Personalfragebogen, Beurteilungsgrundsätze

Kommentar zu § 94 BetrVG

Mitbestimmung zum Personalfragebogen und bei Beurteilungsgrundsätzen

Der Betriebsrat hat bei der Einführung von Personalfragebögen mitzubestimmen. Gemeint sind hierbei nicht nur die Fragebögen, die Bewerber vor der Einstellung ausfüllen müssen, sondern alle formalisierten „Erhebungs“-bögen, die Verhaltens- und Leistungsdaten erfassen und Rückschlüsse auf einzelne Arbeitnehmer zulassen.

Selbstverständlich ist im digitalen Zeitalter auch die formalisierte Erfassung von Daten gemeint, die mittels IT erfasst werden (z. B. Online-Bewerbungsportale).

Die Mitbestimmung des Betriebsrats bezieht sich auch auf persönliche Angaben, die Arbeitnehmer in einem Arbeitsvertrag machen sollen. Gemeint ist nicht, dass der Betriebsrat bei der inhaltlichen Gestaltung der Arbeitsverträge mitbestimmt, sondern bei den Dateien etwa, die der Arbeitgeber aufruft, um mit künftigen Arbeitnehmern einen Arbeitsvertrag abzuschließen.

Auch bei der Aufstellung allgemeiner Beurteilungsgrundsätze hat der Betriebsrat mitzubestimmen. Hierbei geht es darum, möglichst gerechte Regeln zu schaffen, wie im Betrieb beurteilt wird, wenn es um eine personelle Auswahl (z. B. Beförderung, Aufstieg, Belohnungen) geht.

Die Mitbestimmung des Betriebsrats bezieht sich auf alle standardisierten, formalisierten Erfassungen (Fragenbogen) von Personaldaten bzw. personenbeziehbaren Verhaltens- und Leistungsdaten. Dabei geht es nicht nur um die klassische Papierform eines Fragebogens, sondern auch um moderne Erfassungsmethoden wie z. B. Onlineportale oder andere IT-Programme. In diesem Fall hat der Betriebsrat schon dann mitzubestimmen, wenn es sich um Fragebögen nur für Bewerber handelt, die also noch gar nicht Arbeitnehmer des Betriebes sind (einer von ihnen wird es aber).

Vor der Einstellung kommen derartige Fragebögen an den verschiedensten Stellen zur Anwendung, zum Beispiel

  • beim Bewerbungsgespräch,
  • beim Headhunter oder einem Access-Center, die für den Betrieb Arbeitnehmer suchen,
  • bei der Einstellungsuntersuchung.

Aber auch während der Beschäftigung werden viele persönliche Daten einzelner Arbeitnehmer erfasst, sei es nun in Form eines klassischen Fragebogens oder online. Beispiele:

  • standardisierte Befragungen im Rahmen von Organisationsanalysen und
  • Mitarbeitergesprächen (z. B. Jahresgespräch)
  • Kundenbefragungen über die Serviceleistung des Personals (z. B. im Hotel)
  • Besuchsberichte im Außendienst (sofern sie Mitarbeiterdaten enthalten) oder
  • Checklisten, die im Rahmen eines Krankengesprächs abgefragt werden.

Es kommt nicht darauf an, wer den Fragebogen ausfüllt und in welchem Rahmen dies geschieht. Es spielt also keine Rolle, ob der Arbeitnehmer bzw. Bewerber den Bogen selbst ausfüllt, ein Vorgesetzter dies etwa in einem Gespräch geschieht oder Kunden aufgefordert werden, den Service zu bewerten.

Die Mitbestimmung des Betriebsrats bezieht sich darauf,

  • welche Fragen gestellt und
  • zu welchem Zweck die Informationen verwandt werden.

Für den Betriebsrat geht es in erster Linie um die Schutz der Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer.

Grundsätzlich gilt: Es dürfen immer nur Fragen gestellt werden, die für einen bestimmten Zweck auch tatsächlich gebraucht werden! Das kann auch einmal heißen, dass dieselbe Frage in dem einen Zusammenhang akzeptabel wäre, in einem anderen Zusammenhang aber nicht.

Praxishinweis:

Die seit 2018 geltende DSGVO (Datenschutzgrundverordnung) dürfte in vielen Fällen noch einmal Anlass bieten, ältere Fragebögen auf den Prüfstand zu stellen.

Will der Arbeitgeber zukünftig einen „Fragebogen“ einführen, wird es für den Betriebsrat zunächst einmal notwendig sein, vom Arbeitgeber umfassende Informationen über den Sinn und Zweck der Erfassung einzuholen (siehe auch § 80 Abs. 2 BetrVG) und sich über die Vorgehensweise zu einigen und erst dann die Fragen im Einzelnen zu besprechen.

Das Verhandlungsergebnis zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber wird in einer Betriebsvereinbarung (siehe auch § 77 BetrVG) niedergeschrieben.

Bestehen Meinungsverschiedenheiten über die inhaltlichen Regelungen oder die Fragen – kommt also eine Einigung nicht zu Stande – kann eine Einigungsstelle angerufen werden (siehe § 76 BetrVG).

Bei Meinungsverschiedenheiten, ob der Betriebsrat überhaupt mitzubestimmen hat, kann der Betriebsrat ein Beschlussverfahren beim Arbeitsgericht einleiten.

Hinweis: Sollen Befragungen bzw. Erfassungen von personenbezogenen Datum mittels IT durchgeführt werden, hat der Betriebsrat zusätzlich gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG mitzubestimmen.

Der Arbeitgeber schließt mit einem Arbeitnehmer einen Arbeitsvertrag ab, ohne dass der Betriebsrat hieran zu beteiligen ist.

Trotzdem hat der Betriebsrat im Vorfeld mitzubestimmen. Es geht hierbei um die vom Arbeitgeber verwendeten Vorlagen für Arbeitsverträge. Früher wurden zum Abschluss eines Arbeitsvertrages vorgefertigte Formulare verwendet. Heute dürften dies gespeicherte Dateien sein, die unter anderem

  • die persönlichen Daten,
  • die Art der Tätigkeit,
  • das Arbeitsentgelt,
  • die Dauer der Beschäftigung
  • und weitere Einzelheiten

umfassen. Die Mitbestimmung bezieht sich auf die persönlichen Angaben des Arbeitnehmers, die im Arbeitsvertrag festgehalten werden sollen.

Auch in diesen Fällen geht es dem Betriebsrat um die Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer. Es soll vermieden werden, dass der Arbeitgeber Informationen erheben kann, die er zuvor im Fragebogen zur Einstellung nicht abfragen durfte.

Welche allgemeinen Beurteilungsgrundsätze im Betrieb gelten, unterliegt ebenfalls der Mitbestimmung des Betriebsrats. Immer häufiger werden in den Betrieben regelmäßige Mitarbeitergespräche geführt, in denen der Vorgesetzte und sein Mitarbeiter über die Arbeit im zurückliegenden Zeitraum sprechen und dabei bewerten sollen, was gut gelaufen ist und was nicht.

Aber nicht nur bei einem regelmäßigen Mitarbeitergespräch kommt die Mitbestimmung zum Tragen. Immer dann, wenn die Leistung der Arbeitnehmer miteinander verglichen werden kann, um eine Entscheidung über die weitere Entwicklung, Einsatz, Vergütung usw. zu fällen, gibt es auch „allgemeine Beurteilungsgrundsätze“. Natürlich geht es dann um die Arbeitsqualität und Leistung der Arbeitnehmer. Aber:

  • Was ist gute Leistung und was schlechte Leistung?
  • Wer misst sie woran?
  • Welche Schlussfolgerungen ergeben sich aus der Bewertung?

In diesen Fragen hat der Betriebsrat mitzubestimmen.

Bei der Mitbestimmung geht es nicht um die tatsächliche Beurteilung eines einzelnen Arbeitnehmers. Es geht darum, mit dem Arbeitgeber Regeln aufzustellen, wie im Betrieb eine Beurteilung (und zu welchem Zweck) möglichst gerecht durchgeführt werden kann. Dies gilt insbesondere dann, wenn verschiedene Personen die Beurteilung durchführen sollen (z. B. die verschiedenen Vorgesetzten).

Das Verhandlungsergebnis werden der Betriebsrat und der Arbeitgeber in einer Betriebsvereinbarung festhalten (siehe auch § 77 BetrVG). Kommt es bei den Verhandlungen zu keiner Einigung, kann eine Einigungsstelle angerufen werden (siehe § 76 BetrVG).

Missachtet der Arbeitgeber die Mitbestimmung des Betriebsrats oder weicht er von den vereinbarten Beurteilungsgrundsätzen ab, kann der Betriebsrat beim Arbeitsgericht einen Unterlassungsanspruch geltend machen (siehe auch § 23 Abs. 3 BetrVG).

§ 94 - Personalfragebogen, Beurteilungsgrundsätze

Personalfragebogen bedürfen der Zustimmung des Betriebsrats. Kommt eine Einigung über ihren Inhalt nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

Absatz 1 gilt entsprechend für persönliche Angaben in schriftlichen Arbeitsverträgen, die allgemein für den Betrieb verwendet werden sollen, sowie für die Aufstellung allgemeiner Beurteilungsgrundsätze.

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