Längere und intensivere Hitzeperioden stellen die größte Gefahr des Klimawandels für Beschäftigte in deutschen Unternehmen dar. An zweiter Stelle der Risiken stehen psychische Stressreaktionen wie Reizbarkeit, Aggression, Angst, Hilflosigkeit – und impulsive Gewalt. Wie Führungskräfte dafür sorgen können, dass es für die Mitarbeiter nicht zu heiß wird, lesen Sie hier.
Der Zusammenhang von Hitze und Aggression
Hitze wirkt sich direkt auf die menschliche Psyche aus. Es ist wissenschaftlich belegt, dass höhere Temperaturen mit einem Anstieg von Aggressionen und impulsiver Gewalt einhergehen. In Feldstudien beobachteten Forscher zum Beispiel, dass in Innenstädten bei steigenden Außentemperaturen vermehrt gehupt wird. Außerdem zeigen Studien, dass im Sommer mehr Morde verübt werden als in anderen Jahreszeiten und dass heißere Jahre insgesamt mit einer höheren Anzahl an Gewalttaten einhergehen. Diese Studienlage deutet darauf hin, dass Hitze Aggressions- und Gewaltpotenzial erhöht. Unklar ist jedoch bisher, welche konkreten Mechanismen für diesen direkten Zusammenhang verantwortlich sind. So gibt es physiologische Erklärungsansätze, dass bei hohen Temperaturen beispielsweise vermehrt Adrenalin und andere Stresshormone ausgeschüttet werden. Psychologische Ansätze vermuten, dass Hitze Unwohlsein auslöst, was zu gesteigerter Reizbarkeit und einer feindseligeren Wahrnehmung anderer Menschen führt.
Hitze und geistige Leistungsfähigkeit im Betrieb
Hitze steht nicht nur mit Aggression von Menschen in Zusammenhang, sondern darüber hinaus gibt es belastbare Hinweise, dass die geistige Leistungsfähigkeit während Hitzewellen reduziert ist. Damit können in der Folge eine Erhöhung der Fehlerrate und vermehrte Unfälle einhergehen. Bei der Arbeit und im Hinblick auf Gewalt kann so eine besonders ungünstige Situation entstehen. Es ist nicht nur damit zu rechnen, dass an heißen Tagen Menschen eher aggressiv reagieren, sondern auch, dass aufgrund der reduzierten kognitiven Leistungsfähigkeit eher Fehlurteile gefällt werden. Dies kann sowohl Kundinnen und Kunden oder andere Personen im Arbeitskontext betreffen als auch die Beschäftigten selbst. Heiße Temperaturen können sich somit auf verschiedenen Wegen das Gewaltgeschehen beeinflussen.
Prävention von Gewalt bei der Arbeit
Folgen von Gewalt können sowohl körperliche Verletzungen als auch psychische Gesundheitsbeeinträchtigungen sein. Außerdem wirkt sie sich durch krankheitsbedingte Fehlzeiten oder Kündigungen auf das Unternehmen aus und kann einen betriebswirtschaftlichen Schaden zur Konsequenz haben. Die Prävention von Gewalt bei der Arbeit ist daher von hoher Bedeutung. Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung (§ 5 ArbSchG) müssen Gefährdungen ermittelt und Maßnahmen abgeleitet werden, um diesen zu begegnen. Hierbei ist die Maßnahmenhierarchie im Arbeitsschutz einzuhalten, das heißt, technische sollten vor organisatorischen und diese wiederum vor personenbezogenen Maßnahmen umgesetzt werden. Technische Möglichkeiten sind z. B. die Beschattung von Fenstern, Ventilatoren, Klimaanlagen und Wasserspender. Als organisatorische Maßnahme kann das Wartezeitenmanagement verbessert werden (z. B. bei einer Behörde), sodass es möglichst zu keinen langen Wartezeiten kommt. Darüber hinaus könnten die Beschäftigten im Zuge von personenbezogenen Maßnahmen hinsichtlich deeskalierenden Verhaltens geschult und über den Zusammenhang von Hitze und Aggression aufgeklärt werden.
Steigen die Temperaturen über 26 Grad und höher, ist der Arbeitgeber sogar gesetzlich verpflichtet, Maßnahmen zu treffen, nämlich nach der Arbeitsstättenverordnung in Verbindung mit den technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR). In Frage kommen, je nach Temperatur und Arbeitsplatz: Wärmequellen wie Drucker und Kopierer aus den Räumen entfernen oder deren Nutzung einschränken, die Gleitzeitregelung ausdehnen, die Kleiderordnung lockern sowie Getränke bereitstellen, Luftduschen und Hitzepausen.
Quelle: DGUV Forum Ausgabe 5-2024