Einberufung der Sitzungen

Kommentar zu § 29 BetrVG

Die erste Sitzung nach der Wahl wird vom Wahlvorstand einberufen, § 29 Abs. 1 Satz 1 BetrVG. In dieser konstituierenden Sitzung werden der Betriebsratsvorsitzende und der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende gewählt, § 29 Abs. 1 Satz 1, 26 Abs. 1 BetrVG. Zu dieser Sitzung muss der Wahlvorstand vor Ablauf einer Woche nach dem Wahltag laden, § 29 Abs. 1 Satz 1 BetrVG. Weiter im Thema konstituierende Sitzung hier (Abs. 1)

Alle weiteren Sitzungen werden vom Betriebsratsvorsitzenden einberufen, § 29 Abs. 2 Satz 1 BetrVG. Im Falle seiner Verhinderung übernimmt der stellvertretende Vorsitzende diese Aufgabe.

Konstituierende Sitzung

Nach der Betriebsratswahl muss der neu gewählte Betriebsrat zu einer konstituierenden Sitzung zusammenkommen, § 29 Abs. 1 BetrVG. In dieser Sitzung werden der Betriebsratsvorsitzende und der stellvertretende Vorsitzende gewählt. Durch die konstituierende Sitzung wird der Betriebsrat handlungsfähig.

Zu dieser ersten Sitzung lädt der Wahlvorstand ein. Die Ladung muss innerhalb einer Frist von einer Woche nach dem Wahltag erfolgen. Die Sitzung selbst kann auch nach Ablauf der Wochenfrist stattfinden. Allerdings ist es ratsam, die konstituierende Sitzung zeitnah durchzuführen. Im Normalfall dürfte der Sitzungstermin zwischen zwei Tagen bis höchstens zwei Wochen nach der Ladung zur Sitzung liegen.

Bei den turnusmäßigen Betriebsratswahlen, die alle vier Jahre zwischen dem 01.03. und dem 31.05. stattfinden, ist es ratsam, die konstituierende Sitzung vor dem Ende der Amtszeit des alten Betriebsrats durchzuführen, um einen nahtlosen Amtswechsel zu ermöglichen.

Der Wahlvorstand lädt alle gewählten Betriebsratsmitglieder zu der konstituierenden Sitzung ein. Sind Betriebsratsmitglieder verhindert (z. B. wegen Krankheit oder Urlaub), müssen dafür Ersatzmitglieder geladen werden.

Wie läuft die Sitzung ab?

Der Wahlvorstandsvorsitzende eröffnet und leitet die Sitzung zunächst. Er fragt die Betriebsratsmitglieder, wer Wahlleiter für die Wahl des Vorsitzenden sein soll und lässt über den Vorschlag (oder die Vorschläge) abstimmen. Steht fest, wer Wahlleiter wird (einfache Stimmenmehrheit), ist die Aufgabe des Wahlvorstandsvorsitzenden erfüllt. Er verlässt die Sitzung – es sei denn, er wurde selbst zum Betriebsratsmitglied gewählt und ist deshalb zur Teilnahme an der weiteren Betriebsratssitzung berechtigt.

Nun übernimmt der soeben gewählte Wahlleiter die Sitzungsleitung und fragt nach Vorschlägen für die Wahl des Betriebsratsvorsitzenden. Er lässt über die Vorschläge abstimmen. Die Wahl kann per Handzeichen erfolgen, muss aber auf Wunsch auch als geheime Wahl durchgeführt werden. Gewählt ist derjenige, die meisten Stimmen erhalten hat, also die einfache Stimmenmehrheit erreicht hat.

Ab jetzt leitet der neu gewählte Betriebsratsvorsitzende die Sitzung und lässt nach dem gleichen Ablauf den stellvertretenden Vorsitzenden wählen. Damit ist der Pflichtteil der konstituierenden Sitzung beendet. Über die Sitzung ist eine Niederschrift i. S. d. § 34 BetrVG anzufertigen.

Es sollte selbstverständlich sein, dass der Betriebsrat den Arbeitgeber, die Gewerkschaft und natürlich die Arbeitnehmer umgehend davon informiert, wer Betriebsratsvorsitzender und Stellvertreter ist.

Grundsätzlich können bei dieser Sitzung auch weitere Themen behandelt werden, wenn dies vorher vereinbart wurde. Üblich ist es, bei der konstituierenden Sitzung auch den Schriftführer oder die Mitglieder des Betriebsausschusses zu wählen und eine erste Meinungsbildung über Freistellungen nach § 38 BetrVG durchzuführen. Eine Verpflichtung hierzu besteht aber nicht.

Sinnvoll ist es auch, über eine weitergehende Vertreterregelung zu entscheiden, also festzulegen, welche Betriebsratsmitglieder in welcher Reihenfolge den Vorsitz übernehmen, wenn einmal der Fall eintreten sollte, dass sowohl der Betriebsratsvorsitzende als auch der Stellvertreter gleichzeitig verhindert sind. Dazu bietet sich eine Geschäftsordnung an, die kurzfristig auch vereinbart werden sollte, siehe § 36 BetrVG.

Einberufen der regelmäßigen Sitzungen

Das Herzstück der Betriebsratsarbeit ist die Betriebsratssitzung, § 30 BetrVG. Hier wird durch Diskussion und anschließender Beschlussfassung festgelegt, welche Meinung der Betriebsrat zu den unterschiedlichsten Angelegenheiten hat, § 33 BetrVG. Das Betriebsverfassungsgesetz geht daher davon aus, dass der Betriebsrat regelmäßige Sitzungen durchführt. Normal dürfte hierbei ein Sitzungsrhythmus im Abstand von einer oder zwei Wochen sein. Natürlich kann es immer wieder vorkommen, dass der Betriebsrat zusätzlich weitere, außerordentliche Sitzungen abhalten muss, wenn wichtige Entscheidungen anstehen oder kurze Fristen einzuhalten sind.

Zu allen Sitzungen lädt der Betriebsratsvorsitzende und im Falle seiner Verhinderung der Stellvertreter ein. Der Betriebsratsvorsitzende erstellt auch die Tagesordnung zu dieser Sitzung und leitet sie.

Sowohl die Einladung als auch die Tagesordnung müssen rechtzeitig erfolgen. Alle Sitzungsteilnehmer sollen die Möglichkeit haben, sich so gut es geht auf die Sitzung vorzubereiten. Unter „rechtzeitig“ kann man bei den regelmäßigen Sitzungen von einem Zeitpunkt von zwei bis drei Werktagen vor der Sitzung ausgehen. Bei zusätzlichen außerordentlichen Sitzungen ist „rechtzeitig“ als „so früh wie möglich“ zu verstehen.

Die Tagesordnung muss aussagekräftig sein. Die Sitzungsteilnehmer sollen erkennen können, was inhaltlich zu einem Tagesordnungspunkt zu erwarten ist.

Beispiel: Der Tagesordnungspunkt „Arbeitszeitregelung“ reicht nicht aus. Aussagekräftig wäre: „Beratung über geplante Änderungen der Arbeitszeiten in der Produktion wie im Schreiben der Geschäftsleitung vom… beschrieben. Schreiben liegt im BR-Büro zu Einsichtnahme aus.“ – oder –

Der Tagesordnungspunkt „Schulungen“ reicht nicht aus. Aussagekräftig wäre: „Beratung und Beschlussfassung über die Teilnahme des Betriebsratsmitglieds x am Seminar y vom (Datum) bis (Datum) in (Ort), Anbieter z, Themenplan liegt im BR-Büro aus“.

Die Tagesordnung ist nach der Sitzung der Sitzungsniederschrift beizufügen.

Wer muss geladen werden?

Alle Betriebsratsmitglieder, die Schwerbehindertenvertretung (SBV; siehe auch § 32 BetrVG) und die Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV; siehe auch § 67 BetrVG) müssen zu allen Sitzungen geladen werden. Hat ein Betriebsratsmitglied (oder JAV-Mitglied) dem Vorsitzenden mitgeteilt, dass es verhindert ist, muss das Ersatzmitglied geladen werden.

Allerdings darf der Betriebsratsvorsitzende nicht einfach so ein Ersatzmitglied laden, wenn ein Betriebsratsmitglied mitteilt, dass es nicht an der Sitzung teilnehmen kann. Der Betriebsratsvorsitzende muss hinterfragen, ob objektiv betrachtet ein Verhinderungsgrund im Rechtssinn vorliegt. Dies ist nicht der Fall, wenn das Betriebsratsmitglied nur pauschal angibt, es hätte am Arbeitsplatz zu viel zu tun oder es sei zu wenig Personal am Arbeitsplatz. In derartigen Fällen kann in der Regel kein Ersatzmitglied geladen werden, da der Arbeitgeber das Betriebsratsmitglied nach § 37 Abs. 2 BetrVG von der Tätigkeit freizustellen hat.

Krankheit, Urlaub, Besuch eines Seminars oder andere vergleichbare wichtige Gründe sind dagegen allgemein anerkannte Verhinderungsgründe. In diesen Fällen muss der Betriebsratsvorsitzende das Ersatzmitglied laden.

(mehr zum Thema Verhinderung und Ersatzmitglieder siehe hier: § 25 BetrVG).

Weitere Teilnehmer werden je nach Tagesordnung und Beratungsgegenstand eingeladen. Dies können zum Beispiel sein

  • betriebliche Auskunftspersonen, § 80 Abs. 2 BetrVG,
  • Sachverständige, § 80 Abs. 3 BetrVG,
  • der Arbeitgeber, § 29 Abs. 4 BetrVG,
  • die Gewerkschaft, § 31 BetrVG.

Hinweis: Lädt der Betriebsratsvorsitzende nicht zu Betriebsratssitzungen ein oder sind sowohl der Vorsitzende als auch der Stellvertreter verhindert, so kann der Betriebsrat dennoch zu einer Sitzung zusammentreffen. Entscheidend ist nur, dass die dann von einem Betriebsratsmitglied verfasste Ladung den Anforderungen entspricht – also rechtzeitig an alle Teilnahmeberechtigten unter Nennung von Zeitpunkt und Ort der Sitzung erfolgt ist.

Hinweis: Durch die Verbreitung elektronischer Kommunikationsmedien hat es sich in vielen Betriebsräten eingebürgert, die betriebsratsinterne Kommunikation mit Social-Media-Produkten wie Whatsapp, Facebook und Co. abzuwickeln und hierbei unter anderem auch die Ladungen zu den Sitzungen auf diese Weise zu versenden. Hierbei sollte beachtet werden, dass insbesondere dann, wenn die Ladung und eventuelle Anlagen personenbezogende Daten enthalten können, der Datenschutz u. U. nicht gewährleistet ist. Da auch Betriebsräte den Datenschutzbestimmungen unterliegen, sollte darauf geachtet werden, dass nur sichere Kommunikationswege genutzt werden.

Wann muss zusätzlich zu einer geladen werden?

Können Betriebsratsmitglieder eine Sitzung verlangen?

Ein Viertel der Betriebsratsmitglieder kann die Einberufung einer Sitzung fordern, § 29 Abs. 3 BetrVG. Der Betriebsratsvorsitzende hat dann eine Sitzung einzuberufen und den geforderten Beratungsgegenstand auf die Tagesordnung zu setzen.

Beispiel: Bei einem 9-er Gremium wären also 3 Betriebsratsmitglieder erforderlich, bei einem 13-er Gremium 4 Betriebsratsmitglieder, um eine Sitzung zu verlangen.

Eigentlich sollte es aber demokratische Gepflogenheit sein, dass der Betriebsratsvorsitzende alle Punkte, die Betriebsratsmitglieder beraten wollen, auf die Tagesordnung setzt – auch ohne formellen Antrag von einem Viertel der Betriebsratsmitglieder.

Wann nimmt der Arbeitgeber an einer Sitzung teil?

Der Arbeitgeber ist gemäß § 29 Abs. 4 BetrVG berechtigt, die Einberufung einer Sitzung  zu verlangen und dann auch daran entsprechend teilzunehmen. Außerdem nimmt er zu bestimmten Tagesordnungspunkten anderer Betriebsratssitzungen nur teil, wenn er hierzu ausdrücklich geladen wurde.

Muss der Betriebsrat Beschlüsse fassen, nimmt der Arbeitgeber nicht an der Beschlussfassung teil. In allen anderen Fällen – der Normalfall aller Sitzungen also – nimmt der Arbeitgeber nicht an den Betriebsratssitzungen teil.

So wie der Betriebsrat die Gewerkschaft hinzuziehen kann, kann auch der Arbeitgeber zu einer Sitzung, an der er teilnimmt, einen Vertreter der Arbeitgebervereinigung hinzuziehen (ein eher seltener Vorgang).

§ 29 - Einberufung der Sitzungen

Vor Ablauf einer Woche nach dem Wahltag hat der Wahlvorstand die Mitglieder des Betriebsrats zu der nach § 26 Abs. 1 vorgeschriebenen Wahl einzuberufen. Der Vorsitzende des Wahlvorstands leitet die Sitzung, bis der Betriebsrat aus seiner Mitte einen Wahlleiter bestellt hat.

Die weiteren Sitzungen beruft der Vorsitzende des Betriebsrats ein. Er setzt die Tagesordnung fest und leitet die Verhandlung. Der Vorsitzende hat die Mitglieder des Betriebsrats zu den Sitzungen rechtzeitig unter Mitteilung der Tagesordnung zu laden. Dies gilt auch für die Schwerbehindertenvertretung sowie für die Jugend- und Auszubildendenvertreter, soweit sie ein Recht auf Teilnahme an der Betriebsratssitzung haben. Kann ein Mitglied des Betriebsrats oder der Jugend- und Auszubildendenvertretung an der Sitzung nicht teilnehmen, so soll es dies unter Angabe der Gründe unverzüglich dem Vorsitzenden mitteilen. Der Vorsitzende hat für ein verhindertes Betriebsratsmitglied oder für einen verhinderten Jugend- und Auszubildendenvertreter das Ersatzmitglied zu laden.

Der Vorsitzende hat eine Sitzung einzuberufen und den Gegenstand, dessen Beratung beantragt ist, auf die Tagesordnung zu setzen, wenn dies ein Viertel der Mitglieder des Betriebsrats oder der Arbeitgeber beantragt.

Der Arbeitgeber nimmt an den Sitzungen, die auf sein Verlangen anberaumt sind, und an den Sitzungen, zu denen er ausdrücklich eingeladen ist, teil. Er kann einen Vertreter der Vereinigung der Arbeitgeber, der er angehört, hinzuziehen.

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