterschutzbezogene Gefährdungsbeurteilung
Anfang des Jahres wurden zudem die in § 10 MuSchG geregelten Vorgaben für die mutterschutzbezogene Gefährdungsbeurteilung angepasst. Grundsätzlich ist der Arbeitgeber nach § 10 Abs. 1 S. 1 MuSchG verpflichtet, präventiv und anlassunabhängig eine mutterschutzbezogene Gefährdungsbeurteilung durchzuführen. Anlassunabhängig bedeutet, dass der Arbeitgeber auch dann zu einer Gefährdungsbeurteilung verpflichtet ist, wenn aktuell keine Frau die betreffende Tätigkeit ausübt. Von dieser Pflicht sieht der durch das ,,Vierte Bürokratieentlastungsgesetzes‘‘ neu eingefügte § 10 Abs. 1 S. 3 MuSchG eine Ausnahme vor: Die Pflicht zur anlassunabhängigen Gefährdungsbeurteilung entfällt, wenn der beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gebildete Ausschuss für Mutterschutz festlegt, dass schwangere oder stillende Frauen eine bestimmte Tätigkeit nicht ausüben dürfen. Für diese Tätigkeiten braucht der Arbeitgeber dann keine anlassunabhängige Gefährdungsbeurteilung durchzuführen, weil dann feststeht, dass diese Tätigkeiten eine unverantwortbare Gefährdung begründen.
Unsere Empfehlungen für den Betriebsrat im Zusammenhang mit dem Mutterschutz?
Gesundheitskongress für Betriebsräte, Personalräte und SBV
Dem Betriebsrat steht im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht zu. Worauf der Betriebsrat im Rahmen der Ausübung seines Mitbestimmungsrechts zu achten hat, erklären wir Ihnen auf unserem Gesundheitskongress, der vom 05.05.2025 bis zum 09.05.2025 in Wernigerode stattfindet.
Die Gefährdungsbeurteilung: Instrument zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen
Worauf der Betriebsrat im Rahmen der Ausübung seines Mitbestimmungsrechts zu achten hat, erklären wir Ihnen auch in unserem Seminar „Die Gefährdungsbeurteilung: Instrument zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen.“
