Allgemeine Aufgaben

Kommentar zu § 80 BetrVG

Der Betriebsrat hat neben seinen Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechten eine Reihe von „allgemeinen Aufgaben“, die er praktisch ständig als Daueraufgabe zu bearbeiten hat. Insgesamt nennt der § 80 BetrVG elf Themen. Einige wichtige sind:

Die Einhaltung der zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Verordnungen, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen zu überwachen und Maßnahmen, die den Arbeitnehmern dienen, beim Arbeitgeber zu beantragen,
die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männer und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu fördern,
die Integration behinderter Arbeitnehmer und die Beschäftigung älterer Arbeitnehmer zu fördern und
die Integration ausländischer Arbeitnehmer zu fördern.

Um diesen Aufgaben verantwortungsvoll gerecht werden zu können, braucht der Betriebsrat vor allen Dingen eines: umfassende Informationen.

Überwachen und Maßnahmen beantragen, weitere Aufgaben

  • Überwachen
  • Maßnahmen beantragen
  • Gleichstellung von Mann und Frau und Vereinbarkeit von Familie und Beruf
  • Anregungen aus der Belegschaft sowie von der Jugend- und Auszubildendenvertretung
  • (Schwer-)Behinderte Menschen
  • Wahl der JAV (Jugend- und Auszubildendenvertretung)
  • Ältere Arbeitnehmer
  • Ausländische Arbeitnehmer
  • Beschäftigung sichern
  • Arbeits- und Umweltschutz
  • Der Informationsanspruch des Betriebsrats
  • Entgeltgerechtigkeit
  • Sachkundige Arbeitnehmer als Auskunftspersonen
  • Das Recht auf Sachverständige

Der Informationsanspruch des Betriebsrats

Wenn der Betriebsrat seine Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte verantwortungsvoll und effektiv einsetzen will, braucht er zunächst einmal eines: Informationen. Das Betriebsverfassungsgesetz räumt dem Betriebsrat daher umfangreiche Informationsrechte ein. So ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Betriebsrat rechtzeitig und umfassend über bestimmte betriebliche Vorgänge zu informieren. Zum Beispiel:

§ 80 Abs. 2 BetrVG geht aber noch ein Stück weiter. Er räumt dem Betriebsrat das Recht auf alle erforderlichen Informationen ein, die er für seine Aufgabenerfüllung benötigt. Man spricht daher auch von der Generalvorschrift für den Informationsanspruch des Betriebsrats.

Welche Informationen dies sind, entscheidet der Betriebsrat selbst. Das Wort „erforderlich“ ist so zu verstehen, dass ein Bezug zur Betriebsratsarbeit bestehen muss, den man mit einigen plausiblen Sätzen erklären kann. Einen Beweis muss der Betriebsrat aber nicht antreten.

Fordert der Betriebsrat beim Arbeitgeber Informationen ein, so muss dieser rechtzeitig und umfassend unter Vorlage von Unterlagen dem Betriebsrat die geforderten Informationen zur Verfügung stellen.

Da das so eingeforderte Wissen allen Betriebsratsmitgliedern zur Verfügung zu stellen ist, reicht es nicht aus, dass der Arbeitgeber nur dem Betriebsratsvorsitzenden Unterlagen zeigt. Er muss dem Betriebsrat die Unterlagen zur Beratung überlassen.

„Rechtzeitig“ heißt in dem Fall, dass die erforderlichen Informationen und Unterlagen zeitlich so mitgeteilt werden müssen, dass der Betriebsrat noch von seinen Mitwirkungs- bzw. Mitbestimmungsrechten Gebrauch machen kann.

„Umfassend“ heißt in dem Fall, dass der Arbeitgeber alle Unterlagen zur Verfügung stellen muss, die er selbst zu dem Thema hat.

Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat auch Informationen über Personen geben, die im Betrieb tätig sind, aber kein Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber haben.

Gemeint sind hierbei in erster Linie:

  • Leiharbeitnehmer
  • Personen mit Werkvertrag
  • „freie“ Mitarbeiter und andere.

Der Arbeitgeber soll hierbei insbesondere über

  • den zeitlichen Umfang des Einsatzes,
  • den Einsatzort und
  • die Arbeitsaufgaben dieser Personen

Auskunft erteilen und hierzu ebenfalls Unterlagen zur Verfügung stellen. Zu diesen Unterlagen gehören auch die Verträge zwischen dem Arbeitgeber und dem Verleiher oder Werkvertragsnehmer. Der Betriebsrat soll so prüfen können, ob tatsächlich ein Werkvertrag oder ein Vertrag über Arbeitnehmerüberlassung besteht.

Das Recht auf Sachverständige

Externe Sachverständige

Zur Bearbeitung schwieriger Zusammenhänge, die spezielles Fachwissen erfordern (zum Beispiel bei der Erarbeitung einer Betriebsvereinbarung), fehlen dem Betriebsrat oft die nötigen Fachkenntnisse. Betriebsräte sind keine Rechtsanwälte und nicht immer ist ganz spezielles Fachwissen vorhanden.

Man erwartet nicht, dass sie rechtssichere Formulierungen ausarbeiten, um die Verhandlungsergebnisse über Sachverhalte in einer Betriebsvereinbarung unmissverständlich auszuarbeiten. Aus diesem Grund ist der Betriebsrat berechtigt, externe Sachverständige hinzuzuziehen. Ob ein Sachverständiger erforderlich ist und zu welchem Thema, entscheidet der Betriebsrat in einer Betriebsratssitzung. Der Betriebsrat hat hierbei einen hohen Ermessensspielraum.

Und so geht es:

  1. Wie finde ich einen zum Thema passenden Sachverständigen? Hier empfiehlt es sich, z. B. befreundete Betriebsräte, Rechtsanwälte oder die aas zu kontaktieren, die meist einen Sachverständigen empfehlen können.
  2. Mit diesem Sachverständigen sollte der Betriebsrat Kontakt aufnehmen und einen Kostenvoranschlag anfordern.
  3. In einer Betriebsratssitzung muss der Betriebsrat nun der Beschluss fassen, dass es zu dem Thema XY erforderlich ist, den Sachverständigen ABC hinzuzuziehen.
  4. Diesen Beschluss leitet der Betriebsrat dem Arbeitgeber zusammen mit dem Kostenvoranschlag zu, verbunden mit der Aufforderung, die Kostenübernahme zu bestätigen (siehe auch § 40 BetrVG).

Die im § 80 Abs. 3 BetrVG enthaltende Formulierung „… nach näherer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber …“ meint diese Klärung der Kostenübernahme zeitlich vor Beauftragung des Anwalts.

Der Betriebsrat benötigt keine Genehmigung des Arbeitgebers. Die Frage, ob und wen der Betriebsrat hinzuzieht, entscheidet der Betriebsrat allein.

Weigert sich der Arbeitgeber, die Kostenübernahme zu erklären, kann der Betriebsrat ein Beschlussverfahren beim Arbeitsgericht einleiten.

Hinweis: Auch Fachanwälte für Arbeitsrecht können Sachverständige sein. Benötigt der Betriebsrat einen Fachanwalt für Arbeitsrecht, der ihm die Rechtslage zu einer bestimmten betrieblichen Situation darlegen soll (ein Rechtsgutachten also), handelt es sich um einen Sachverständigen. In diesem Fall hat also die vorherige Beratung mit dem Arbeitgeber wegen der Kostenübernahme zu erfolgen.

Etwas anderes ist es, wenn der Betriebsrat das Arbeitsgericht anrufen will, um seine Rechte als Betriebsrat zu sichern oder durchzusetzen und hierzu einen Fachanwalt benötigt (z. B. die Einleitung eines Beschlussverfahrens). Der Anwalt ist in diesen Fällen dann nicht Sachverständiger sondern Rechtsbeistand. Eine vorherige Zustimmung durch den Arbeitgeber ist dann nicht notwendig.

Sollten bei Beratungen mit einem Sachverständigen Betriebsgeheimnisse eine Rolle spielen (was eher selten der Fall ist), unterliegt auch der Sachverständige der Schweigepflicht des § 79 BetrVG. Aber das dürfte ja selbstverständlich sein.

Sonderfall – Sachverständige zu „künstlicher Intelligenz“

§ 80 Abs. 3 BetrVG sieht seit Inkrafttreten des Betriebsrätemodernisierungsgesetzes die Hinzuziehung eines Sachverständigen durch den Betriebsrat als stets erforderlich an, soweit dieser zur Durchführung seiner Aufgaben die Einführung oder Anwendung von Künstlicher Intelligenz („KI“) beurteilen muss. Damit entfällt die Prüfung der Erforderlichkeit für die Hinzuziehung eines Sachverständigen, wenn es um die Einführung und Anwendung von KI geht. Einer „näheren Vereinbarung“ mit dem Arbeitgeber bedarf es aber dennoch. Nach dem neuen Satz 3 der Norm steht es den Betriebspartnern offen, eine Vereinbarung zu treffen, die es dem Betriebsrat ermöglicht, in Fällen, in denen die Einführung oder Anwendung von KI, die dem Betriebsrat gesetzlich zugewiesenen Aufgaben betrifft, jederzeit auf einen ständigen Sachverständigen zugreifen zu können.

§ 80 - Allgemeine Aufgaben

Der Betriebsrat hat folgende allgemeine Aufgaben:

  1. darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durchgeführt werden;
    1. Maßnahmen, die dem Betrieb und der Belegschaft dienen, beim Arbeitgeber zu beantragen;
    2. die Durchsetzung der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern, insbesondere bei der Einstellung, Beschäftigung, Aus-, Fort- und Weiterbildung und dem beruflichen Aufstieg, zu fördern;
  2. die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit zu fördern;
  3. Anregungen von Arbeitnehmern und der Jugend- und Auszubildendenvertretung entgegenzunehmen und, falls sie berechtigt erscheinen, durch Verhandlungen mit dem Arbeitgeber auf eine Erledigung hinzuwirken; er hat die betreffenden Arbeitnehmer über den Stand und das Ergebnis der Verhandlungen zu unterrichten;
  4. die Eingliederung schwerbehinderter Menschen einschließlich der Förderung des Abschlusses von Inklusionsvereinbarungen nach § 166 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und sonstiger besonders schutzbedürftiger Personen zu fördern;
  5. die Wahl einer Jugend- und Auszubildendenvertretung vorzubereiten und durchzuführen und mit dieser zur Förderung der Belange der in § 60 Abs. 1 genannten Arbeitnehmer eng zusammenzuarbeiten; er kann von der Jugend- und Auszubildendenvertretung Vorschläge und Stellungnahmen anfordern;
  6. die Beschäftigung älterer Arbeitnehmer im Betrieb zu fördern;
  7. die Integration ausländischer Arbeitnehmer im Betrieb und das Verständnis zwischen ihnen und den deutschen Arbeitnehmern zu fördern, sowie Maßnahmen zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit im Betrieb zu beantragen;
  8. die Beschäftigung im Betrieb zu fördern und zu sichern;
  9. Maßnahmen des Arbeitsschutzes und des betrieblichen Umweltschutzes zu fördern.

Zur Durchführung seiner Aufgaben nach diesem Gesetz ist der Betriebsrat rechtzeitig und umfassend vom Arbeitgeber zu unterrichten; die Unterrichtung erstreckt sich auch auf die Beschäftigung von Personen, die nicht in einem Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber stehen, und umfasst insbesondere den zeitlichen Umfang des Einsatzes, den Einsatzort und die Arbeitsaufgaben dieser Personen. Dem Betriebsrat sind auf Verlangen jederzeit die zur Durchführung seiner Aufgaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen; in diesem Rahmen ist der Betriebsausschuss oder ein nach § 28 gebildeter Ausschuss berechtigt, in die Listen über die Bruttolöhne und -gehälter Einblick zu nehmen. Zu den erforderlichen Unterlagen gehören auch die Verträge, die der Beschäftigung der in Satz 1 genannten Personen zugrunde liegen. Soweit es zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Aufgaben des Betriebsrats erforderlich ist, hat der Arbeitgeber ihm sachkundige Arbeitnehmer als Auskunftspersonen zur Verfügung zu stellen; er hat hierbei die Vorschläge des Betriebsrats zu berücksichtigen, soweit betriebliche Notwendigkeiten nicht entgegenstehen.

Der Betriebsrat kann bei der Durchführung seiner Aufgaben nach näherer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber Sachverständige hinzuziehen, soweit dies zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist. Muss der Betriebsrat zur Durchführung seiner Aufgaben die Einführung oder Anwendung von Künstlicher Intelligenz beurteilen, gilt insoweit die Hinzuziehung eines Sachverständigen als erforderlich. Gleiches gilt, wenn sich Arbeitgeber und Betriebsrat auf einen ständigen Sachverständigen in Angelegenheiten nach Satz 2 einigen.

Für die Geheimhaltungspflicht der Auskunftspersonen und der Sachverständigen gilt § 79 entsprechend.

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