Mitbestimmungsrechte

Kommentar zu § 87 BetrVG

Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten

Im § 87 BetrVG werden 14 Themenfelder genannt, bei denen der Betriebsrat mitzubestimmen hat. Bei diesen Angelegenheiten kann der Arbeitgeber nicht ohne Zustimmung des Betriebsrats einseitig Maßnahmen ergreifen. Er muss sich zuvor mit dem Betriebsrat über die Vorgehensweise geeinigt haben.

Handelt der Arbeitgeber einseitig oder weicht er von dem Vereinbarten ab, kann der Betriebsrat einen Unterlassungsanspruch beim Arbeitsgericht geltend machen – notfalls in Form eines Eilantrages.

Immer dann, wenn es in mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten inhaltliche Differenzen über das „wie“ zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber gibt und deshalb eine Einigung nicht zustande kommt, kann eine Einigungsstelle (siehe auch §§ 76 und 76a BetrVG) gebildet werden. Der Spruch der Einigungsstelle (der dort gefundene Kompromiss also), tritt an die Stelle der im Betrieb nicht erzielten Einigung und hat denselben Stellenwert wie eine Betriebsvereinbarung.

Der § 87 BetrVG ist nicht der einzige Paragraph im Betriebsverfassungsgesetz, der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats beinhaltet. Weitere Mitbestimmungsrechte sind z. B. im § 94, Personalfragebogen und Beurteilungsgrundsätze, oder in den §§ 9698, betriebliche Qualifizierung, enthalten.

Die Mitbestimmungsrechte im Einzelnen

Bei den Mitbestimmungsrechten ist der Betriebsrat am stärksten aufgestellt. Bei einer mitbestimmungspflichtigen Angelegenheit ist der Arbeitgeber faktisch handlungsunfähig, wenn er nicht die Zustimmung des Betriebsrats hat, in einer bestimmten Weise zu verfahren.

Handelt der Arbeitgeber einseitig, missachtet er die Rechte des Betriebsrats oder weicht er von vereinbarten Regeln ab, kann der Betriebsrat das Arbeitsgericht anrufen und dort seine Rechte durchsetzen. Er kann in einem Beschlussverfahren einen Unterlassungsanspruch geltend machen. In dringenden Fällen ist dies auch mit einem Eilverfahren möglich.

Wichtig: In mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten hat der Betriebsrat immer ein Initiativrecht.

Der Betriebsrat muss also nicht warten, dass der Arbeitgeber aktiv wird und eine Regelung fordert. Vielmehr kann auch der Betriebsrat den Arbeitgeber auffordern, über eine Neuregelung (z. B. einer neuen Arbeitszeitregelung) zu verhandeln, um Verbesserungen für die Arbeitnehmer zu erzielen. Der Arbeitgeber kann sich dem nicht entziehen.

Die Mitbestimmung entfällt nur dann, wenn es in der fraglichen Angelegenheit bereits eine gesetzliche oder tarifliche Regelung gibt. Allerdings muss diese gesetzliche oder tarifliche Regelung so abschließend bzw. eindeutig sein, dass es keinen betrieblichen Umsetzungsspielraum mehr gibt. Lässt eine gesetzliche oder tarifliche Regelung verschiedene betriebliche Optionen zu, besteht in diesen offenen Punkten die Mitbestimmung.

Beispiel 1: In einem Forschungslabor, in dem auch explosive Substanzen zum Einsatz kommen, besteht ein gesetzliches Rauchverbot. Hierbei hat der Betriebsrat keine Mitbestimmungsrechte, weil ein Gesetz das Rauchverbot vorschreibt. Aber: Der Arbeitgeber ist z. B. in einem Verwaltungsbetrieb auch gesetzlich verpflichtet, „geeignete Maßnahmen“ zu ergreifen, um die Nichtraucher zu schützen. Allerdings lässt der Gesetzgeber offen, welche Maßnahmen dies genau sein müssen. Hier hat nun der Betriebsrat mitzubestimmen, wie der Nichtraucherschutz im Betrieb umgesetzt wird (siehe § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG)

Beispiel 2: Der Arbeitgeber ist verpflichtet, für seinen Fuhrpark Fahrtenschreiber zum Einsatz zu bringen. Dennoch ist der Betriebsrat bei der Einführung und Anwendung der Geräte berechtigt mitzubestimmen, da die Geräte und vor allen Dingen die Daten, die diese Geräte liefern, auch noch für andere Auswertungen der Verhaltens- und Leistungskontrolle verwendet werden können, als dies vom Gesetzgeber vorgesehen ist. Eben diese Nutzung (oder Nichtnutzung) wird der Betriebsrat mit dem Arbeitgeber aushandeln müssen (Betriebsvereinbarung).

Bevor eine mitbestimmungspflichtige Angelegenheit im Betrieb umgesetzt werden kann, müssen sich Betriebsrat und Arbeitgeber über die Vorgehensweise einigen. Das Ergebnis der Einigung wird (zumindest in den überwiegenden Fällen) schriftlich in Betriebsvereinbarungen (siehe auch § 77 BetrVG) festgehalten.

Obwohl der § 2 Abs. 1 BetrVG und § 74 Abs. 1 BetrVG Betriebsrat und Arbeitgeber dazu verpflichten, bei strittigen Fragen vertrauensvoll und mit dem ernsten Willen zur Einigung zu verhandeln, liegen die Interessen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber oft so weit auseinander, dass eine Einigung nicht erzielt werden kann.

Ordnung und Verhalten der Arbeitnehmer

Der Betriebsrat hat mitzubestimmen, wenn es um Regeln geht, wie sich Arbeitnehmer im Betrieb verhalten sollen und ob und wenn ja – welche Ordnungsregeln es gibt.

Gemeint sind dabei nicht die Anweisungen, die der Arbeitgeber zur Erfüllung der arbeitsvertraglichen Verpflichtungen und für die Durchführung der Tätigkeiten selbst erteilt, reine Arbeitsanweisungen sind mitbestimmungsfrei. Deutlich beschreibt der § 106 GewO das Recht des Arbeitgebers, Arbeitsanweisungen zu erteilen und, wo dieses Recht dadurch beschränkt ist, dass u. a. Betriebsvereinbarungen zu beachten sind – und dies ist ausdrücklich bei Fragen „der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb“ der Fall.

Die Liste der Angelegenheiten, die unter dieses Mitbestimmungsrecht fallen, ist lang. So hat der Betriebsrat schon bei Verhaltensgrundsätzen mitzubestimmen. Das sind (oft mit modernen englischsprachigen Titeln versehen) z. B.

  • Betriebsordnungen,
  • Führungsgrundsätze,
  • Ethikrichtlinien.

Es geht aber nicht nur um umfassende Richtlinien, sondern auch um Einzelvorschriften, die am Arbeitsplatz gelten sollen, so zum Beispiel

  • Rauch- und Alkoholverbote,
  • Tragen einheitlicher Arbeitskleidung,
  • Bekleidungsordnung (Anzug und Krawatte ja oder nein, Kopftuch usw.),
  • Benutzung von Wasch- und Umkleideräumen,
  • Parkplatznutzung,
  • Zugangsregeln zum und innerhalb des Betriebs,
  • Möglichkeiten, Kinder oder Haustiere in den Betrieb mitzubringen,
  • regelmäßige Taschenkontrollen,
  • Nutzung von Betriebsausweisen,
  • Regeln zur Verpflichtung, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen früher vorlegen zu müssen, als im § 5 EFZG beschrieben,
  • Durchführung von Kranken-/Rückkehrgesprächen auch BEM-Gespräch (betriebliches Eingliederungsmanagement, § 167 Abs. 2 SGB IX),
  • Anordnung von Eignungsuntersuchungen,
  • private Nutzung von Radios, E-Mail und Internet am Arbeitsplatz,
  • private Nutzung von Mobiltelefonen bei Arbeitsunterbrechungen am Arbeitsplatz.

Bei Verhandlungen mit dem Arbeitgeber über derartige Ordnungs- und Verhaltensfragen wird der Betriebsrat ein besonderes Augenmerk immer auf die freie Entfaltung und die Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer haben (siehe auch § 75 BetrVG)

Betriebsbußen – nein danke!

Immer wieder kommt es vor, dass Arbeitgeber Fehlverhalten oder Fehler bei der Arbeit in Form von Betriebsbußen bestrafen wollen. Derartige Regelungen unterliegen der Mitbestimmung. Führt der Arbeitgeber ohne Zustimmung des Betriebsrats Betriebsbußen ein oder führt sie durch, sollte der Betriebsrat UNBEDINGT einen Unterlassungsanspruch beim Arbeitsgericht geltend machen, wenn sich der Arbeitgeber nicht durch Gespräche mit dem Betriebsrat aufhalten lässt.

Überhaupt ist es nicht ratsam, wenn sich der Betriebsrat auf Betriebsbußen einlässt. Wenn es nicht anders geht, muss aber unbedingt zuvor eine gründlich ausgearbeitete Betriebsvereinbarung abgeschlossen werden, bei der sich der Betriebsrat rechtlich beraten lässt (siehe Sachverständige des Betriebsrats, § 80 Abs. 3 BetrVG).

Statt dem Grundsatz des Bestrafens zu folgen, sollte im Betrieb auf Vorsorge gebaut werden: Schulung, Training, Gestaltung der Arbeitsabläufe, Motivation und Führungsstil – um nur einige Stichworte zu nennen.

Verteilung und Lage der Arbeitszeit, Pausen

Die Mitbestimmung des Betriebsrats bezieht sich in Sachen Arbeitszeit auf die Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit, nicht auf die Länge der Wochenarbeitszeit selbst, die ja tarifvertraglich geregelt ist (oder – sofern kein Tarif gilt – einzelvertraglich festgelegt wird).

Mitzubestimmen hat der Betriebsrat (unter Beachtung des Arbeitszeitgesetzes und eventueller tariflicher Regelungen) beim Beginn und Ende der Arbeitszeit und bei der Verteilung auf die Wochentage. Dazu gehört, welche Arbeitszeitmodelle überhaupt zur Durchführung kommen – also z. B.

  • feste Zeiten des Arbeitsbeginns und -endes,
  • variable Zeitmodelle, wie

Gleitzeitregelungen (vom Arbeitnehmer selbst bestimmte Zeiten im Rahmen von Zeitspannen, die zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber ausgehandelt werden),

Kapazitätsorientierte variable Arbeitszeiten (KapoVaZ); von den Arbeitsabläufen bestimmte Zeitschwankungen im Rahmen der mit dem Betriebsrat ausgehandelten Grenzen,

  • Langzeitarbeitskonten,
  • Schichtmodelle jeglicher Art und die Lage der Arbeitszeiten in den Schichten. Zur Mitbestimmung gehören auch die Schichtpläne/Dienstpläne selbst, also auch wer in den Schichten arbeitet, und jegliche Änderungen der Pläne,
  • Bereitschafts- und Rufbereitschaftszeiten.

Wichtig: Es geht bei der Mitbestimmung in Sachen Arbeitszeit nicht nur um Uhrzeiten und Pläne. Zur Mitbestimmung gehört auch die Frage, wo die tägliche Arbeitszeit beginnt und endet (also z. B. wo die Zeiterfassungsanlage zu bedienen ist). Dadurch muss auch die Frage mitbestimmt werden, was alles zur Arbeitszeit zählt. Beispiele:

  • Umkleidezeiten,
  • Dienstreisezeiten,
  • Nebentätigkeiten,

o   z. B. Arbeitsvorbereitungen und abschließende Tätigkeiten wie Fahrzeuge beladen, betanken oder reinigen, Tourenplanung und Berichtswesen im Außendienst, Reinigen und Aufräumen des Arbeitsplatzes.

Die Gestaltung der Arbeitszeit hat einen großen Einfluss bei dem Thema „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ (siehe auch § 80 Abs. 1 Nr. 2b BetrVG). Da dieses Thema zu den allgemeinen Aufgaben des Betriebsrats zählt, sollte es bei Verhandlungen über Arbeitszeitmodelle mit dem Arbeitgeber mit berücksichtigt werden.

Selbstverständlich muss der Betriebsrat auch zustimmen, wenn einmal außerhalb der vereinbarten Zeiten gearbeitet werden soll (z. B. bei Tagungen oder Schulungen am Abend oder am Wochenende).

Zur Information: Die sogenannte Vertrauensarbeitszeit ist kein Arbeitszeitmodell. Der Arbeitgeber verzichtet hierbei nur auf eine Arbeitszeiterfassung. In diesen Betrieben muss dennoch eine Regelung bestehen (die natürlich mitbestimmungspflichtig ist), wann und wie gearbeitet werden soll.

Der Verzicht auf eine Zeiterfassung nimmt dem Betriebsrat die Möglichkeit, seinen Verpflichtungen aus dem § 80 Abs. 1 BetrVG nachzukommen, darüber zu wachen, ob das Arbeitszeitgesetz, der Tarifvertrag und die Betriebsvereinbarung über die Arbeitszeiten eingehalten werden. Außerdem wird geleistete Mehrarbeit nicht mehr sichtbar und die Mitbestimmung in dieser Frage wird untergraben.

Schon aus diesen Gründen sollte der Betriebsrat auf eine Zeiterfassung bestehen. Fehlt die Zustimmung des Betriebsrats zur Vertrauensarbeitszeit, darf der Arbeitgeber sie auch nicht einführen.

Pausen

Das Arbeitszeitgesetz verpflichtet den Arbeitgeber, den Arbeitnehmern Pausen zu gewähren. Die Arbeitnehmer sind verpflichtet, diese Pausen auch tatsächlich in Anspruch zu nehmen. Der Arbeitgeber muss arbeitsorganisatorisch sicherstellen, dass die Pausen auch möglich sind.

Der Betriebsrat hat mitzubestimmen, wann diese Pausen stattfinden und wie lange die Pausenzeiten sind (die Mindestzeiten werden im § 4 ArbZG genannt).

Wichtig für die Arbeit des Betriebsrats ist es im betrieblichen Alltag, die Einhaltung der einmal mit dem Arbeitgeber vereinbarten Pausenzeiten zu überwachen, wozu der Betriebsrat verpflichtet ist (siehe hierzu § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG).

Insbesondere geht es dann um die Fragen, ob die Betriebsabläufe und die Personalmenge es überhaupt zulassen, dass die Arbeitnehmer ihre Pausenzeiten einhalten können und ob sichergestellt ist, dass sie in den Pausenzeiten nicht durch Arbeitsangelegenheiten (und sei es nur durch dienstliche Telefonate) gestört werden.

Der Betriebsrat kann – notfalls mit einem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren – die Einhaltung der Betriebsvereinbarung über die Pausenzeiten durchsetzen.

Überstunden und Kurzarbeit

Zu den am häufigsten genutzten Mitbestimmungsrechten, dürfte in Deutschland zurzeit das Thema Mehrarbeit zählen. Immer wenn es darum geht, dass die regelmäßige Arbeitszeit ausgeweitet werden soll, hat der Betriebsrat mitzubestimmen.

Ohne Zustimmung des Betriebsrats darf keine Mehrarbeit vom Arbeitgeber angeordnet werden. Führt der Arbeitgeber Mehrarbeit durch, ohne dass der Betriebsrat zugestimmt hat, kann der Betriebsrat beim Arbeitsgericht einen Unterlassungsanspruch geltend machen (siehe auch § 23 Abs. 3 BetrVG).

Der Arbeitgeber kann sich auch nicht damit herausreden, dass die Mitarbeiter „freiwillig“ Mehrarbeit leisten oder Mehrarbeit bereits arbeitsvertraglich vereinbart ist (z. B. bei außertariflichen Angestellten mit der Formulierung: „Zehn Stunden Mehrarbeit sind bereits mit dem Gehalt abgegolten“), da ja immer noch die Frage mitzubestimmen ist, wann, wer und wie lange diese Mehrarbeitszeiten leistet.

Der Betriebsrat sollte bedenken, dass ständige Mehrarbeit z. B. wegen Personalmangels, im Grunde genommen eine verdeckte Erhöhung der regelmäßigen Wochenarbeitszeit ist, da dann ja die Mehrarbeit nicht mehr „vorübergehend“ ist, wie es im § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG heißt.

Ebenfalls muss der Betriebsrat natürlich auch das Arbeitszeitgesetz im Auge behalten, das eine Höchstarbeitszeit von 10 Stunden/Tag erlaubt – bei einem 6-Monatsdurchschnitt von 8 Stunden/Arbeitstag (siehe auch § 3 ArbZG).

Bei der Frage, ob der Betriebsrat Mehrarbeit zustimmen soll oder nicht, stellt sich gleichzeitig immer die Frage, wie diese geleistete Mehrarbeit ausgeglichen werden kann. Darum ist auch bei der vorübergehenden Verkürzung der Arbeitszeit der Betriebsrat in der Mitbestimmung (wann und wie erfolgt der Zeitausgleich).

Die Mitbestimmung bei der vorübergehenden Verkürzung der Arbeitszeit kommt auch beim Thema Kurzarbeit zum Tragen. Will der Arbeitgeber aus wirtschaftlichen Gründen Kurzarbeit anmelden, muss es zu einer Übereinkunft mit der Arbeitsagentur kommen, die den Abschluss einer Betriebsvereinbarung zur vorübergehenden Verkürzung der Wochenarbeitszeit voraussetzt.

Aus der Praxis:

In allen mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten gibt es keine Fristen. Eine Einigung mit dem Arbeitgeber dauert so lange, wie die Verhandlungen dauern. Dies gilt auch für die Mehrarbeit.

In Betrieben, bei denen Mehrarbeit häufig zur Anwendung kommt, haben weder der Arbeitgeber noch der Betriebsrat ein Interesse daran, jeden Einzelfall immer wieder neu zu verhandeln. Daher werden zum Thema Mehrarbeit häufig Betriebsvereinbarungen (siehe § 77 BetrVG) abgeschlossen, die betriebliche Regeln festlegen, wie, in welchem Umfang und zu welchen Bedingungen Mehrarbeit angeordnet werden kann.

Beim Abschluss derartiger Betriebsvereinbarungen sollte der Betriebsrat die Problematik der zumutbaren Arbeitsbelastung der Arbeitnehmer und das Thema Familie und Beruf im Auge behalten und nur Regelungen akzeptieren, die nicht zu unzumutbaren Belastungen der Arbeitnehmer führen.

Auszahlung des Arbeitsentgelts

Der Betriebsrat hat bei Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte mitzubestimmen. Diese Regelung scheint auf den ersten Blick veraltet zu sein; stammt sie doch aus der Zeit, als das Arbeitsentgelt noch in bar in Form einer „Lohntüte“ ausgezahlt wurde. Dennoch hat die Mitbestimmung in dieser Frage auch heute noch seine Berechtigung. Unter die Mitbestimmung fallen nämlich auch „sonstige“ Entgelte, auf die der Arbeitnehmer Anspruch hat. Zum Beispiel Zeitpunkt der Auszahlung:

  • von Akkordsätzen,
  • Verkaufsprämien und Provisionen,
  • Zielerreichungsprämien,
  • Überstundenzuschlägen,
  • Jubiläumsgeldern,
  • Erstattung von Reisekostenauslagen

Es geht um Vereinbarungen wie:

  • wann ausgezahlt wird (z. B. im Folgemonat, halbjährlich, jährlich oder ähnliches) und
  • wie ausgezahlt wird (z. B. zunächst einen Abschlag und spätere genauere Abrechnung – oder sofort vollständig abgerechnet – usw.)

Urlaubsplan und Urlaubsgrundsätze

Der Betriebsrat hat auch bei Urlaubsfragen mitzubestimmen.

Grundlage der Mitbestimmung sind die im Bundesurlaubsgesetz festgelegten Rechte der Arbeitnehmer und die in Tarifverträgen enthaltenen Regeln, die meist zusätzliche Ansprüche definieren. Auch Sonderurlaubsansprüche (z. B. aus dem § 208 SGB IX) oder Sonderurlaubsformen gehören dazu.

Die Mitbestimmung des Betriebsrats bezieht sich auf die Umsetzung der Urlaubsansprüche der Arbeitnehmer im Betrieb und zwar bei:

  • Regeln für die Urlaubsplanun
  • Regeln für
    • Betriebsferien
    • Urlaubssperren
  • Quoten von Arbeitnehmern, die gleichzeitig Urlaub machen können
  • Urlaubsantrags- und genehmigungsverfahren
  • Regeln für Urlaubslängen

und

  • bei strittigen Einzelfällen über die Frage, wann Urlaub genommen werden kann

Ob, wann und wie der Urlaub im Betrieb geplant wird und welche Regeln hierbei zu beachten sind, unterliegt der Mitbestimmung des Betriebsrats. Dazu gehört auch die Frage, wie nach abgeschlossener Planung die Genehmigung dieser Planung erfolgt. Also welche allgemeinen Grundsätze hierbei eine Rolle spielen. Insbesondere wäre hier mit dem Arbeitgeber auszuhandeln, dass möglichst wenige „dringende betriebliche Gründe“ (siehe § 7 Abs. 1 BUrlG) vorliegen können, die eine Ablehnung eines Urlaubs rechtfertigen könnten.

Immer wieder problematisch ist in den Betrieben das Verfahren, wie Urlaub beantragt und genehmigt wird. Um Klarheit zu schaffen, wird der Betriebsrat mit dem Arbeitgeber ein Verfahren hierzu ausarbeiten und in einer Betriebsvereinbarung festlegen.

Wichtig: Der Betriebsrat hat auch mitzubestimmen, wenn zwischen einem Arbeitnehmer und dessen Vorgesetztem keine Einigung erzielt wird, wann der Urlaub genommen werden kann. Die Mitbestimmung gilt hierbei also auch für einen Einzelfall. Wendet sich ein Arbeitnehmer mit einer derartigen Beschwerde an den Betriebsrat, hat dieser die Möglichkeit im Zuge seiner Mitbestimmung, den Fall mit dem Arbeitgeber zu klären (bis hin zur Einigungsstelle).

Technische Überwachung

Immer dann, wenn eine technische Anlage dazu in der Lage ist, die Leistung oder das Verhalten der Arbeitnehmer zu überwachen, ist der Betriebsrat bei der Inbetriebnahme und dem laufenden Betrieb in der Mitbestimmung. Zwar steht im § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG die Formulierung „…… die dazu bestimmt sind … (…) … zu überwachen“, jedoch geht die ständige Rechtsprechung davon aus, dass die Mitbestimmung schon dann zu beachten ist, wenn die technische Einrichtung dazu geeignet ist, Verhaltens- und Leistungskontrollen zu ermöglichenEs kommt also nicht darauf an, dass der Arbeitgeber die Möglichkeit zur Kontrolle tatsächlich nutzen will.

Das Spektrum der technischen Einrichtungen, die dazu geeignet sind, zur Verhaltens- und Leistungskontrolle genutzt werden zu können, ist groß. So gehören mechanische Stempeluhren zur Zeiterfassung ebenso dazu, wie PC Hard- und Software bis hin zu Smartphone und Videoüberwachung. Einige Beispiele, die sowohl bei der Inbetriebnahme als auch beim laufenden Betrieb von der Mitbestimmung des Betriebsrats betroffen sind:

  • Zeiterfassungsanlagen,
  • Personaldatenerfassung mit IT,
  • Zugangssysteme für Türen (Transponder, Barcodeleser usw.),
  • Elektronische Registrierkassen mit Nutzererfassung,
  • Anmelde- und Registriersysteme an Maschinen und PCs,
  • Telefonanlagen (auch dienstliche Mobiletelefone),
  • Internetnutzung,
  • Fahrtenschreiber,
  • GPS-Systeme,
  • Videoüberwachung.

Gerade die immer weiter fortschreitende Digitalisierung in den Betrieben löst immer häufiger die Mitbestimmung des Betriebsrats aus. In der Regel werden zu diesen Themen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber Betriebsvereinbarungen abgeschlossen (siehe § 77 BetrVG), die u. a. folgende Punkte regeln:

  • Welche Zweckbestimmung wird mit der technischen Einrichtung verfolgt?
  • Welche Daten werden erfasst, gespeichert und in welcher Form genutzt (verarbeitet)?
  • Wer hat Zugriff auf die Daten?
  • Welche Kontrollrechte hat der Betriebsrat zur Überwachung der Einhaltung der Betriebsvereinbarung?

Bei den Verhandlungen über eine entsprechende Vereinbarung wird der Betriebsrat ein besonderes Augenmerk darauf richten, dass keine unzumutbaren Überwachungen der Mitarbeiter erfolgen und dass die Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer gewahrt bleiben.

Dabei wird auch immer darüber verhandelt werden müssen, ob die Datenschutzvorschriften eingehalten werden (also z. B. der Grundsatz der Datensparsamkeit und der Grundsatz, dass nur Daten erfasst werden, die der Zweckbestimmung dienen).

Da immer mehr und immer schneller Geräte und Softwareanwendungen angeschafft und erneuert werden, wird es fast unmöglich, für jeden Einzelfall eine Betriebsvereinbarung auszuhandeln. Aus diesem Grund werden häufig sogenannte Rahmenbetriebsvereinbarungen abgeschlossen. Diese regeln, wie im Betrieb grundsätzlich mit personenbezogenen Daten umgegangen wird und welche Rechte die Arbeitnehmer haben, egal, um welche Anwendung es sich handelt.

In speziellen ergänzenden Vereinbarungen, müssen dann nur noch die Anwendungen geregelt werden, bei denen die Verhaltens- und Leistungskontrolle im Vordergrund stehen.

Bei den Verhandlungen zu einer Betriebsvereinbarung sollten Betriebsräte auch die Möglichkeit nutzen, Sachverständige hinzuzuziehen (siehe § 80 Abs. 3 BetrVG).

Arbeits- u. Gesundheitsschutz

Der Betriebsrat hat bei allen Maßnahmen des Arbeitgebers zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten und zum Gesundheitsschutz mitzubestimmen!

Dass der Arbeitgeber beim Thema Arbeits- und Gesundheitsschutz alle Gesetze und Verordnungen einhält, sollte dabei selbstverständlich sein.

Der Betriebsrat hat darüber zu wachen, dass die Gesetze, Verordnungen und Unfallverhütungsvorschriften angewendet werden (siehe § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG). Er hat dabei einen umfassenden Informationsanspruch und arbeitet mit den zuständigen Stellen (Arbeitssicherheitsfachkraft, Arbeitssicherheitsausschuss, Gesundheitsarbeitskreis usw.) zusammen.

Stellt der Betriebsrat fest, dass es Mängel gibt, wird er den Arbeitgeber auffordern, den Missstand zu beheben (§ 80 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG).

Neben diesen Überwachungsaufgaben, hat der Betriebsrat aber auch ein Mitbestimmungsrecht, wenn es um Arbeits-, Gesundheits- oder Unfallschutz geht. Dies ist deshalb so, weil viele Verordnungen und Vorschriften den Arbeitgeber zwar verpflichten, Maßnahmen durchzuführen, um einen Sicherheitsstandard zu erfüllen, es aber im Betrieb verschiedene Möglichkeiten gibt, diesen Standard zu erreichen. In diesen Fällen muss sich der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat darüber einigen, welche Maßnahmen im Betrieb zur Anwendung kommen sollen.

Ein besonderes Augenmerk wird der Betriebsrat auf die Gefährdungsbeurteilung richten. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, von sich aus alle Arbeitsplätze im Betrieb dahingehend zu überprüfen, welche Gesundheitsgefahren durch die Arbeit auf die Arbeitnehmer einwirken können (siehe § 5 ArbSchG). Dabei geht es nicht nur um klassische Sicherheitsfragen von Maschinen und Anlagen, sondern auch um die Ermittlung psychischer Belastungen (Stress). Überlastung, Leistungsdruck und Führungsstil sind zunehmend Ursache steigender Erkrankungen.

Zu der Gefährdungsbeurteilung gehört auch eine Planung, wie eventuelle Gefährdungen vermieden oder zumindest reduziert werden können.

Der Betriebsrat ist hierbei nicht nur bei den Schutzmaßnahmen in der Mitbestimmung, sondern auch bei der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung selbst (wie, wann und von wem sie durchgeführt wird).

Außerdem: Der Betriebsrat ist bei der Auswahl von Betriebsärzten und Arbeitssicherheitsfachkräften zu beteiligen und er hat mitzubestimmen, wenn Krankenrückkehr- und/oder BEM-Gespräche (BEM = betriebliches Eingliederungsmanagement, § 167 Abs. 2 SGB IX) im Betrieb eingeführt werden sollen (siehe auch § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG).

Sozialeinrichtungen

Mit Ausnahme einiger Vorschriften, die den Arbeitgeber verpflichten, Sozialeinrichtungen zur Verfügung zu stellen (z. B. Pausen- oder Ruheräume, Umkleideräume), kann der Betriebsrat den Arbeitgeber nur davon überzeugen, freiwillig weitere Sozialeinrichtungen zur Verfügung zu stellen (freiwillige Betriebsvereinbarung, siehe § 88 BetrVG). Wenn er aber dazu bereit ist, hat der Betriebsrat mitzubestimmen bei der Form, Gestaltung und Verwaltung dieser Einrichtungen. So können Sozialeinrichtungen z. B. sein:

  • Kantinen und Pausenräume,
  • Kindergärten,
  • Sporteinrichtungen.

Aber auch Beschäftigungsgesellschaften oder betriebliche Renten- und sonstige Unterstützungseinrichtungen gehören dazu.

Die Mitbestimmung bezieht sich dabei nicht nur auf die Gestaltung der Sozialeinrichtung im Ganzen, sondern auch auf Einzelheiten wie:

  • die Verwendung verfügbarer Mittel,
  • die Preisgestaltung (z. B. die Essenspreise in der Kantine oder Preise für die Nutzung eines Betriebskindergarten) und
  • die Auswahl der Arbeitnehmer, die von einer Sozialeinrichtung profitieren sollen, Nutzungsregeln.

Wohnräume

Die Zeiten, in denen die Betriebe den Arbeitnehmern in Betriebsnähe eine Wohnung zur Verfügung stellten, sind längst vorbei. Dennoch hat auch heute noch die Mitbestimmung des Betriebsrats bei Wohnraum für Arbeitnehmer eine Bedeutung. Insbesondere hat der Betriebsrat mitzubestimmen bei:

  • Unterbringung von Saisonarbeitern z. B. im Touristikgewerbe
  • Unterbringung von Monteuren oder auswärts eingesetzten Bauarbeitern
  • Zimmer für Beschäftigte im Hotel- und Gaststättengewerbe
  • Komfortwohnungen oder Häuser für “höhere” Angestellte

Bei der Mitbestimmung des Betriebsrats geht es nicht nur um die Aufstellung von Vergaberegeln (wer hat Anspruch), sondern auch um

  • § die Gestaltung der Mietverträge,
  • § des Mietpreises,
  • § Regeln für die Kündigung von Wohnräumen bzw. Wohnungen und
  • § die Vermietung von Werkswohnungen an nicht im Betrieb Beschäftigte

Allgemeine Entgeltgrundsätze

Der Betriebsrat hat bei der betrieblichen Lohngestaltung und bei der Einführung, Durchführung und Änderung von Entlohnungsgrundsätzen mitzubestimmen. Gleiches gilt auch bei der Einführung neuer Entlohnungsmethoden.

Aber Achtung! Zu beachten ist auf jeden Fall der erste Halbsatz des § 87 Abs. 1 BetrVG: „Der Betriebsrat hat, sofern eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht …, mitzubestimmen“

Der Betriebsrat kann also nicht bestehende Tarifverträge durch seine Mitbestimmung abändern, es sei denn, der Tarifvertrag sieht ausdrücklich vor, dass der Betriebsrat mitbestimmen soll (Öffnungsklausel; siehe auch § 77 Abs. 3 BetrVG).

Ebenso darf der Betriebsrat nicht über die Höhe des Arbeitsentgelts selbst mit dem Arbeitgeber Vereinbarungen treffen. Dies gilt auch in Betrieben ohne Tarifvertrag (§ 77 Abs. 3 BetrVG).

Anders herum: Die Mitbestimmung des Betriebsrats bezieht sich auf alle anderen Entgeltfragen, die nicht tariflich geregelt sind und die nicht die Höhe des Arbeitsentgelts selbst betreffen:

  • die Schaffung eines betriebsbezogenen Systems von Entgeltgruppen (wenn es keinen Tarif gibt oder im außertariflichen Bereich)
  • Regelungen zu über- bzw. außertariflichen Zulagen
  • Mitzubestimmen hat der Betriebsrat auch bei der Einführung oder Anwendung von Entlohnungsformen – also z. B. ob:
  • nach Zeit- oder Leistungsentlohnung gearbeitet werden soll?
  • es Einzel- oder Gruppenzulagen geben soll?
  • es Prämien- und Provisionssysteme geben soll?
  • Gewinnbeteiligungssysteme eingeführt werden?

Bei der Mitbestimmung geht es dann aber nicht nur um die Frage, ob diese Entlohnungssysteme eingeführt werden, sondern auch um die Ausgestaltung der Kriterien. Die Frage also, wer bekommt unter welchen Voraussetzungen bestimmte Entgelte. Auch die Änderungen dieser festgelegten Kriterien unterliegen der Mitbestimmung (z. B. wenn der Arbeitgeber Zulagen kürzen oder mit Tariferhöhungen verrechnen will und er dadurch die Verteilungsgrundsätze ändert).

Ebenfalls unter das Mitbestimmungsrecht fallen alle Geld- oder geldwerten Leistungen des Arbeitgebers, wenn sie in irgendeinem Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehen. Neben außer- und übertariflichen Zulagen gehören dazu z. B. Regelungen über:

  • die Vergütung von Bereitschaftsdiensten,
  • bezahlte Zusatzurlaube oder freie Tage,
  • ein Extraausgleich für Nachtarbeit,
  • die Bezahlung von zusätzlichen Pausen (etwa Bildschirmpausen),
  • die Entgeltfortzahlung bei Betriebsausflügen,
  • zusätzliche 13. oder 14. Monatsgehälter,
  • Prämien für Außendienstler,
  • Prämien für Zielerreichung (auch Innendienst),
  • zinsgünstige Darlehen,
  • Zuschüsse für Essensmarken,
  • vermögenswirksame Leistungen,
  • Beteiligungen am Unternehmensergebnis,
  • private Nutzung von Dienstwagen,
  • Mietzuschüsse,
  • Incentive-Programme,
  • Cafeteria-Systeme,
  • Zuschüsse für ÖPNV-Monatskarten (Job-Ticket).

Führt der Arbeitgeber die mit dem Betriebsrat festgelegten Vereinbarungen nicht durch, oder beachtet der Arbeitgeber die Mitbestimmung des Betriebsrats nicht, kann der Betriebsrat seine Rechte vor dem Arbeitsgericht durchsetzen.

Einzelansprüche von Arbeitnehmern (z. B. wenn der Arbeitgeber eine Zulage falsch berechnet hat oder Prämien nicht ausgezahlt wurden), müssen diese allerdings selbst auf dem Rechtsweg geltend machen.

Außerdem:

Bei der Ein- und Umgruppierung von Arbeitnehmern in das tarifliche oder eventuell betrieblich bestehende Entgeltsystem, hat der Arbeitgeber den Betriebsrat nach § 99 BetrVG zu beteiligen.

Akkord-, Prämien-, Leistungsentgelte

Neben der Frage, welche Entgeltsysteme und -grundsätze im Betrieb angewendet werden, hat der Betriebsrat auch bei der Festsetzung von Akkord- und Prämiensätzen mitzubestimmen. Dabei geht es in der Mitbestimmung nicht um die tatsächliche Höhe dieser Entgelte an sich, sondern um die Verteilungskriterien. Bildlich gesprochen stellt der Arbeitgeber einen Topf auf den Tisch, in dem er eine Geldsumme für einen bestimmten Zweck (z. B. Prämien für gute Leistung) mitbestimmungsfrei einfüllen kann. Der Betriebsrat ist dann aber in der Mitbestimmung, wer nach welchen Vorgaben welche Anteile aus diesem Topf erhält. Dazu gehört z. B.:

  • die Festsetzung von Akkord- oder Prämiensätzen aber auch
  • die Festsetzung und Veränderung von Vorgabezeiten (eingeschlossen der Umfang von Rüst-, Verteil- und Erholungszeiten).

Aber auch in allen anderen Fällen, in denen die Höhe eines Entgelts von der Messung oder Beurteilung einzelner Leistungen abhängt, hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht.

Dazu ein Beispiel: Auch die sogenannten Zielvereinbarungen zwischen Arbeitnehmer und Vorgesetztem fallen unter die Mitbestimmung, wenn dabei die Höhe des Entgelts an das Erreichen bestimmter Leistungen gebunden wird. Diese Leistung muss nicht unbedingt eine mengenmäßige sein. So kann das Erreichen z. B. einer höheren Kundenzufriedenheit Bezugsgröße für ein Leistungsentgelt sein. In allen diesen Fällen ist es Aufgabe des Betriebsrats, dafür zu sorgen, dass möglichst klare Kriterien für die Leistungsbemessung festgelegt werden.

Wichtig dabei ist auch: Ziele müssen klar definiert und messbar sein. Leistungsziele müssen aber auch durch die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers beeinflussbar und erreichbar sein.
Ebenfalls wichtig ist, dass die Höhe der Leistungsprämie in einem akzeptablen Rahmen liegt. So sollte der überwiegende Teil des monatlichen Entgelts aus dem Festgehalt bestehen (Faustformel: mind. 80 %) und die Leistungsprämie nur den kleineren Teil ausmachen. Prämiensysteme dürfen den Arbeitnehmer nicht zu risikohaften Arbeitsweisen verleiten (z. B. riskante Spekulationsgeschäfte im Bankgewerbe).

Betriebliches Vorschlagswesen

Das betriebliche Vorschlagswesen hat heute in den Betrieben meist moderne Namen und unterschiedliche Organisationsformen. Man spricht z. B. vom

  • Ideenmanagement,
  • Qualitätszirkel oder
  • KVP (kontinuierlicher Verbesserungsprozess).

Im Grunde genommen geht es aber immer darum, die Arbeitnehmer dazu zu motivieren, Verbesserungsvorschläge zu Produktions- und Fertigungsverfahren oder zu den Produkten selbst zu machen.

Unter die Mitbestimmung des Betriebsrats fallen vor allen Dingen:

  • Ausgestaltung bei der Einführung, Veränderung oder Abschaffung entsprechender Systeme sowie die
  • Festlegung von Grundsätzen, nach denen Verbesserungsvorschläge geprüft, bewertet und vergütet werden.

Zu diesen grundsätzlichen Regelungen gehören zum Beispiel

  • die Einrichtung eines paritätisch besetzten Bewertungsausschusses oder
  • die Höhe der Prämien im Verhältnis zum Jahresnutzen.

Eine der zu klärenden Fragen ist, wie die Mitarbeiter ihre Vorschläge einreichen können. Klassisch sind ein Formular und ein im Betrieb aufgehängter Briefkasten.

Immer häufiger wird in den Betrieben aber auch eine Software eingesetzt, die es dem Arbeitnehmer ermöglicht, seine Idee am PC einzugeben und über die auch die anschließende Verwaltung und Bewertung des Vorschlags erfolgt.

Soll eine derartige Software zum Einsatz kommen, ist der Betriebsrat zusätzlich über den § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG in der Mitbestimmung.

Gruppenarbeit

Die Mitbestimmung des Betriebsrats bezieht sich hier nicht auf klassische Tätigkeiten, die aus arbeitsorganisatorischen Gründen in einem Team bearbeitet werden. Gemeint sind im § 87 Abs. 1 Nr. 13 BetrVG teilautonome Gruppen, denen eine Gesamtaufgabe zur selbstständigen Erledigung übertragen wird (z. B. ein neues Produkt zu entwickeln). Die in diesen Gruppen zusammengefassten Arbeitnehmer organisieren sich und ihre Arbeitsläufe weitestgehend selbst und eigenverantwortlich.

Ob es eine derartige Arbeitsform geben soll oder nicht, entscheidet der Arbeitgeber selbst. Der Betriebsrat ist in der Mitbestimmung bei der Festlegung von allgemeinen Regeln, die für diese Gruppen gelten sollen, zum Beispiel

  • die Leitung der Gruppe (etwa durch einen Gruppensprecher),
  • der Aufgabenwechsel innerhalb der Gruppe,
  • Verhaltens- und Ordnungsfragen oder
  • die Koordination mit anderen Betriebsstellen

Achtung: Da die Einführung von Gruppenarbeit für den einzelnen Arbeitnehmer eine Versetzung bedeutet, ist der Betriebsrat auch in dieser Hinsicht nach § 99 BetrVG zu beteiligen.

Mitbestimmung bei mobiler Arbeit

Mit den Änderungen des Betriebsrätemodernisierungsgesetzes wurde ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei „mobiler Arbeit“ festgeschrieben.

Das neu geschaffene Mitbestimmungsrecht bezieht sich allerdings lediglich auf die Ausgestaltung („wie“) von mobiler Arbeit. Die Einführung der mobilen Arbeit („ob“) verbleibt damit aber in der Entscheidungsbefugnis des Arbeitgebers.

Was ist „mobile Arbeit“?

Ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin arbeitet mobil, wenn er oder sie die geschuldete Arbeitsleistung unter Verwendung von Informations- und Kommunikationstechnik außerhalb der Betriebsstätte von einem Ort oder von Orten seiner oder ihrer Wahl oder von einem mit dem Arbeitgeber vereinbarten Ort oder von mit dem Arbeitgeber vereinbarten Orten erbringt.

Mobile Arbeit liegt daher nicht vor, wenn der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin die geschuldete Arbeitsleistung aufgrund deren Eigenart ortsgebunden erbringen muss (also „im Büro“). Von dem Mitbestimmungsrecht wird sowohl regelmäßige als auch anlassbezogene mobile Arbeit erfasst. Das Mitbestimmungsrecht betrifft die inhaltliche Ausgestaltung der mobilen Arbeit. Dazu gehören nach der Gesetzesbegründung zum Beispiel Regelungen über den zeitlichen Umfang mobiler Arbeit, über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit in Bezug auf mobile Arbeit oder über den Ort, von welchem aus mobil gearbeitet werden kann und darf. Es können Regelungen zu konkreten Anwesenheitspflichten in der Betriebsstätte des Arbeitgebers, zur Erreichbarkeit, zum Umgang mit Arbeitsmitteln der mobilen Arbeit und über einzuhaltende Sicherheitsaspekte getroffen werden.

Zu beachten ist, dass ein Mitbestimmungsrecht nur dann besteht, wenn die mobile Arbeit „mittels Informations- und Kommunikationstechnik“ erbracht wird. Eine Regelung kann daher hiernach zum Beispiel nicht für Fahrer, Boten und Monteure verlangt werden.

Wenn es nicht zur Einigung kommt

Bei allen mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten, braucht der Arbeitgeber die Zustimmung bzw. Einigung mit dem Betriebsrat, um handeln zu können.

Es liegt in der Natur der Sache, dass es in vielen Fällen unterschiedliche Auffassungen gibt. Auch die zu regelnden Punkte sind oft umfangreich. Da kann es im betrieblichen Alltag durchaus auch einmal vorkommen, dass es zu keiner Einigung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber kommt.

Können sich Betriebsrat und Arbeitgeber in einer Mitbestimmungsfrage nicht einigen, kann jede der beiden Seiten die Initiative zur Bildung einer Einigungsstelle (siehe § 76 BetrVG) ergreifen. Zu beachten ist dabei, dass die Einigungsstelle nur dann zuständig ist, wenn es um inhaltliche Fragen geht, wie eine Angelegenheit im Betrieb geregelt und gehandhabt werden soll.

Wenn sich Arbeitgeber und Betriebsrat hingegen darüber streiten, ob der Betriebsrat in einer bestimmten Angelegenheit überhaupt ein Mitbestimmungsrecht hat, dann muss darüber das Arbeitsgericht in einem Beschlussverfahren entscheiden.

Die Einigungsstelle führt eine Einigung herbei – hat also Einigungszwang. Der dort gefundene Kompromiss (man spricht vom Spruch der Einigungsstelle), ersetzt dann die im Betrieb nicht zu Stande gekommene Einigung. Der Spruch der Einigungsstelle wirkt wie eine Betriebsvereinbarung und unterliegt daher den Regeln des § 77 BetrVG.

§ 87 - Mitbestimmungsrechte

Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

  1. Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
  2. Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
  3. vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
  4. Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
  5. Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
  6. Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
  7. Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
  8. Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
  9. Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
  10. Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
  11. Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
  12. Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
  13. Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
  14. Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

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