Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Teilurteil vom 19.06.2024, 4 Sa 26/33
Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hat einer Arbeitnehmerin einen Anspruch auf Mehrvergütung nach dem Entgelttransparenzgesetz (§ 3 Abs. 1 EntgTranspG) zugesprochen, weil der Arbeitgeber zwar Kriterien für die ungleiche Bezahlung im Verhältnis zu vergleichbaren männlichen Kollegen nennen, die Bewertung dieser Kriterien jedoch nicht nachprüfbar darlegen konnte.
Das war passiert
Die Arbeitnehmerin war Angestellte eines im Großraum Stuttgart ansässigen Unternehmens. Sie sah sich im Hinblick auf ihr Arbeitsentgelt gegenüber ihren männlichen Kollegen in einer vergleichbaren Position benachteiligt und wollte genauso viel verdienen. Ihre Vergütung setzt sich aus einem Grundgehalt, einem sogenannten Dividendenäquivalent und einem Company Bonus zusammen. Da die Arbeitgeberin das Gehalt nicht anpassen wollte, machte sie den Ausgleich gerichtlich geltend.
Das entschied das Gericht
Die Klage vor dem LAG Baden-Württemberg auf mehr Geld – entsprechend der männlichen Vergleichsgruppe – hatte teilweise Erfolg. Die 4. Kammer des LAG hat ihr mit Blick auf § 3 Abs. 1 EntgTranspG eine höhere Vergütung für das Jahr 2021 zugesprochen - allerdings nur für die zwei Gehaltsbestandteile Grundgehalt und Dividendenäquivalent. Ob der weitere Gehaltsbestandteil Company Bonus ebenfalls wegen einer geschlechtsspezifischen Benachteiligung nach oben angeglichen werden muss, war an dieser Stelle noch nicht entscheidungsreif
Das war die Begründung
Nach dem Entgelttransparenzgesetz (§ 3 Abs. 1 EntgTranspG) ist bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit eine unmittelbare oder mittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts im Hinblick auf sämtliche Entgeltbestandteile und Entgeltbedingungen verboten. Zudem ist dieses Verbot in § 7 EntgTranspG niedergelegt, wonach für gleiche oder für gleichwertige Arbeit nicht wegen des Geschlechts der oder des Beschäftigten ein geringeres Entgelt vereinbart oder gezahlt werden darf als bei einer oder einem Beschäftigten des anderen Geschlechts. Hintergrund des EntgTranspG sind Bestimmungen aus dem Recht der Europäischen Union. Art. 157 Abs. 1 AEUV verlangt, dass Frauen und Männer bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit das gleiche Entgelt erhalten.
Dass im vorliegenden Fall tatsächlich eine Differenz vorlag, war unstreitig. Die Gehaltsbestandteile Grundgehalt und Dividendenäquivalent waren bei der Arbeitnehmerin geringer als bei der männlichen Vergleichsgruppe. Es war nun an der Arbeitgeberin darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass trotzdem kein Verstoß gegen das Entgeltgleichheitsgebot vorlag, sondern ausschließlich andere Gründe als das Geschlecht zu einer ungünstigeren Behandlung geführt haben.
Zulässige andere Gründe wären beispielsweise geschlechtsunabhängige Differenzierungen nach der Berufserfahrung, nach dem Dienstalter oder nach der Qualität der Arbeit gewesen. Hinsichtlich dieser Kriterien hatte die Arbeitgeberin zwar Argumente vorgebracht, sie konnte jedoch nicht darlegen, wie sie die Kriterien im Einzelnen bewertet und wie sie diese zueinander gewichtet hatte. Eine Nachprüfbarkeit war daher nicht möglich.