Die ersten Aufgaben des Wahlvorstands nach der Bestellung
Sobald der Wahlvorstand bestellt wurde, nimmt er schnellstmöglich seine Arbeit auf.
Nach § 18 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist der Wahlvorstand verpflichtet, unverzüglich die Wahl einzuleiten. Eingeleitet ist die Wahl mit dem Erlass des Wahlausschreibens. Um das Wahlausschreiben erlassen zu können, hat der Wahlvorstand aber eine Reihe von Vorarbeiten zu erledigen (dazu hier).
Dem Wahlvorstand muss genügend Zeit zugestanden werden, um die Wahlvorbereitungen so gründlich zu treffen, dass die Wahl nicht anfechtbar ist.
Bevor der Wahlvorstand mit den Wahlvorbereitungen beginnt, sollte er einige organisatorische Fragen klären. Dafür sollte der Wahlvorstand alsbald zu einer ersten Sitzung zusammenkommen. Die erste Sitzung des Wahlvorstands sollte am besten spätestens drei Tage nach seiner Bestellung erfolgen.
Bestellen eines Protokollführers des Wahlvorstands
Über jede Sitzung ist gemäß § 1 Abs. 3 Satz 2 WO eine Niederschrift, also ein Protokoll, zu verfassen. Auf seiner ersten Sitzung hat der Wahlvorstand also aus seiner Mitte einen Schriftführer zu bestimmen. Dessen Wahl erfolgt durch Beschluss des Wahlvorstands. Dieser ist, wie alle anderen Beschlüsse des Wahlvorstandes, zu protokollieren.
Der Schriftführer ist für die Protokollführung zuständig. Das Protokoll enthält mindestens den Wortlaut der gefassten Beschlüsse, § 1 Abs. 3 Satz 2 WO.
Festlegung des Schulungsbedarfs der Wahlvorstandsmitglieder
Auf der ersten Sitzung des Wahlvorstands muss auch abgeklärt werden, wie es um den Wissensstand der Wahlvorstandsmitglieder über die aktuellen Vorschriften zur Durchführung der Betriebsratswahl bestellt ist. Wenn es sich bei den Wahlvorstandsmitgliedern nicht um „Wahlprofis“ handelt, muss zunächst einmal eine Schulung zum Thema „Betriebsratswahl“ besucht werden (zum Schulungsanspruch der Wahlvorstandsmitglieder und Ersatzmitglieder siehe hier).
Die Teilnahme an einer Wahlvorstandsschulung muss zeitnah erfolgen.
Schafft es ein Wahlvorstand z.B. nicht, innerhalb von zwei Monaten eine Wahlvorstandsschulung, die er für erforderlich hält, zu besuchen, kann dieses Versäumnis dazu führen, dass der Wahlvorstand arbeitsgerichtlich durch einen anderen Wahlvorstand ersetzt wird (LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22.09.2016 - 1 BV 5932/16).
Die Klärung von organisatorischen Fragen
Sobald alle Wahlvorstandsmitglieder über das für die Durchführung der Wahl erforderliche Wissen verfügen, kann der Wahlvorstand mit seiner eigentlichen Arbeit starten.
Dafür müssen einige organisatorische Fragen geklärt werden.
Festlegung der Betriebsadresse des Wahlvorstands
Die Betriebsadresse ist der Ort, an dem Einsprüche oder sonstige Erklärungen gegenüber dem Wahlvorstand abgegeben werden können. An die Betriebsadresse werden dann auch die Postsendungen (z.B. die Briefwahlunterlagen) an den Wahlvorstand verschickt. An der Betriebsadresse des Wahlvorstands sollten auch die Unterlagen (Akten) des Wahlvorstands untergebracht werden.
Wie der Wahlvorstand dies regelt, hängt von der Größe und den Besonderheiten des Betriebs ab.
In kleineren Betrieben kann die Betriebsadresse der Arbeitsplatz des Wahlvorstandsvorsitzenden oder eines anderen Wahlvorstandsmitglieds sein. Wichtig ist, dass darauf geachtet wird, dass das entsprechende Wahlvorstandsmitglied von seiner Tätigkeit her auch in der Lage ist, diese Aufgabe zu übernehmen.
In größeren Betrieben kann dem Wahlvorstand ein eigenes Büro zur Verfügung gestellt werden oder das Betriebsratsbüro mitgenutzt werden. Auch hierüber muss natürlich ein entsprechender Beschluss gefasst werden.
Festlegung eines Raums für die Wahlvorstandssitzungen
Wenn dem Wahlvorstand kein eigenes Büro als Betriebsadresse zugewiesen wird, muss unbedingt geklärt werden, wo er die Wahlvorstandssitzungen abhalten kann. Da die Sitzungen des Wahlvorstands grundsätzlich nicht öffentlich sind, muss für die Sitzungen ein geeigneter Raum zur Verfügung stehen. Hier muss mit dem Arbeitgeber und/oder dem Betriebsrat abgeklärt werden, ob dafür das Betriebsratsbüro oder ein anderer Raum zur Verfügung gestellt wird
Organisation der nötigen Ausstattung und Sachmittel
Wichtig ist, dass das Büro über eine entsprechende Ausstattung verfügt. Der Wahlvorstand muss einen Beschluss über die Anschaffung der erforderlichen Sachmittel fassen und diesen dann dem Arbeitgeber mitteilen.
Der Wahlvorstand muss dem Arbeitgeber seinen Beschluss über die Ausstattung mitteilen.
Festlegung der Sprechzeiten des Wahlvorstands
Der Wahlvorstand muss per Beschluss auch festlegen, zu welchen Zeiten er für die Beschäftigten erreichbar ist, um Auskünfte zu geben und Wahlvorschläge, Einsprüche gegen die Wählerliste oder Ähnliches entgegenzunehmen!
Es muss unbedingt darauf geachtet werden, dass alle Beschäftigten die Gelegenheit haben, zum Wahlvorstand zu gehen. Deshalb müssen unterschiedliche Arbeitszeiten wie Teilzeitarbeit und vor allem Schichtarbeit berücksichtigt werden.
Es ist zu empfehlen, besser häufiger (z.B. täglich) verhältnismäßig kurze Sprechzeiten einzurichten als seltene und lange.
Ausreichend ist, wenn während der Geschäftszeiten des Wahlvorstands ein einziges Wahlvorstandsmitglied an der Betriebsadresse anwesend ist. Wer wann den „Dienst“ versieht, muss vom Wahlvorstand in einen entsprechenden Arbeitsplan festgelegt und beschlossen werden.
Um auch für abseits gelegene Abteilungen, Filialen usw. erreichbar zu sein, sollten bei Bedarf zusätzlich entsprechende „ambulante“ Sprechstunden beschlossen und angeboten werden.
Je nach den betrieblichen Gegebenheiten kann es sinnvoll sein, dass vom Wahlvorstand ein Briefkasten installiert wird, damit die Beschäftigten auch jenseits der Geschäftszeiten des Wahlvorstands die Möglichkeit haben, gegenüber dem Wahlvorstand Erklärungen abzugeben.
Über die Installation eines Briefkastens muss vom Wahlvorstand ein entsprechender Beschluss gefasst werden, in dem auch der genaue Standort angegeben wird.
Festlegung des Orts für Aushänge und Bekanntmachungen
Der Wahlvorstand muss beschließen, wo und wie er seine Aushänge und Bekanntmachungen veröffentlichen will. Hier ist Vorsicht geboten, weil Fehler des Wahlvorstands zur Anfechtung der Betriebsratswahl führen können.
Der Wahlvorstand muss sicherstellen, dass alle Arbeitnehmer von Aushängen und sonstigen Informationen des Wahlvorstands Kenntnis nehmen können.
§ 3 Abs. 4 Satz 1 WO bestimmt, dass das Wahlausschreiben an Stellen ausgehängt wird, die den Wahlberechtigten zugänglich sind, so dass diese von dem Inhalt des Wahlausschreibens zumindest in zumutbarer Weise Kenntnis nehmen können.
Daraus sowie aus Sinn und Zweck der Regelungen über das Wahlausschreiben und dessen Bekanntmachung ergibt sich, dass in einem Betrieb mit mehreren Betriebsstätten, also abseits gelegene Abteilungen oder Filialen usw., grundsätzlich ein Aushang in allen Betriebsstätten erforderlich ist, in denen Wahlberechtigte beschäftigt sind. Befinden sich auf einem Betriebsgelände mehrere Gebäude mit jeweils einem schwarzen Brett, ist das Wahlausschreiben an jedem schwarzen Brett auszuhängen (LAG Hamm, Beschluss vom 15.03.2016 - 7 TaBV 63/15).
Je zahlreicher und flächendeckender die Aushänge und Informationen des Wahlvorstands über den Betrieb verteilt sind, desto weniger besteht die Gefahr, dass Beschäftigte von den Aushängen keine Kenntnis erlangen konnten.
Festlegung von Bekanntmachungen in digitaler Form
Gem. § 3 Abs. 4 Satz 2 WO können die Wählerliste, ein Abdruck der Wahlordnung und das Wahlausschreiben auch in digitaler Form veröffentlicht werden. Dafür muss aber eine Kommunikationstechnik benutzt werden, die ähnlich funktioniert wie ein Aushang. Nicht ausreichend wäre es, jedem Beschäftigten eine E-Mail mit der Wählerliste oder dem Wahlausschreiben zu schicken.
Hier bestünde die Gefahr, dass die Mail bzw. der Anhang gar nicht geöffnet werden kann. Anders sieht es bei einer Veröffentlichung im Intranet (einem Unternehmens-Netzwerk) aus, auf das jeder Arbeitnehmer jederzeit zugreifen kann. Diese Möglichkeit kann und sollte ein Wahlvorstand nutzen. Um sicherzustellen, dass die Arbeitnehmer von der Liste Kenntnis nehmen können, sollte man sie z.B. per E-Mail darauf hinweisen, wo sich die Wählerliste befindet. Grundsätzlich kann eine digitale Information immer nur zusätzlich und ergänzend zu den üblichen Informationen auf Papier und am Informationsbrett eingesetzt werden.
Wichtig ist, dass der Wahlvorstand mit dem Arbeitgeber klärt, dass ihm die erforderliche Technik zur Verfügung gestellt wird. Wenn der Wahlvorstand also das betriebliche Intranet nutzen möchte, muss ihm ein entsprechender Zugang zur Verfügung gestellt werden.
Eine entsprechende Verpflichtung des Arbeitgebers besteht allerdings nur, wenn im Betrieb auch das gewünschte elektronische Kommunikationssystem vorhanden ist. Besteht im Betrieb kein Intranet oder ein anderes Kommunikationssystem, das der Wahlvorstand nutzen möchte, kann er die Einrichtung des Intranets nicht mit Hilfe der Arbeitsgerichtsbarkeit erzwingen. Der Gesetzgeber hat in der Wahlordnung den Anspruch ausdrücklich auf die im Betrieb bereits vorhandene Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) beschränkt.
Über die gewünschte Nutzung sollte der Wahlvorstand einen Beschluss fassen und den Arbeitgeber entsprechend informieren.
Die Bekanntmachung der Unterlagen und Mitteilungen zur Betriebsratswahl ausschließlich auf digitalem Weg wäre nach § 3 Abs. 4 Satz 3 iVm. § 2 Abs. 4 Satz 4 WO nur dann zulässig, wenn wirklich alle Beschäftigten an einem PC tätig sind oder auf andere Weise die Möglichkeit haben, unbeschränkt darauf zuzugreifen. Das wird in der Praxis in den seltensten Fällen gegeben sein, da es in den meisten Betrieben Beschäftigte geben wird, die nicht mit einem PC arbeiten.
Sollte dies ausnahmsweise dennoch der Fall sein, müsste zudem sichergestellt sein, dass keine anderen Mitarbeiter des Arbeitgebers, wie z.B. die Systemadministratoren ohne Mitwirkung des Wahlvorstands auf das Wahlausschreiben tatsächlich zugreifen können. Es müsste also sichergestellt werden, dass allein der Wahlvorstand die Informationen ändern kann (z.B. auch dadurch, dass der Wahlvorstand das Passwort besitzt und ein IT-Spezialist in seinem Auftrag und Beisein dann die Änderungen technisch durchführt).
Nicht zulässig ist eine Vermischung, die sich teilweise auf Aushänge, teilweise auf die elektronische Form bezieht. Nicht zulässig ist es z.B. in einem Filialbetrieb das Wahlausschreiben nur im Hauptbetrieb auszuhängen und alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer per Mail oder Intranet zu informieren. Das BAG hat in einem solchen Fall gefordert, dass das Wahlausschreiben (wie auch alle übrigen Bekanntmachungen des Wahlvorstandes) in allen Filialen ausgehängt wird. Wird dies nicht beachtet, ist die Wahl anfechtbar (BAG, Beschluss vom 05.05.2004 - 7 ABR 44/03).
Regelmäßig werden Informationen und Aushänge des Wahlvorstands gem. § 3 Abs. 4 Satz 2 WO lediglich ergänzend mittels der im Betrieb vorhandenen Informations- und Kommunikationstechnik bekannt gemacht. In diesem Fall ist nur der Aushang maßgeblich, weil das Wahlausschreiben nur durch den Aushang wirksam erlassen werden kann.
Verabschiedung eines Zeitplans für die Sitzungen des Wahlvorstands
Der Wahlvorstand sollte einen festen Zeitplan für seine Sitzungen festlegen. Es ist zu empfehlen, dass sich der Wahlvorstand am besten zweimal die Woche zu einer Sitzung zusammensetzt. Die Themen der Sitzungen müssen dann an die entsprechenden Aufgaben angepasst werden. Standardmäßig sollten auf jeder Sitzung folgende Punkte behandelt werden:
- Hängen die Wahlausschreiben noch ordnungsgemäß aus?
- Wurde der (eventuell) installierte Briefkasten geleert?
- Muss die Wählerliste bei Ein- oder Austritt von Beschäftigten angepasst werden?
- Muss über Briefwahlanträge entschieden werden?
Das frühzeitige Verteilen von Aufgaben erleichtert die Arbeit des Wahlvorstands. Insbesondere kann der Wahlvorstand so schon frühzeitig den Arbeitgeber über die schon feststehenden Abwesenheiten der Wahlvorstandsmitglieder vom Arbeitsplatz informieren.
Information der Belegschaft über Arbeitsaufnahme des Wahlvorstands
Sobald der Wahlvorstand die organisatorischen Themen erledigt hat, sollte er die Arbeitnehmer über seine Mitglieder, deren Erreichbarkeit und die Aufnahme der Arbeit informieren.
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