Betriebsratsgründung: Etwa jeder fünfte wird vom Arbeitgeber behindert

aas Seminare – aas-Blog – BR Gruendung

Behinderungen von Betriebsratswahlen sind keine Einzelfälle, insbesondere, wenn Beschäftigte erstmals eine Vertretung wählen wollen. Eine neue Befragung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung liefert Hinweise darauf, dass Arbeitgeber mehr als jede fünfte Neugründung von Betriebsräten behindern, obwohl das ein Straftatbestand ist. Das gesetzlich verbriefte Recht, einen Betriebsrat wählen zu dürfen, muss oft gegen starke Widerstände erstritten werden. Dies erfordert Engagement und Mut der Beschäftigten.

Zusammenfassung der Ergebnisse:

Wollen Belegschaften erstmalig einen Betriebsrat errichten, müssen sie vergleichsweise häufig mit zum Teil sogar massivem Widerstand der Geschäftsleitungen rechnen. Das zeigt eine neue Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung. Sie schüchtern Kandidat*innen ein, drohen mit Kündigung oder verhindern die Bestellung eines Wahlvorstands. Viele nehmen bei ihren Störaktionen sogar externe Hilfe durch Anwaltskanzleien oder Unternehmensberatungen in Anspruch. Besonders verbreitet ist Druck gegen Beschäftigte, die einen Betriebsrat gründen wollen, in mittelgroßen eigentümergeführten Unternehmen.

Die Forscher erklären das wie folgt: „Offenkundig trifft die betriebliche Mitbestimmung gerade in jenen Bereichen auf verminderte Akzeptanz, wo Eigentümer*innen ihr Geschäft persönlich führen und nur eine geringe Bereitschaft zeigen, die Macht im Betrieb mit einer weiteren Instanz zu teilen.“ In beinahe der Hälfte aller Fälle, in denen sich der Arbeitgeber der erstmaligen Wahl eines Betriebsrats entgegenstellt, findet diese am Ende nicht statt.

Folgen der Verhinderung von Betriebsratsgründungen

Experten meinen, dies sei eine gesellschaftlich und auch gesamtwirtschaftlich hoch riskante Entwicklung. Denn gerade in Zeiten des Wandels seien Betriebsräte wichtig, damit die Arbeit der Zukunft gemeinsam mit den Beschäftigten gestaltet werden kann. Nur so könnten große gesellschaftliche Projekte (z.B. Digitalisierung) gelingen. Zum einen, weil die Perspektiven und Interessen der Beschäftigten berücksichtigt werden und sie so den Weg des Wandels mitgehen und zum anderen, weil aus der Forschung bekannt ist, dass die Einbindung der Expertise der Beschäftigten über den Betriebsrat in der Regel zu besseren Ergebnissen führt.

Außerdem: Die Verhinderung von Betriebsratsgründungen relativiere die ohnehin schon niedrige Gesamtquote an Betriebsratsgremien in Deutschland. Allein, um den Bestand im stabilen Kern zu halten, müssten stets neue Betriebsräte gebildet werden. Durch entsprechende Angriffe auf Neugründungsaktivitäten würde dieser Kern in seiner Reproduktionsfähigkeit behindert und somit das gesamte System der betrieblichen Mitbestimmung destabilisiert.

So könnte den Aktivitäten der Arbeitgeber begegnet werden

Die Untersuchung unterstreicht nach Analyse der Forscher, wie notwendig ein erweiterter gesetzlicher Schutz vor Eingriffen des Managements ist. So müssten Verstöße des Arbeitgebers wirksamer als bisher sanktioniert werden. Die im Koalitionsvertrag der amtierenden Bundesregierung vorgesehene Hochstufung der Behinderung von Betriebsratswahlen vom Antragsdelikt zum Offizialdelikt stehe zudem noch aus. Durch diese Reform wären Staatsanwaltschaften „von Amts wegen“ verpflichtet, die Behinderung von Betriebsratswahlen zu verfolgen, sobald sie Kenntnis davon erlangen.

Engagement, Mut und Schutz der Beschäftigten

Das gesetzlich verbriefte Recht, einen Betriebsrat wählen zu dürfen, muss oft gegen starke Widerstände erstritten werden. Dies erfordert Engagement und Mut der Beschäftigten. Doch es lohnt sich. Denn: Meistens kommen Betriebsrat und Management in deutschen Unternehmen ganz gut miteinander klar. Ist ein Betriebsrat erst einmal etabliert, arrangieren sich die meisten Unternehmen bald mit dessen Existenz und sehen eher selten Gründe, seine Arbeit prinzipiell in Frage zu stellen, so die Wissenschaftler.

Studien zeigen: Mitbestimmte Betriebe bieten bessere Arbeitsbedingungen, sind im Mittel produktiver und oft innovativer als Firmen ohne betriebliche Mitbestimmung. Außerdem können Betroffene den bestehenden gesetzlichen Schutz nutzen, auch wenn die Forscher auch hier mehr Absicherung der Kandidat*innen bei Betriebsratswahlen gegen Repressionen des Arbeitgebers fordern. Bisher gilt, dass vor Kündigung nicht nur Betriebsräte selbst geschützt sind, sondern auch Mitglieder des Wahlvorstands, Einladende zur Wahlversammlung und Wahlinitiatoren, § 15 KSchG (Kündigungsschutzgesetz).

Quelle: Pressemitteilung Hans Böckler Stiftung vom 12.9.2024

25. September 2024

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