Darf der Hinweis auf ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren ins Arbeitszeugnis?

aas Urteil – KW 45 – Darf der Hinweis auf ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren ins Arbeitszeugnis?

Mit dieser spannenden Frage hat sich kürzlich das Arbeitsgericht in Siegburg beschäftigt. In der Regel soll ein Arbeitszeugnis die Qualifikationen und Berufserfahrungen des Arbeitnehmers belegen und als Referenz bei zukünftigen Bewerbungen dienen. Man spricht daher auch von „wohlwollenden“ Formulierungen, um die weitere berufliche Zukunft nicht zu verbauen. Doch in strengen Ausnahmefällen, gilt etwas anderes. Dann dürfen sehr wohl die Fakten auf den Tisch bzw. aufs Blatt. Wie auch in diesem Fall.  

Verdacht auf Besitz von kinderpornographischen Bildern 

Es geht um einen Sozialarbeiter der seit über vier Jahren im Jugendamt bei der Stadt (Arbeitgeberin) beschäftigt und unter anderem für Kinderschutzmaßnahmen zuständig war. Gegen ihn wurde wegen des Verdachts, kinderpornographisches Material zu besitzen, ermittelt. Die Kriminalpolizei durchsuchte sein Dienstzimmer und beschlagnahmte das Diensthandy. Im Polizeibericht wurde empfohlen, dem Mitarbeiter jeglichen Zugriff auf Kinder und Jugendliche zu verweigern.  

Ermittlungsverfahren wird im Zeugnis erwähnt 

Das Arbeitsverhältnis wurde während des noch laufenden Ermittlungsverfahrens von der Stadt gekündigt und dem Sozialarbeiter ein Zeugnis erteilt, in dem das Ermittlungsverfahren und der Vorwurf ausdrücklich erwähnt wurden. Dagegen wehrt sich der Betroffene und macht die Streichung dieser Aussagen in seinem Arbeitszeugnis gerichtlich geltend, da es sich nur um einen Verdacht handele und das Zeugnis ihm bei der Suche nach einer neuen Stelle schade.  

Wohlwollen vs. Gebot der Zeugniswahrheit 

Ganz so ist es nicht, so das Arbeitsgericht Siegburg. Arbeitszeugnisse müssen zwar wohlwollend formuliert sein, so dass noch nicht abgeschlossene Ermittlungsverfahren wegen der Unschuldsvermutung grundsätzlich nicht ins Zeugnis aufgenommen werden können. Aber: In strengen Ausnahmefällen – wie etwa beim Schutz von Kindern – besteht die Pflicht des Arbeitgebers, ein Ermittlungsverfahren im Zeugnis zu erwähnen. Der Schutz von Kindern und Jugendlichen geht vor, zumal der Sozialarbeiter im Prozess den Besitz der kinderpornographischen Fotos auf dem Diensthandy nicht bestritten hatte. Nur dann entspricht das Zeugnis dem Gebot der Zeugniswahrheit. 

Arbeitsgericht Siegburg v.23.01.2025 - 5 Ca 1465/24 

Quelle: Pressemitteilung des ArbG Siegburg v. 18.03.2025 

Unsere Empfehlung

Paasend zum Thema

Seminar

Mitbestimmung bei Stellenausschreibung, Bewerbungsverfahren und Einstellung

Mitbestimmung bei der Bewerberauswahl und beim E-Recruiting

  • Prüfpflicht des Arbeitgebers vor der Stellenausschreibung
  • Beteiligung des Betriebsrats bei der Stellenausschreibung
  • Zulässige Fragen des Arbeitgebers im Bewerbungsverfahren

06. November 2025

Haben Sie Fragen zu unseren Seminaren und Kongressen oder rund um aas? Rufen Sie uns an
0209 165 85 - 0
oder nutzen Sie unser Kontaktformular

Zum Kontaktformular
MA JT Kontakt 400

für BR, PR, JAV und SBV

Mit dem aas-Newsletter informieren wir Sie regelmäßig über interessante Neuigkeiten. Dabei erfahren Sie mehr über aktuelle Gerichtsentscheidungen, wichtige gesetzliche Änderungen und interessante aas-Seminarangebote.

Über welche Themen möchten Sie informiert werden?

(Mehrfachauswahl möglich)

Bitte bestätigen Sie den Hinweis zum Datenschutz

* Pflichtfelder