Aktuelle Studie: Zahl der Betriebsräte in Deutschland sinkt auf Tiefpunkt

aas Blog – Aktuelle Studie: Zahl der Betriebsräte in Deutschland sinkt.

Haben Sie sich schon einmal gefragt, wie viele Betriebsräte es eigentlich in Deutschland gibt? Tatsächlich sind diese Gremien nur noch in 7% der Betriebe anzutreffen, wie eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zeigt. Zum Vergleich: 1996 waren es noch 49 %. Doch woher kommt diese Entwicklung? Und wie könnte man gegensteuern? 

Mögliche Gründe für diese Entwicklung 

Nicht nur Gewerkschaften zeigen tiefe Besorgnis angesichts dieser Ergebnisse. Denkbare Ursachen für den Rückgang der Zahlen, die von Gewerkschaftlern, Politikern und Experten genannt werden sind:  

  • Vielerorts werde mit Kündigungsdrohungen und Einschüchterung alles darangesetzt, die Gründung eines Betriebsrats zu stoppen. 
  • Für Menschen in sogenannten prekären Arbeitsverhältnissen, wie z.B. Leiharbeit, befristete Angestellte oder Minijobber, sei es viel schwieriger, sich in einem Betriebsrat zu engagieren. Und immerhin nehmen diese Beschäftigungsformen vor allem im boomenden Dienstleistungssektor rasant zu. 
  • Ein bürokratisches und veraltetes Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG).  
  • Alternative Formen der Interessenvertretung oder Mitarbeitervertretungen haben sich etabliert und sind inzwischen eine leichtere und modernere Möglichkeit geworden, sich in Betrieben zu engagieren und an Entscheidungsprozessen beteiligt zu sein. 
  • Die stabil hohe Arbeitszufriedenheit in Deutschland kann erklären, warum die Beschäftigten vielerorts auf eine institutionalisierte Mitbestimmung verzichten. Denn: Laut der Studie erfolgen Betriebsratsgründungen häufig eher in stürmischen, unter Umständen konfliktgeladenen Zeiten. 

Denkbare „Gegeninitiativen“ 

Was könnte getan werden, damit es in Zukunft wieder mehr Betriebsräte hierzulande gibt? Wie kann Interessenvertretung in deutschen Betrieben attraktiver werden? Gewerkschaften fordern einen verbesserten Kündigungsschutz von Wahlinitiatoren sowie wirksame Strafen für Arbeitgebende im Fall einer Behinderung von Wahlen, damit sich Mitarbeitende wieder trauen, einen Betriebsrat zu gründen, ohne weitreichende Folgen befürchten zu müssen.  

Aus der Studie der IW lässt sich folgende Idee entnehmen: Wenn die Politik eine Verbreitung von Betriebsräten tatsächlich fördern möchte, muss die betriebliche Mitbestimmung nicht nur für Arbeitnehmende, sondern auch für Arbeitgebende an Attraktivität gewinnen. Der Nutzen für den Arbeitgebenden muss zunehmen und die Kosten der Anwendung des Betriebsverfassungsgesetzes müssen sinken. Immerhin trägt allein der Arbeitgebende die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten, § 40 BetrVG. Zur Absenkung dieser finanziellen Aufwendungen werden die Möglichkeiten genannt, Gremiengrößen anzupassen sowie Betriebsratswahlen und Betriebsratsarbeit digital organisieren zu lassen. Dies könne einen wirkungsvollen Beitrag zur Absenkung der direkten Kosten der Anwendung des Betriebsverfassungsgesetzes leisten, ohne eine effektive betriebliche Mitbestimmung in Frage zu stellen, so die Studie. Durch angemessene Fristenregelungen könnten außerdem Mitbestimmungsprozesse beschleunigt und indirekte Kosten der Betriebsverfassung reduziert werden (Stettes, Oliver, 2025, Verbreitung von Betriebsräten und der Wunsch nach Interessenvertretung. Eine Analyse auf Basis der IW-Beschäftigtenbefragung 2024, IW-Report, Nr. 1, Köln). 

Ausblick 

Angeblich wollte die Ampel wesentliche Veränderungen vornehmen und die betriebliche Mitbestimmung stärken. Bevor es dazu kam, zerbrach die Regierung jedoch. Es gilt abzuwarten, ob und wann sich die die neue Zusammensetzung mit dieser Thematik beschäftigt. Ob sich bis 2026, dem Jahr, in dem Betriebsräte (neu) gewählt werden, etwas ändern wird, ist jedenfalls fraglich. 

23. Januar 2025

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