Berücksichtigung nur der rechtzeitig eingegangenen Briefwahlstimmen
Berücksichtigt werden nur die rechtzeitig beim Wahlvorstand eingegangenen Briefwahlstimmen.
Nur rechtzeitig beim Wahlvorstand eingegangene Briefwahlstimmen werden berücksichtigt.
Freiumschläge, die verspätet eintreffen, dürfen bei der Stimmauszählung nicht berücksichtigt werden – selbst dann nicht, wenn die öffentliche Sitzung zur Stimmauszählung noch nicht begonnen hat. Aufgrund der Wichtigkeit des rechtzeitigen Eingangs sollte der Wahlvorstand jeden Freiumschlag mit einem präzisen Eingangsvermerk versehen.
Zu den Fristen für den Eingang der Briefwahlstimmen im normalen Wahlverfahren und im vereinfachten Wahlverfahren siehe hier.
Maßnahmen des Wahlvorstands zur Sicherstellung des rechtzeitigen Eingangs der Briefwahlstimmen
Der Wahlvorstand sollte zunächst einmal jeden einzelnen Freiumschlag mit einem genauen Eingangsvermerk versehen.
Kurz vor Ablauf des Eingangs der Briefwahlstimmen hat sich der Wahlvorstand zu vergewissern, ob nicht noch Wahlbriefe bei ihm, d. h. bei seiner Betriebsadresse oder in vom ihm installierten Briefkästen, eingegangen sind.
Der Wahlvorstand muss kurz vor dem Ablauf der Frist für den Eingang der Briefwahlstimmen, noch einmal kontrollieren, ob Briefwahlstimmen eingegangen sind.
Mit dieser Aufgabe kann auch ein einzelnes Wahlvorstandsmitglied betraut werden. Der Wahlvorstand darf grundsätzlich davon ausgehen, dass seine Mitglieder zuverlässig und vertrauenswürdig sind (LAG Niedersachsen, Beschluss vom 30.08.2023 - 13 TaBV 46/22).
Ebenso hat er hat sicherzustellen, dass noch etwa beim Pförtner durch Eilboten abgegebene Wahlbriefe unverzüglich an seine Betriebsadresse oder an die sonstige von ihm hierfür bestimmte Stelle weitergeleitet werden.
Behandlung von verspätet eingegangen Briefwahlstimmen
Der Wahlvorstand ist verpflichtet, verspätet eingegangene Freiumschläge mit dem Eingangsdatum und der Uhrzeit zu kennzeichnen und ungeöffnet den Wahlakten (§ 19 WO) beizufügen. Da diese Umschläge wie nicht abgegebene Stimmen behandelt werden, dürfen sie in der Wahlniederschrift nicht als ungültige Stimmen gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 5 WO aufgeführt werden.
Die „Auszählung“ der Briefwahlstimmen
Die „Auszählung“ der Briefwahlstimmen erfolgt gemäß § 26 Abs. 1 WO zu Beginn der (betriebs-)öffentlichen Sitzung zur Stimmauszählung.
Die Öffnung der Freiumschläge muss im Rahmen der öffentlichen Sitzung zur Stimmauszählung erfolgen. Ein Verstoß hiergegen berechtigt zur Wahlanfechtung nach § 19 BetrVG.
Die Öffnung der Freiumschläge für die Briefwahl erfolgt durch ein Mitglied des Wahlvorstands und nicht durch Wahlhelfer. Bei der Öffnung der Freiumschläge muss der gesamte Wahlvorstand anwesend sein, da die Öffnung der Freiumschläge in der öffentlichen Sitzung zur Stimmauszählung erfolgt.
Die Öffnung der Freiumschläge mit den Briefwahlunterlagen erfolgt zu Beginn der öffentlichen Sitzung zur Stimmauszählung.
In der Praxis sieht das folgendermaßen aus: Die Mitglieder des Wahlvorstands sitzen an einem Tisch, auf dem die Wahlurne steht, und öffnen nacheinander die rechtzeitig eingegangen Freiumschläge (Rücksendeumschläge) mit den Wahlunterlagen.
Die Auszählung der Briefwahlstimmen wird vom Wahlvorstand folgendermaßen vorgenommen. Diese Vorgehensweise erfolgt für alle eingegangenen Briefwahlstimmen jeweils einzeln nacheinander:
Öffnen des Freiumschlags (Rücksendeumschlags)
Als erstes wird der Freiumschlag (Rücksendeumschlag) geöffnet. Wird der Freiumschlag für die Rücksendung der Briefwahlstimme nicht verwendet oder war er nicht verschlossen, darf der Wahlumschlag bei der Wahl nicht berücksichtigt und nicht in die Wahlurne gelegt werden, da die Stimmabgabe ungültig ist. Dazu hat der Wahlvorstand einen entsprechenden Beschluss zu fassen.
Entnahme des Wahlumschlags und der Erklärung zur persönlichen Stimmabgabe
Dann werden der Wahlumschlag und die Erklärung zur persönlichen Stimmabgabe entnommen und anhand der Wählerliste überprüft, ob bereits eine Stimmabgabe erfolgt ist.
Fehlt die vorgedruckte Erklärung oder ist sie nicht unterschrieben, ist die Stimme ungültig. Nicht ordnungsgemäß und damit ungültig ist die Stimmabgabe auch, wenn sich der Stimmzettel nicht in einem Wahlumschlag, sondern nur im Freiumschlag befindet. Über die Ungültigkeit der Stimmen hat der Wahlvorstand einen entsprechenden Beschluss zu fassen.
Fehlt die unterschriebene Erklärung zur persönlichen Stimmabgabe, ist die Briefwahlstimme ungültig.
Allein die Tatsache, dass der Wahlumschlag nicht verschlossen ist, führt hingegen nicht zur Unwirksamkeit der Stimmabgabe.
Auch dann, wenn ein Wähler die Briefwahlunterlagen bereits ausgefüllt an den Wahlvorstand geschickt hat, ist ihm noch die Stimmabgabe an der Wahlurne zu gewähren.
Wurde für eine Briefwahlstimme bereits die unmittelbare Stimmabgabe an der Wahlurne (§ 12 Abs. 3 WO BetrVG) schriftlich vermerkt, wird der Freiumschlag ausgesondert und mit dem Vermerk zur Wahlakte genommen, dass bereits direkt an der Wahlurne gewählt worden ist.
Öffnen des Wahlumschlags und Entnahme des Stimmzettels
Dann wird der Wahlumschlag geöffnet und der Stimmzettel entnommen.
- Aussortieren falsch gefalteter Stimmzettel
Ist der Stimmzettel nicht entsprechend der Vorgabe des § 25 Satz 1 Nr. 1 WO gefaltet - der Stimmzettel muss mit dem Schriftbild nach innen gefaltet werden und nicht nach außen - liegt ein Verstoß gegen das Wahlgeheimnis vor. Die Wahrung des Wahlgeheimnisses ist aber unverzichtbar. Zu dieser Verpflichtung gehört es, den Stimmzettel so zu falten, dass die Stimme nicht erkennbar ist. Ist die Stimmabgabe bereits beim Entnehmen aus dem Wahlumschlag erkennbar, ist die Stimmabgabe nicht ordnungsgemäß (LAG Hessen, Beschluss vom 20.11.2023 - 16 TaBV 83/23). In diesem Fall erklärt der Wahlvorstand per Beschluss, dass die Stimme ungültig ist und legt diese nicht in die Wahlurne.
Teilweise wird ein anderes Vorgehen für das Öffnen der Freiumschläge und die Entnahme der Stimmzettel vorgeschlagen.
Nach dem Öffnen der Freiumschläge, der Prüfung der Erklärungen und dem Vermerk in der Wählerliste, sollen die noch ungeöffneten Wahlumschläge zunächst beiseitegelegt werden. Erst wenn alle Freiumschläge geöffnet wurden und die entsprechenden Prüfungen erfolgt sind, sollen die Wahlumschläge geöffnet und die Stimmzettel in die Wahlurne gelegt werden.
Bei diesem Vorgehen wäre eine Zuordnung der jeweiligen Stimmzettel zu den Briefwählern (trotz fehlerhafter Faltung) nicht mehr möglich (siehe z.B. Donner de Ceiba, NZA 2022, 1450). Weil dann kein Verstoß gegen das Wahlgeheimnis vorläge, könnten auch falsch gefaltete Stimmzettel gezählt werden.
Ob ein solches Verfahren zulässig wäre und mit der Wahlordnung übereinstimmt, wurde vom LAG Hessen offengelassen (LAG Hessen, Beschluss vom 20.11.2023 - 16 TaBV 83/23).
Wir halten ein solches Vorgehen für rechtlich zulässig, zumal es nach unserer Auffassung sogar mit dem Wortlaut von § 26 Abs. 1 Satz 2 WO „öffnet die Wahlumschläge“ übereinstimmt.
Da nicht sicher ist, ob die Arbeitsgerichte das auch so sehen, empfehlen wir, dass der Wahlvorstand sich an das oben beschriebene Vorgehen halten sollte.
- Mehrere Stimmzettel in einem Wahlumschlag
Befinden sich in einem Wahlumschlag mehrere Stimmzettel, sollen sie gem. § 26 Abs. 1 Satz 3 WO nicht dem Wahlumschlag entnommen werden. In diesem Fall sollen die Stimmzettel mit dem Wahlumschlag in die Wahlurne gelegt werden. Später beim Auszählen der Stimmen würde dann vom Wahlvorstand gem. § 14 Abs. 2 WO geprüft, ob und wie die Stimmen zu zählen wären (siehe dazu hier).
Diese gesetzliche Regelung spricht nach unserer Auffassung dafür, zunächst alle Wahlumschläge zu sammeln und erst dann zu öffnen, wenn alle Freiumschläge geprüft und geöffnet wurden (siehe die Anmerkung oben). Andernfalls könnte man den Wahlumschlag mit den zwei Stimmzetteln einem konkreten Wähler zuordnen, was einen Verstoß gegen das Wahlgeheimnis darstellen würde.
Vermerk der schriftlichen Stimmabgabe in der Wählerliste
Ist der Stimmzettel ordnungsgemäß gefaltet, wir die (schriftliche) Stimmabgabe in der Wählerliste verzeichnet. Der Stimmzettel darf erst in die Wahlurne gelegt werden, nachdem die Stimmabgabe in der Wählerliste vermerkt worden ist.
Bild von dem entsprechenden Feld in der internen Version der Wählerliste
Einlegen des gefalteten Stimmzettels in die Wahlurne
Der Stimmzettel, der dem Wahlumschlag entnommen wurde, wird dann ungeöffnet, d.h. ohne ihn auseinanderzufalten, in die Wahlurne gelegt. Der Stimmzettel (aus der Briefwahl) werden erst bei der Stimmauszählung auseinandergefaltet.
Sobald die Freiumschläge geöffnet und die Stimmzettel in die Wahlurne gelegt wurden, beginnt der Wahlvorstand mit der Auszählung der Stimmen.
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