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Die Sitzverteilung bei Personenwahl
Die Sitzverteilung bei Personenwahl wollen wir anhand eines Beispiels verdeutlichen.
In einem Betrieb arbeiten 110 Beschäftigte, davon sind 60 Frauen und 50 Männer. Es muss also ein 7-köpfiger Betriebsrat gewählt werden. Da nur eine Liste eingereicht wurde, findet die Wahl im Wege der Persönlichkeitswahl statt. 80 Beschäftigte haben an der Abstimmung teilgenommen.
1.Schritt:
Feststellen der Stimmen der Kandidatinnen und Kandidaten
Im ersten Schritt wird ermittelt, wie viele Stimmen die Kandidatinnen und Kandidaten jeweils bekommen haben:

2 Schritt:
Feststellen der Mindestplätze des Minderheitsgeschlechts
Im zweiten Schritt wird geschaut, wie viele Plätze dem Minderheitsgeschlecht mindestens zustehen. Gem. § 15 Abs. 2 BetrVG muss das Minderheitsgeschlecht mindestens entsprechend seinem zahlenmäßigen Verhältnis im Betriebsrat vertreten sein.
In unserem Beispiel sind im Betrieb 60 Frauen und 50 Männer beschäftigt. Die Anzahl der Sitze, mit denen das Minderheitsgeschlecht im Betriebsrat vertreten sein muss, wird nach dem d’Hondtschen Höchstzahlensystem ermittelt.
Das Geschlecht in der Minderheit (die Männer) erhält mindestens drei Sitze im Betriebsrat.
Die ersten drei Plätze gehen also an die Männer mit den relativ meisten Stimmen.

3. Schritt:
Verteilen der Mindestsitze auf das Minderheitsgeschlecht
Diese drei Sitze werden nun zunächst schon einmal verteilt. Das heißt man schaut in unserem Beispiel, welche drei Männer die meisten Stimmen erhalten haben:

4 Schritt:
Verteilen der restlichen Plätze
In einem vierten Schritt werden die verbleibenden Plätze verteilt.
Die verbleibenden Sitze werden dann ohne weitere Rücksicht auf das Geschlecht nach Stimmenzahl auf die verbliebenen Kandidaten verteilt. Das heißt, dass das Minderheitsgeschlecht durchaus mehr Plätze bekommen kann, als ihm mindestens zustehen. Nur weniger geht nicht. Die Tatsache, dass das Minderheitsgeschlecht mit einer entsprechenden Anzahl von Sitzen im Betriebsrat vertreten sein muss, bedeutet nicht im Umkehrschluss, dass auch das Mehrheitsgeschlecht eine bestimmte Anzahl von Sitzen fest zugeteilt bekommt.
In unserem Beispiel werden die verbleibenden drei Sitze wie folgt verteilt:

Die Sitzverteilung bei Listenwahl
Bei der Listenwahl geht man bei der Sitzverteilung folgendermaßen vor:
1. Schritt:
Ermitteln der erlangten Sitze der jeweiligen Vorschlagslisten
In einem ersten Schritt wird ermittelt, wie viele Sitze auf die jeweiligen Listen entfallen.
erfolgt nach dem d'Hondtschen Höchstzahlensystem. Dafür werden alle auf die einzelnen Listen entfallenden Stimmen durch 1, 2, 3, 4 usw. geteilt, bis sich aus den dadurch gewonnenen Teilzahlen so viele Höchstzahlen ergeben, wie Betriebsratsmitglieder zu wählen sind.
Die Höchstzahlen sind dann der Größe nach zu ordnen. Jede Vorschlagsliste enthält so viele Sitze im Betriebsrat, wie Höchstzahlen auf sie entfallen. Ist festgestellt, wie viele Sitze auf die einzelnen Vorschlagslisten entfallen, bestimmt sich wer gewählt wird nach der Reihenfolge ihrer Benennung auf der Liste.
Bei der Betriebsratswahl waren 17 Betriebsratsmitglieder zu wählen (§ 9 Satz 1 BetrVG). Es existierten 3 Listen. 1142 gültige Stimmen wurden abgegeben. Die Liste 1 erhielt 557
Stimmen, die Liste 2 erhielt 306 Stimmen und die Liste 3 279 Stimmen. Die Sitze im Betriebsrat wurden deshalb wie folgt verteilt:
Liste 1 557 Stimmen |
Liste 2 306 Stimmen
|
Liste 3 279 Stimmen
|
557:1 = 557 (1) | 306:1 = 306 (2) | 279:1 = 279 (3) |
557:2 = 278,5 (4) | 306:2 = 153 (6) | 279:2 = 139,5 (7) |
557:3 = 185,66 (5) | 306:3 = 102 (10) | 279:3 = 93 (11) |
557:4 = 139,25 (8) | 306:4 = 76 (14) | 279:4 = 69,75 (15) |
557:5 = 111,4 (9) | 306:5 = 61,2 | 279:5 = 55,8 |
557:6 = 92,83 (12) | 306:6 = 51 | 279:6 = 46,5 |
557:7 = 79,57 (13) | 306:7 = 43,71 | 279:7 = 39,85 |
557:8 = 69,62 (16) | 306:8 = 38,25 | 279:8 = 34,87 |
557:9 = 61,88 (17) | 306:9 = 34 | 279:9 = 31 |
557:10 = 55,7 | 306:10 = 30,6 | 279:10 = 27,9 |
In diesem Beispielsfall entfallen also auf Liste 1 9 Sitze und auf die Listen 2 und 3 jeweils 4 Sitze.
Nehmen wir an, folgende Kandidatinnen und Kandidaten stünden auf den jeweiligen Vorschlagslisten:
Liste 1: Die männlichen Arbeitnehmer |
Liste 2: Die harmonischen Arbeitnehmer
|
Liste 3: Die kämpferischen Arbeitnehmer
|
Anton Adam (m)
Harun Hussein (m)
Bert Bruch (m)
Friedrich Friedlich (m)
Willi Waldlauf (m)
Emre Erkin (m)
Hans Heimlich (m)
Karl Käuflich (m)
Dieter Dümmlich (m)
Sigried Siegreich (w)
| Hannah Harmonisch (w)
Thomas Teppich (m)
Theo Trommler (m)
Sabine Sauber (w)
Karl Kantine (m)
Leo Leise (m)
Jonny Jackson (m)
Walter Weber (m)
Dörte Dösig (w)
Gudrun Günstig (w)
| Gönül Gül (w)
Herbert Hübsch (m)
Heinz Hässlich (m)
Birgit Bräsig (w)
Hannah Herr (w)
Lutz Lustig (m)
Theo Tapsig (m)
Gudrun Gelb (w)
Harun Höflich (m)
Maren Mond (w)
|
Ohne Berücksichtigung des Minderheitsgeschlechts wären die Kandidaten gewählt, die auf den dunkel markierten Plätzen stehen.
2. Schritt:
Ermitteln der Mindestsitze des Minderheitsgeschlechts
Im zweiten Schritt wird ermittelt, wie viele Sitze mindestens auf das Minderheitsgeschlecht entfallen.
Mit Hilfe des d’Hondtschen Höchstzahlensystems wird errechnet, wie viele Sitze im Betriebstat mindestens auf das Minderheitsgeschlecht (Frauen) entfallen müssen. Die Rechnung vollzieht sich hierbei wie folgt:
Bei der Betriebsratswahl waren 17 Betriebsratsmitglieder zu wählen (§ 9 Satz 1 BetrVG). Es existierten 3 Listen. 1142 gültige Stimmen wurden abgegeben. Die Liste 1 erhielt 557
800 Frauen | 900 Männer |
800:1 = 800 (2) | 900:1 = 900 (1) |
800:2 = 400 (4) | 900:2 = 450 (3) |
800:3 = 266,66 (6) | 900:3 = 300 (5) |
800:4 = 200 (8) | 900:4 = 225 (7) |
800:5 = 160 (10) | 900:5 = 180 (9) |
800:6 = 133,33 (12) | 900:6 = 150 (11) |
800:7 = 114,28 (14) | 900:7 = 128,57 (13) |
800:8 = 100 (16) | 900:8 = 112,5 (15) |
800:9 = 88,88 | 900:9 = 100 (17) |
800:8 = 100 | 900:10 = 90 |
Ergebnis: Im Betriebsrat müssen mindestens acht Frauen vertreten sein. Mehr Frauen wären zulässig, weniger grundsätzlich nicht.
3. Schritt:
Kontrolle, ob das Minderheitsgeschlechts die Mindestsitze erhalten hat
In einem dritten Schritt wird geschaut, ob die zu den Höchstzahlen gehörenden Listenplätze von Männern oder Frauen belegt werden. Dafür wird das Ergebnis der d'Hondtschen Berechnung auf die Listen mit den Namen übertragen:

In unserem Beispiel wären nur vier Frauen in den Betriebsrat gewählt (gelb). Damit ist die Mindestquote von acht Frauen nicht erfüllt! Das heißt, dass es hier auf alle Fälle zu Verschiebungen kommt.
Man kann in diesem Beispiel auf alle Fälle schon einmal festhalten, dass die Aufstellung der Listen nicht gut gemacht wurde!
4. Schritt
Verfahren zur Erfüllung der Minderheitsquote gemäß § 15 BetrVG
Wenn die Auszählung der Stimmen ergibt, dass die erforderliche Anzahl von Vertretern des Minderheitsgeschlechts gem. § 15 Abs. 2 BetrVG nicht erreicht wurde, regelt § 15 Abs. 5 WO, wie ein entsprechender Ausgleich geschaffen wird.
Dafür muss der Wahlvorstand folgendermaßen vorgehen:
- Gestrichen wird gem. § 15 Abs. 5 Nr. 1 WO zunächst die Person des Mehrheitsgeschlechts mit der niedrigsten Höchstzahl. Dann wird geschaut, ob es auf der gleichen Liste Personen des Minderheitsgeschlecht gibt. Ist dies der Fall, rückt die erste nicht berücksichtige Person des Minderheitsgeschlechts der gleichen Liste nach. Es gibt also zunächst einen listeninternen „Geschlechtertausch”.
- So wird gem. § 15 Abs. 5 Nr. 3 WO weiter verfahren, bis die Mindestzahl der die Personen aus dem Mehrheitsgeschlecht erreicht ist.
- Gibt es auf der Liste, von der ein Vertreter des Mehrheitsgeschlechts gestrichen wird, keinen Vertreter des Minderheitsgeschlechts (mehr), greift § 15 Abs. 5 Nr. 2 WO. Der Platz geht auf die Liste mit der nächsten noch nicht berücksichtigten Höchstzahl über, die einen Vertreter des Minderheitsgeschlechts hat. Der erste noch nicht berücksichtigte Vertreter des Minderheitsgeschlechts erhält dann den Platz.
- So wird gem. § 15 Abs. 5 Nr. 3 WO weiter verfahren, bis die Mindestzahl der die Personen aus dem Mehrheitsgeschlecht erreicht ist.
- Gibt es keinen Vertreter des Minderheitsgeschlechts (mehr) verbleibt der Platz gem. § 15 Abs. 5 Nr. 5 WO beim Mehrheitsgeschlecht.
Jetzt wenden wir diese sehr komplizierte Regel zur Verdeutlichung auf unser Beispiel an:
- In unserem Beispiel ist Dieter Dümmlich (61,88) von Liste 1 die gewählte Person aus dem Mehrheitsgeschlecht mit der niedrigsten Höchstzahl. Er wird durch die Person der gleichen Liste ersetzt, die dem Minderheitsgeschlecht angehört und die nächstgrößte Höchstzahl hat. Hier ist das Sigrid Siegreich, die für Dieter Dümmlich nachrückt. Damit haben wir fünf Frauen.
- Die nächstniedrige Höchstzahl entfällt auf Karl Käuflich von Liste 1 (69,62), der somit gestrichen werden muss. Auf Liste 1 gibt es keinen Vertreter des Minderheitsgeschlechts mehr. In diesem Fall kommt es zum sogenannten „Listensprung“. Deshalb müssen wir nun schauen, auf welche Liste die nächsthohe noch nicht berücksichtigte Höchstzahl entfällt. In unserem Beispiel ist Liste 2 mit 61,2 (Karl Kantine) die Liste mit der nächsten noch nicht berücksichtigen Höchstzahl. Da diese Liste auch eine Vertreterin des Minderheitsgeschlechts hat, geht der Platz an die erste nicht berücksichtigte Frau, nämlich an Dörte Dösig. Jetzt haben wir den sechsten Platz für das Minderheitsgeschlecht besetzt.
- Jetzt muss wieder geschaut werden, welcher Vertreter aus dem Mehrheitsgeschlecht die nächstniedrige Höchstzahl hat. Wieder trifft es Liste 1, nämlich Hans Heimlich (79,57). Da auf Liste 1 kein Vertreter des Minderheitsgeschlecht mehr zu finden ist, müssen wir wieder nach der Liste mit der nächsten nicht berücksichtigten Höchstzahl schauen. Die nächste Höchstzahl fällt auf Liste 3 mit 55,8 (Hannah Herr). Somit haben wir sieben Vertreter des Minderheitsgeschlecht.
- Die nächstniedrige Höchstzahl, die gestrichen werden muss, trifft wieder Liste 1, nämlich Emre Erkin (92,83). Wieder kommt es zum Listensprung. Die nächste Höchstzahl entfällt auf Liste 2 mit 51 (Leo Leise). Die nächste Vertreterin des Minderheitsgeschlechts dieser Liste ist Gudrun Günstig. Damit haben wir acht Vertreter des Minderheitsgeschlechts beisammen.
Ergebnis:
In unserem Beispiel sind also von
Liste 1: Anton Adam, Harun Hussein, Bert Bruch, Friedrich Friedlich und Willi Waldlauf
Liste 2: Hannah Harmonisch, Thomas Teppich, Theo Trommler, Sabine Sauber, Dörte Dösig und Gudrun Günstig.
Liste 3: Gönül Gül, Heinz Hübsch, Heinz Hässlich, Birgit Bräsig und Hannah Herr
Eine schwere Geburt!
Liste 1 hat durch die fehlende Berücksichtigung des Minderheitsgeschlechts 3 Sitze (!) an andere Listen verloren. Dieses Beispiel zeigt, wie wichtig es ist, bei der Aufstellung der Kandidatenlisten unbedingt auf eine ausreichende Vertretung von Kandidaten des Minderheitsgeschlechts zu achten!
Sie müssen nicht selber rechnen! Die Sitzverteilung können Sie mit dem digitalen aas-Wahlrechner ermitteln und/oder unterschiedliche Varianten vorab „durchspielen“.
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