Behandlung von Beschwerden durch den Betriebsrat

Kommentar zu § 85 BetrVG

Es sollte selbstverständlich sein, dass der Betriebsrat als Interessenvertreter der Arbeitnehmer auch Beschwerden entgegennimmt und für Abhilfe sorgt. Sieht er eine Beschwerde für berechtigt an, muss er dies beim Arbeitgeber vortragen und mit ihm darüber sprechen, wie der Missstand beseitigt werden kann.

Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat auch darüber informieren, was er plant oder bereits durchgeführt hat, um eine Beschwerde aus der Welt zu schaffen.

Kommt es zwischen dem Betriebsrat und dem Arbeitgeber zu keiner Einigung in der Frage, ob eine Beschwerde berechtigt ist oder nicht, können beide Seiten eine Einigungsstelle anrufen (siehe § 76 BetrVG). Diese Möglichkeit besteht jedoch nicht, wenn der Gegenstand der Beschwerde ein Rechtsanspruch des Arbeitnehmers ist (z. B. Fehler bei der Entgeltberechnung, nicht gewährte Urlaubsansprüche oder ähnliches). In derartigen Fällen muss der Arbeitnehmer das Arbeitsgericht anrufen.

Wie der Betriebsrat mit Beschwerden umgeht

Es sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, dass sich die Arbeitnehmer bei Beschwerden an den Betriebsrat wenden. Schließlich ist der Betriebsrat die Interessenvertretung der Arbeitnehmer. Schon bei den allgemeinen Aufgaben (siehe § 80 BetrVG) wird daher davon ausgegangen, dass der Betriebsrat die Beschwerden der Arbeitnehmer behandelt.

Die Arbeitnehmer können sich beim Betriebsrat grundsätzlich über alles beschweren, was sie selbst oder ihr Arbeitsumfeld im Betrieb betrifft.

Wichtig ist es, den Arbeitnehmern organisatorisch die Möglichkeit zu geben, ihre Beschwerden einzureichen oder vorzutragen, also z. B. durch

  • regelmäßige Sprechstunden,
  • Betriebsratsmitglieder als Ansprechpartner in den unterschiedlichen Abteilungen,
  • Kummerkasten oder
  • E-Mail-Adresse des Betriebsrats.

Wichtig: Ist eine Beschwerde eingegangen, muss der Betriebsrat – also in einer gemeinsamen Sitzung (siehe §§ 29 und 30 BetrVG) aller Mitglieder – darüber abstimmen (Beschlussfassung § 33 BetrVG), ob er die Beschwerde für berechtigt ansieht oder nicht.

Der weitere Ablauf:

Beschließt der Betriebsrat, dass er eine Beschwerde für berechtigt hält, muss er sich umgehend an den Arbeitgeber wenden. Natürlich muss der Betriebsrat auch dem Arbeitnehmer seine Entscheidung mitteilen und ihn auch später über den Verlauf seiner Beschwerde informieren.

Können Betriebsrat und Arbeitgeber sich nicht darüber einigen, ob die Beschwerde berechtigt ist und – damit verbunden, wie der Grund der Beschwerde zu beseitigen ist – kann der Betriebsrat die Initiative zur Bildung einer Einigungsstelle ergreifen (§ 76 BetrVG). Diese entscheidet dann verbindlich, ob die Beschwerde berechtigt ist.

Genau genommen entscheidet die Einigungsstelle nur darüber, ob die Beschwerde berechtigt ist, nicht aber über die Problemlösung selbst. Faktisch kann aber über die Frage: „berechtigt oder nicht“, nur entschieden werden, wenn man auch über die inhaltlichen Details spricht und auch feststellt, wie es denn richtig wäre.

Haben sich Betriebsrat und Arbeitgeber über eine Beschwerde geeinigt oder hat die Einigungsstelle entschieden, muss der Arbeitgeber das Einigungsergebnis umsetzen und den Betriebsrat und den Arbeitnehmer über die Maßnahmen informieren.

Und selbstverständlich dürfen einem Arbeitnehmer keine Nachteile entstehen, wenn er von seinem Beschwerderecht Gebrauch macht (siehe auch § 84 Abs. 3 BetrVG)

Wann ist keine Einigungsstelle möglich?

Handelt es bei der Beschwerde allerdings um einen nicht erfüllten individuellen Rechtsanspruch des Arbeitnehmers (z. B. auf Entgeltzahlung, Urlaubsansprüche), ist eine Einigungsstelle nicht möglich. In diesen Fällen kann der Arbeitnehmer zwar den Betriebsrat bitten, für ihn vermittelnd tätig zu werden. Kommt es jedoch nicht zu einer Einigung, muss der Arbeitnehmer selbst Klage beim Arbeitsgericht einreichen.

Aus der betrieblichen Praxis:

Bei weitem nicht jede kritische Äußerung eines Arbeitnehmers ist gleich als eine Beschwerde einzustufen. Viele Arbeitnehmer wollen einfach „nur mal Dampf ablassen“ oder den Betriebsrat ganz allgemein informieren. Jedes Betriebsratsmitglied sollte daher, wenn sich ein Arbeitnehmer bei ihm über Missstände beklagt, mit ihm besprechen, ob es sich tatsächlich um eine Beschwerde handelt und ihm den Ablauf des Beschwerdeverfahrens erläutern.

Es gibt keine Formvorschriften, wie Beschwerden beim Betriebsrat eingereicht werden können. Es ist also möglich, dass ein Arbeitnehmer einem Betriebsratsmitglied sein Anliegen mündlich vorträgt.

Um aber keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, sollten mündlich vorgetragene Beschwerden von dem Betriebsratsmitglied protokolliert werden. Besser ist es natürlich immer, den Arbeitnehmer zu bittet, sein Anliegen schriftlich dem Betriebsrat vorzutragen. Dazu genügt ein formloses Schreiben, das Arbeitnehmer und Betriebsrat auch gemeinsam aufsetzen können.

§ 85 - Behandlung von Beschwerden durch den Betriebsrat

Der Betriebsrat hat Beschwerden von Arbeitnehmern entgegenzunehmen und, falls er sie für berechtigt erachtet, beim Arbeitgeber auf Abhilfe hinzuwirken.

Bestehen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Beschwerde, so kann der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Dies gilt nicht, soweit Gegenstand der Beschwerde ein Rechtsanspruch ist.

Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat über die Behandlung der Beschwerde zu unterrichten. § 84 Abs. 2 bleibt unberührt.

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