Keine Headset-Pflicht ohne Mitbestimmung

Urteil Der Woche KW48

Bundesarbeitsgericht (BAG) vom 16.07.2024 – 1 ABR 16/23 

Ein Headset-System, das es den Vorgesetzten ermöglicht, die Kommunikation unter Arbeitnehmern mitzuhören, ist eine technische Einrichtung, die zur Überwachung der Arbeitnehmer nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG bestimmt ist. Seine Einführung und Nutzung unterliegt auch dann der betrieblichen Mitbestimmung, wenn die Gespräche nicht aufgezeichnet oder gespeichert werden. 

Das ist passiert: 

Ein Bekleidungseinzelhändler wollte für die Kommunikation der Beschäftigten untereinander eine Headset-Pflicht einführen und schloss mit dem Gesamtbetriebsrat eine Vereinbarung. Das Headset-System wird über ein Internetportal von der zentralen IT-Abteilung des Konzerns in Dublin betreut. Es übermittelt verschiedene Daten, zeichnet jedoch weder Gespräche der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf, noch hält es fest, wer wann welches Headset nutzt.  

Der örtliche Betriebsrat einer Filiale meinte, die Nutzung der Headsets unterliege seiner Mitbestimmung. Das Headset-System sei eine technische Einrichtung nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG, die zur Überwachung des Verhaltens und der Leistung der Arbeitnehmer geeignet sei. Da die Kommunikation nicht in andere Betriebe übertragen werde, sei er und nicht der Gesamtbetriebsrat für die Angelegenheit zuständig. 

Das entschied das Gericht: 

Die Unterlassungsanträge des örtlichen Betriebsrats blieben in allen Instanzen ohne Erfolg. Zwar gab ihm das BAG Recht, dass die Einführung des Headset-Systems als technische Überwachungseinrichtung nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG mitbestimmungspflichtig ist. Es handelt sich laut Entscheidung deshalb um eine solche Einrichtung, weil die Vorgesetzten in der Filiale die Gespräche jederzeit mithören können. Sie sind daher stets in der Lage, das Verhalten der Beschäftigten zu kontrollieren, was diese einem ständigen Überwachungsdruck aussetzt. Dass die Geräte keiner bestimmten Person zugeordnet sind, ändert daran nichts. Denn der Vorgesetzte kann die Stimmen der Sprechenden erkennen. Es spielt auch keine Rolle, dass die Gespräche nicht aufgezeichnet oder gespeichert werden. Es reicht aus, wenn nur ein Teil des Überwachungsvorgangs mittels einer technischen Einrichtung erfolgt, so die Richter. Dass die rechtlichen Schritte des Betriebsrats dennoch scheiterten, lag letztendlich darin begründet, dass laut BAG nicht der örtliche Betriebsrat, sondern der Gesamtbetriebsrats zuständig ist, da das Headset-System im gesamten Unternehmen eingeführt wurde und deshalb sämtliche Betriebe der Arbeitgeberin betrifft. 


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