Bewerbung: Schadensersatz wegen Google-Recherche durch den Arbeitgeber

aas Seminare – aas-Blog – Urteil Der Woche KW41

Führt ein Arbeitgeber eine Google-Recherche durch, ist der Bewerber über diese Datenerhebung gem. Art. 14 DS-GVO (Datenschutz-Grundverordnung) zu informieren. Die Information hierüber muss dabei so präzise und spezifisch gefasst sein, dass die betroffene Person die Risiken abschätzen kann, die mit der Verarbeitung der erhobenen Daten verbunden sein können. Kommt der Arbeitgeber dieser Informationspflicht nicht nach und verwertet die erlangte Information – hier über die strafrechtliche Verurteilung – im Stellenbesetzungsverfahren, steht dem Bewerber ein Entschädigungsanspruch gem. Art. 82 I DS-GVO zu.

Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf v. 10.04.2024 - 12 Sa 1007/23

Das ist passiert:

Ein Interessent (Fachanwalt für Arbeitsrecht) bewarb sich bei einer Universität auf eine Stelle im Justiziariat. Während des Bewerbungsprozesses stellte sich heraus, dass der Bewerber von einem Landgericht wegen Betrugs zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt worden war. Das Urteil wurde später vom Bundesgerichtshof aufgehoben. Diese Information war in einem Wikipedia-Eintrag über den Fachanwalt enthalten, den die Universität bei ihrer Recherche fand, und wurde im Rahmen des Bewerbungsverfahrens in einem Auswahlvermerk festgehalten. Der Bewerber wurde hierüber nicht informiert. Zu einer Einstellung kam es nicht. Der Anwalt klagte auf Schadensersatz nach Art. 82 Abs. 2 DS-GVO und Art. 33 Abs. 2 GG in Höhe seines Verdienstausfalls. Das Arbeitsgericht Düsseldorf wies die Klage zurück, der Bewerber ging jedoch in Berufung.

Das entschied das Gericht:

Das LAG sah die Klage zumindest teilweise als begründet an. Die Richter entschieden, dass die Universität gegen die Informationspflicht nach Art. 14 Abs. 1 lit. d DS-GVO verstoßen habe, da sie den Bewerber nicht über die Verarbeitung seiner strafrechtlichen Verurteilung informierte.

Die Google-Recherche stellt laut Urteil als solche keine Verletzung der DS-GVO dar. Allerdings hat der Bewerber durch die fehlende Information einen sogenannten immateriellen Schaden erlitten. Denn er hatte nicht die Möglichkeit, sich im Bewerbungsverfahren dazu zu äußern. Dieser Kontrollverlust wurde vom Gericht als schwerwiegend genug erachtet, um eine Entschädigung zu rechtfertigen. Der Bewerber erhielt deshalb eine Entschädigung in Höhe von 1.000 Euro.

Darüberhinausgehende Schadensersatzansprüche wies das LAG jedoch ab. Die genannte Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs allein reicht nicht aus, um ein Recht auf Schadensersatz des Bewerbers zu begründen. Das Verhalten des Arbeitgebers im Bewerbungsverfahren ist für den Schaden eines zurückgewiesenen Bewerbers nur dann ursächlich, wenn jede andere Besetzungsentscheidung rechtsfehlerhaft gewesen wäre. Dies konnte das Gericht jedoch nicht feststellen. Der Verstoß gegen die Informationspflicht kann einen Rechtsfehler auch nicht begründen. Denn: Ein solcher führt nicht automatisch zu einem Beweisverwertungsverbot, so das LAG. In Verwaltungsvorgängen und Bewerbungsverfahren muss im Einzelfall abgewogen werden, ob das öffentliche Interesse an der Aufklärung des Sachverhalts das Schutzinteresse des Betroffenen überwiegt.

Hier finden Sie das vollständige Urteil.


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25. September 2024

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